Text und Fotos Friedrich Klawiter
ANN-KATRIN BOSSERT
Landau, 08. Januar 2016

„Ich lebe meinen Traum wenn ich hier in der Manege stehe“ erzählt Ann-Katrin Bossert mit strahlenden Augen. Die Juniorchefin des Landauer Weihnachtscircus mag es allerdings überhaupt nicht „Circusprinzessin“ genannt zu werden. „Das ist jemand, der nur in der Manege in Erscheinung tritt und die alltägliche Arbeit von anderen Personen erledigen lässt“.
Hart zu arbeiten versteht die junge Frau, die außerhalb der Weihnachtscircus-Saison im elterlichen Betrieb, Bossert Veranstaltungsservice-Zeltverleih-Circusproduktionen, als Assistentin der Geschäftsleitung arbeitet. Außerdem versorgt sie ihre zahlreichen Tiere, engagiert sich im örtlichen Musikverein und anderweitig sozial. „Sie ist morgens die Erste und abends die Letzte“ kommentiert Vater Jakel Bossert den Arbeitstag seiner Tochter.

Die Begeisterung für den Circus wurde Ann-Katrin Bossert in die Wiege gelegt. Ihr Vater ist von jeher stark am Circus interessiert und hatte lange bevor er seinen Weihnachtscircus in Landau etablierte andere Projekte, z. b. mit Corty Althoff, initiiert. So kam sie schon als kleines Mädchen früh in engen Kontakt zur Manegenwelt. Auch liegen ihr die zahlreichen alten Circuswagen, die ihr Vater sein eigen nennt am Herzen und als „Papakind“ besucht sie bis heute gerne mit ihrem Vater Circusgastspiele in der näheren und weiteren Umgebung. Einen einzelnen Lieblingscircus hat sie nicht, „schöne große gut geführte Unternehmen gefallen mir am besten. Krone ist solch ein Favorit, einfach auf Grund der reinen Größe“.
Als sechsjährige bekam sie ihren ersten Reitunterricht und kurz darauf kamen auch die beiden ersten Ponys in ihre Obhut, bereits drei Jahre zuvor brachte ihre Oma sie dazu mit dem voltigieren zu beginnen.
Zur Weihnachtszeit 2004 erlebte die damals Elfjährige mit ihrem Manegendebut ihr erstes persönliches Circus-Highlight. Hierfür waren sechs junge, gerade andressierte Ponys vom Circus Barelli gekauft worden und von Corty Althoff, er lebte zu der Zeit mit seinen Elefanten auf dem Gelände der Bosserts in Niedersimten bei Pirmasens, zur Manegenreife gebracht worden. Die junge Vorführerin führte sie dann alleine vor.
Trotz der verschiedensten Gruppen und Tierarten die die junge Frau seither vorgeführt hat, ist sie ihren geliebten Ponys stets treu geblieben. Da diese Kleinpferde ein hohes Alter erreichen, kann man auch heute noch Tiere aus der einstigen Debut-Gruppe erleben.
Hier einige Beispiele aus dem großen Vorführ-Repertoire der Circus-Enthusiastin: Z. B. Zwei Pferde zusammen mit zwei Kamelen, je vier Esel und Lamas, auf Ponys reitende Ziegen, vier Haflinger, ein Groß-und-Klein und eine Kamelkarawane waren inzwischen unter ihrer Peitschenführung zu erleben. Viele dieser Dressurgruppen kamen vom Schweizer Circus Medrano von Urs Strasser, der mit seinen Tieren jahrelang im Landauer Weihnachtscircus engagiert war und bis heute eines der Vorbilder von ihr ist. Mit Alexandra Probst führte Ann-Katrin Bossert eine Haustierrevue im roten Ring vor.
So konnte sich die Tierlehrerin trotz ihrer jungen Jahre einen großen Erfahrungsschatz aneignen und bildet inzwischen auch selbst die verschiedensten Tiere aus.
Es wurden von ihr drei Ponys dressiert und in die bestehende Gruppe integriert. Auch ihre Ziegen sind derzeit noch in der Ausbildung, sie beherrschen zu steigen und verschiedene andere Tricks. Lachend berichtet sie, dass ihr Dackel ein ganz besonderer eigenwilliger Kandidat sei.

Den Anfang ihrer Manegenkarriere begleitete Corty Althoff. Ihm folgte Urs Strasser als Lehrer in Sachen Tier-Ausbildung und Manegenarbeit. Am meisten profitiert habe sie von der Zusammenarbeit mit Franz und Ramona Spindler, vom Circus Barelli, in den letzten drei Jahren. Dank des Einsatzes von Franz habe sie sich bei der Arbeit mit den Tieren weiterentwickelt und von Ramona habe sie viel in Bezug auf Kostüme und Outfit, sowie auf publikumswirksames Auftreten gelernt. „Ohne die Hilfe von Ramona hätte ich mich nicht getraut, mit einer Hohen Schule vor Publikum auf zu treten. Auch wenn ich reiten gelernt habe, so ist doch die Circusmanege eine komplett andere Welt“.
"Ja", beantwortet sie unsere diesbezügliche Frage, "sehr gerne würde ich eine oder mehrere Saisons mit einem Circus reisen und nicht nur an Weihnachten für einige Tage in der Manege stehen. Aber realistisch betrachtet ist das unwahrscheinlich. Es wird sich kaum ein Circus finden, zu dem ich meinen kompletten Streichelzoo mitbringen darf. Mich von den Tieren zu trennen, oder sie weg zu geben kommt nicht in Frage“. Die Gruppe ihrer Tiere, von Ann-Katrin Bossert liebevoll als „Streichelzoo“ bezeichnet, ist wirklich beeindruckend. Elf Ponys, zwei Reitpferde, ein Lama, drei Ziegen, zwei Hunde und ein paar Katzen werden von ihr tagein tagaus versorgt. Die Arbeit im Stall erledigt die junge Frau, nach ihrem normalen Arbeitstag größtenteils selbst. „Unsere Leute kommen oft erst spät von ihrer Tour zurück und dann sind sie froh, wenn endlich Feierabend ist, da mache ich dann die Stallarbeit alleine“. Die viele Arbeit hält die junge Frau indes nicht davon ab, noch über die ein oder andere Erweiterung des „Zoo“ nach zu denken. „Einen Esel hätte ich schon gerne wieder in meinem Stall, das sind Tiere die ich sehr mag. Auch könnte ich mir vorstellen ein oder zwei Kamele bei uns zu halten“.
Neben dem Familienleben bestimmen die Tiere ihren Tagesablauf und ihnen gehört ihr Herz. „Wenn ich einen jungen Mann kennenlerne, muss der akzeptieren, dass meine Tiere immer an erster Stelle stehen“. Urlaub oder auch einen Disco-Besuch kennt die junge Frau nicht. „In Urlaub gefahren bin ich noch nie. Wie soll das gehen, ich kann doch  meine "Lieblinge" nicht alleine lassen. An Disco usw. habe ich kein Interesse, das ist nicht mein Ding, Musik aber schon“.
So ist sie Mitglied im Fanfarenzug des Heimatortes und spielt dort Landsknechtstrommel. „Es ist praktisch, dass das Vereinsheim auf unserem Gelände steht, da verliere ich an den Übungsabenden keine Zeit und kann vom Stall gleich zur Probe gehen“. Seit einiger Zeit engagiert sie sich auch den Vereinsnachwuchs und bringt den Kindern und Jugendlichen das Trommel spielen bei.

Ann-Katrin Bossert lebt mit ihren beiden jüngeren Geschwistern bei den Eltern. Neben ihrem umfangreichen Arbeitspensum erledigt sie ihre Hausarbeit, „nur kochen kann ich nicht, das überlasse ich gerne der Mami“.
In einer Stadt zu leben, dass käme für sie nicht in Frage. „Auf dem Land ist es viel persönlicher und angenehmer, man hat mehr Kontakt zu Menschen und“, fügt sie lachend hinzu, „mit meinen Tieren in einer Stadt – das ginge ja wohl nicht“. Ein Partner, der einmal eine Familie mit ihr gründen möchte, müsse dies akzeptieren betont sie.

Nach dem Schulabschluss hat Ann-Katrin Bossert eine Ausbildung zum Veranstaltungskaufmann im familieneigenen Zeltverleih absolviert und erfolgreich abgeschlossen. „Meine Eltern haben nie darauf bestanden, dass ich einen ordentlichen Beruf erlerne, aber mir war immer klar, dass ich nicht hauptberuflich im Circus werde arbeiten können“. Heute ist sie, wie gesagt Assistentin der Geschäftsleitung mit einem beeindruckenden Arbeitspensum und ambitioniert bei der Sache. Vormittags sitzt sie mit ihrer Mutter im Büro und anschließend geht es zu den Kunden vor Ort. Die junge Frau fährt selbst den großen Sprinter, der Lkw-Führerschein ist für die nächste Zeit anvisiert, und packt beim Aufbau von Pagoden- und Festzelten kräftig mit an. Inzwischen arbeitet auch ihr achtzehnjähriger Bruder Niklas im Familienbetrieb. „Er interessiert sich in erster Linie für die Technik, für Licht- und Beschallungsanlagen und dies ist auch sein Part beim Weihnachtscircus“. Der jüngste der drei Geschwister, der zehnjährige Julian hatte in dieser Spielzeit seinen ersten kleinen Auftritt mit einem Pony in der Landauer Weihnachtsmanege.

Wir möchten wissen, ob sie sich vorstellen könne auch in anderen Disziplinen in der Manege zu reüssieren. „Artistisch auf gar keinen Fall, da fehlen mir denn doch so ziemlich alle Voraussetzungen. Mit einem Sechser-Zug großer Pferde zu arbeiten, dass fände ich schon reizvoll und vielleicht ergibt sich auch einmal die Möglichkeit dazu“. Zu Raubtieren – die sie faszinierend findet - hat sie keinen rechten Bezug und „Elefanten, ja es sind wunderbare Tiere. Als Kind, ich war so etwa sechs bis acht Jahre alt, da spielte ich öfters im Stall bei Corty Althoffs Tieren. Aber in die Arbeit mit ihnen, da muss man von klein auf hinein wachsen, dass kann man nicht mal so eben semiprofessionell machen“.
Am liebsten und reizvollsten ist und bleibt der Tierlehrerin jedoch die Arbeit mit den Ponys. „Sie haben einen eigenen Kopf und sind viel sturer als Großpferde. Bei ihnen ist man nie vor Überraschungen sicher und das macht für mich den Reiz an der Arbeit mit ihnen aus“.
Die junge Frau ist nicht nur mit ihren Auftritten in den Ablauf und das Gelingen des Landauer Weihnachtscircus involviert. Sie unterstützt  ihren Vater auch hier nach Kräften in der Geschäftsführung und gemeinsam entscheiden die beiden über Programmauswahl und Gestaltung. Die Dekoration und Ausgestaltung der Zeltanlagen untersteht inzwischen ihrer alleinigen Verantwortung.

Damit es ihr nicht langweilig wird, bietet Ann-Katrin Bossert an Wochenenden  Kindern noch die Gelegenheit zum „Pony Waldreiten“ an. Mit kleinen Gruppen interessierter Jugendlicher geht es in die Natur rund um den Heimatort Niedersimten. Kindern wird so spielerisch der Umgang mit Ponys, bzw. Pferden nahe gebracht, sie machen erste Reiterfahrungen und lernen die reizvolle Natur ihrer pfälzischen Heimat näher kennen. Jugendliche Reiterinnen aus dem Bekanntenkreis unterstützen die ambitionierte junge Frau bei diesen Touren.

Die Frage nach Plänen für ihren weiteren Lebensweg beantwortet Ann-Katrin Bossert klar und eindeutig. Sie möchte den Landauer Weihnachtscircus, gemeinsam mit ihrer Familie, weiterentwickeln und eines Tages als verantwortliche Direktorin führen und das Zeltvermietungsgeschäft betreiben. Derzeit verfolgt die Familie Bossert den Plan, in Niedersimten einen Ponyhof mit kleinem Freizeitpark zu etablieren und dieses Projekt ist ihr Herzensangelegenheit. Wir hoffen auch, dass sie am Schlagzeug in die Fußstapfen ihres Vaters tritt.

Wir bedanken uns recht herzlich für das ausführliche Gespräch und die Zeit, die wir in Anspruch nehmen durften. Wir bedanken uns für die sehr interessanten Einblicke in das ungewöhnliche und abwechslungsreiche Leben einer interessanten jungen Frau, die nur ein Fazit zulassen: Der Circus wird nie untergehen solange es Menschen wie Ann-Katrin Bossert gibt.

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