Text und Fotos Friedrich Klawiter                                                 
CIRCUS Renè & Patrizia ALTHOFF
Bad Neuenahr, 09. November 2012

In Bachem, einem Ortsteil von Bad Neuenahr, auf einer Wiese direkt am Ufer der Ahr hatte der Circus René & Patrizia Althoff, laut Werbung Europas größter Raubtiercircus, seine Zeltanlagen aufgeschlagen.
In der abendlichen Dämmerung dieses nebligen Herbsttages dominiert der große rot-gelbe Viermaster, mit seiner - dem heutigen modernen Design entsprechender Bauweise - bis zu den Mastspitzen emporreichenden Plane, den Platz. Die in den Hausfarben rot mit gelbem Circusnamen beschrifteten modernen  Sattelzüge des Unternehmens und Campings, sind in exakter Formation ringsum aufgefahren. Der mit zahlreichen Nationalflaggen und Lichterketten geschmückte Zaun bildet die Front. Darin integriert wurde der moderne Kassencontainer.
Die Circusrestauration hat ihren Platz im Innern des Chapiteau und der einladende Verkaufswagen steht den Besuchern während der gesamten Show zur Verfügung. Die dekorativ gestalteten Logen in rot-weißem Dekor sind mit Klappstühlen bestückt und das achtreihiges Holzbankgradin bieten dem zahlreichen Publikum ausreichend Platz. Ein großer Bühnenwagen, mit seitlichen Eingängen für die Tiere und von einem Lichterbogen gekrönt, komplettiert die Einrichtung.

Direktor Michael Fischer übernimmt eloquent und versiert die Aufgaben des Manegensprechers und begrüßt herzlich sein Publikum.Er führt in angenehmer Weise durch das Programm.
Der langjährigen Tradition des Hauses entsprechend beginnt die Spielfolge mit einer Pferdedressur. Es ist Miss Anita die, im klassischen englischen Reitdress gewandet, ein putziges Shetland Pony paradieren lässt. Gleich im Anschluss stellt sie ein fröhliches Mini-und-Maxi versiert vor. In flottem Ablauf lässt die jugendliche Tierlehrerin die verschiedensten Figuren, u. a. läuft das Pony achten unter dem Bauch seines großen Kollegen hindurch, ausführen.
Clown Nico überbrückt in charmanter Weise mit zwei Reprisen die Umbauten in der Manege. Zunächst versucht er eine Flasche auf einem Stab zu balancieren. Dann sehen wir ihn ein Tablett mit Bechern auf dem Kinn jonglieren.

Manolito del Sanchez findet mit seinen Evolutionen auf der rollenden Kugel beim Publikum großen Anklang, wird dieses Genre doch heute fast nicht mehr geboten. Gekonnt absolviert er den Slalomparcour und trägt, auf der großen Kugel laufend, eine Keulenjonglage vor. Beim Lauf hoch empor über mehrere Rampen, inklusive gut verkauftem Scheinsturz, fiebert das Publikum mit und feuert den jugendlichen Artisten an.
Als Pausennummer erleben wir ihn als wahren Könner auf der Rola-Rola. Zu "Mambo Nr. 5" erscheint Manolito als cooler Macho im weißen Anzug und großer Sonnenbrille in der Manege. Routiniert agiert er auf dem labilen Untergrund, durchsteigt Ringe und balanciert auf übereinander gestapelten Rollen und Walzen. Abschließend baut er mit Distanzklötzchen und Rolabrettern eine Turm von fünf Etagen auf seiner Rolle auf und balanciert auf diesem Gebilde im sicheren Stand.

Drei schöne Luftnummern füllen die hohe Kuppel über der Althoff-Manege.
Am Ringtrapez zeigt uns Marina alle gängigen Tricks dieses Genres. Weit schwingt das Requisit aus und Marina präsentiert in guter Haltung kraftvoll ihre zahlreichen Posen. Bis in die äußerste Spitze der Kuppel lässt sie sich hinaufziehen und mit einem rasanten Wirbel am heftig pendelnden Ring beendet Marina ihren Auftritt.
Madelaine, die Jüngste der am heutigen Abend agierenden Artistenschar, bietet in ansprechender Aufmachung eine altersgerechte Trickfolge im "Mond".
Oktoberfestatmosphäre beherrscht das Zelt sobald Anita und Marina in geschmackvollen Dirndln, zu schwungvoller bayrischer Blasmusik, mit ihren Walliser Ziegen die Manege erobern und die Tiere gekonnt das Erlernte präsentieren.
Das große Clownentree sieht „Jan und Paul“ seit Jahren in furioser Action – Kult pur. Michael und Manolito Fischer fechten wie eh und je ihren Kampf mit den Tücken einer Hängematte aus. In flottem Spiel folgen mit trockenem Humor die Gags rasch aufeinander.
Kevin, ein weiterer Nachwuchsartist, glänzt mit einigen klassischen Zaubertricks. Er lässt u. a. zahlreiche Blumensträuße erscheinen und zaubert aus einem schier unerschöpflichen Krug “Wasser aus Indien“.
Wenig später sehen wir den jungen Mann mit einer starken Leistung am Trapez. Am ruhenden Requisit folgen eine Vielzahl von kraftvollen Haltetricks und Abfallern, die mit fließenden Übergängen gekonnt verbunden werden, in schneller Folge aufeinander.

Charmant bewirbt Direktor Michael Fischer die Pausentierschau und so gut wie Niemand im Gradin versäumt es, die vielen Huf- und Raubtiere des Circus zu besuchen.
Der Zentralkäfig ist errichtet und der zweite Teil des Programms zeigt uns, das der Slogan "Europas größter Raubtiercircus" nicht ohne Grund gewählt wurde. Welches Unternehmen bietet heutzutage seinen Zuschauern noch den Genuss zweier großer Raubtierdarbietungen?
Dominik Fischer obliegt es, mit seinen sieben Tigern wahre Dschungelatmosphäre an die Ahr zu bringen.  Balkenlauf, Sprünge, Tigerbar, Hochsitzer – die ganze Palette der klassischen Raubtierdressur läuft routiniert und gekonnt ab. Selbstverständlich darf auch ein Scheinangriff nicht fehlen.
Nach kurzem Umbau erleben wir Direktor Michael Fischer mit seinen vier großen Löwenmännern. In extravaganten Vorführstil pflegt er sehr oft den direkten Kontakt mit seinen Tieren. Das hohe Aufrichten am Platz gegen den Zentralkäfig, der sich unter dem Gewicht der Tiere neigt, zeigt beeindruckend die Größe der Löwen, die mit ihren Köpfen fast bis an den oberen Rand der Gitter reichen. Mehrere Male füttert Fischer seine Löwen mit Fleischstücken, die unmittelbar vor seiner Hand von einem Holzstab abgenommen werden. Ein kurzer Ritt auf dem Rücken eines Löwen beendet die große Raubtiershow.
Tierisch geht es direkt mit der schwungvollen Voltige-Reiterei der „Romanoff Truppe“ weiter. Der Nachwuchs der Familie Fischer überzeugt mit Können und Geschick auf dem Rücken eines ruhig galoppierenden schweren Kaltblüters.
So, wie das Programm des Circus René und Patrizia seit langem mit Pferdevorführungen beginnt, wird es in gleicher Weise abgeschlossen. Direktor Michael Fischer bringt ein Quartett dekorativer, gepflegter „Südtiroler Berg-Haflinger“ in das Sägemehl-Rund. Schwungvoll zeigen die vier Pferde in fehlerfreiem Ablauf ihr Repertoire an attraktiven Lauffiguren. Da der letzte Haflinger  die Manege partout nicht verlassen „will“ und Runde auf Runde weiterläuft, muss der Abschleppdienst in Gestalt eines Ziegenbockes für Ordnung sorgen.
Ein Finale im eigentlichen Sinne wird in diesem Circus nicht praktiziert. Michael Fischer tritt noch einmal in die Manege und verabschiedet sich mit wohlgesetzten Worten, die in ähnlicher Form früher im Circus von Louis Knie zu hören waren, von seinem Publikum. Zufrieden und mit erfüllten Erwartungen verlassen die Besucher diese Stätte circensischen Vergnügens, die mit einem kompletten - wo werden den Zuschauern heutzutage noch zwei Raubtierdressuren in einer Show geboten? - klassischen und ansprechendem Programm aufwartet.
Circus wie er Ihnen und auch uns gefällt.
optimiert