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Text und Fotos Friedrich Klawiter
CIRCUS RONCALLI – SALTO VITALE
- Reloaded -
Kaiserslautern, 19. September 2015
www.cirque-medrano.fr
Die Roncalli-Einheit „Salto Vitale“ startete mit einem weitgehend neuen Line Up nach Beendigung der Sommerpause in Lüdenscheid den zweiten Teil der diesjährigen Tournee.
Erstmals in den inzwischen beinahe vierzig Jahren seines Bestehens gastierte Roncalli in Kaiserslautern und verbreitete auf dem „Messplatz“ sein typisches Flair. Der nostalgisch verzierte hölzerne Frontzaun, die reich dekorierten Frontwagen und die bestens bekannten Zeltanlagen empfangen die erwartungsfrohen Besucher. Zu beiden Zeltseiten stehen die roten Schiebeplanen-Auflieger mit dem großen Namenszug. Auf dem hinteren Bereich des Geländes fanden die zahlreichen Wohnwagen und Campings, Ställe und Koppel der Pferde und Hunde sowie die zahlreichen Container mit Wohn- und Sozialräumen Raum.

Wie immer beginnt das Event unmittelbar am Frontzaun. Zwei Portiers im eleganten langen roten, reich mit goldenen Borden geschmückten Mantel entwerten in der Durchgangssperre die Eintrittskarten. Im Vorzelt malen Artisten rote Herzchen auf Wangen und verzieren Nasenspitzen mit roten Punkten. Bonbons werden feil geboten und die Band unterhält mit flottem Dixieland-Sound derweil die Programmverkäuferinnen in ihren schmucken Uniformen die Hefte mit einem strahlenden Lächeln anbieten. Jongleure bieten Kostproben ihres Könnens und die Clowns scherzen mit den hineinströmenden Besuchern.
Kurz wärmen „Hector“ Rossi, Sergej Masslenikov und Gabor Vosteen das Publikum gegen Ende des Einlasses mit einigen Gags an, dann gibt Betriebsleiter Marco Biasini das Signal zum Beginn.
Der schwere dunkelrote Samtvorhang an Roncallis ursprünglichem Artisteneingang, der hier zu neuen Ehren kommt, schwingt auf und Weißclown Yann Rossi tritt, ein voluminöses blaues Cape über dem phantastischen Kostüm tragend, in die Manege. Auf seinem goldenen Saxophon intoniert er im gleißenden Licht eines Spots „Somewhere over the Rainbow“ und begrüßt hernach das Publikum. Die Schar der Artisten zieht vom Haupteingang durch den Gang zwischen Logen und Gradin zur Manege und lässt unterdessen eine Wolke weißen Konfettis auf die Besucher hernieder rieseln.

Mit der vorzüglichen dreifachen Hohen Schule der Familie Saabel startet das Programm schwungvoll. Zunächst präsentiert Alexandra einen weißen Araberhengst als fulminanten Steiger. Anschließend vereint sich das reiterliche Können der drei Damen harmonisch mit den graziösen Aktionen des Balletts zu großartigen Bildern. Aufwändige blau-weiße Kostüme der Reiterinnen und Tänzerinnen, farblich perfekt abgestimmtes Zaumzeug – blau bei den weißen Arabern und weiß bei den Friesen – sowie hervorragendes Licht und stimmige musikalische Begleitung bilden den hervorragenden Rahmen um die erstklassigen Bilder dieser Darbietung.
Die Hunde-Show der Saabels im Artic-Look ist nun gleichfalls im ersten Teil des Programms zu erleben. In einem konsequent und stimmig gestalteten Umfeld - die Hocker der Hunde sind als Iglus ausgebildet, sämtliche weitere Requisiten erinnern an Eisberge, ein eigener blütenweißer Manegenteppich bedeckt den Boden und die Vorführerinnen tragen elegante, Pelz besetzte Kostüme - zeigen die je vier Huskies und Samojeden-Spitze ihr Können. Temperamentvoll beginnt und endet der Auftritt mit einer rasanten Fahrt eines eleganten Schlittenhundegespanns.
Im akrobatischen Bereich sind die leistungsstarke Schleuderbrettartistik des Trio Csaszar und – als Pausendarbietung – der Schlappseil-Act des „Igelmann“ Andrej Ivakhnenko weiterhin mit dabei.

Breiten Raum nehmen, wie stets in Roncalli-Programmen, die verschiedenen Auftritte der Clowns und Comedians ein.
Da ist zunächst einmal Victor Minasov, der in einem riesigen Luftballon durch die Manege hüpft.
Blockflötist Gabor Vosteen bietet einzigartige und hervorragende Musical-Clownerie mit seinem mitreißenden Act. Hohe Musikalität und pointierte Komik sind die bestechenden Merkmale dieser schwungvoll und kurzweilig präsentierten Clownerie. Auf bis zu fünf Flöten gleichzeitig lässt der Komiker allseits bekannte Melodien mit Mund und Nasenflügel erklingen, die durch virtuoses Spiel, groteske Mimik und teils absurde Abläufe für Heiterkeit und tosenden Applaus sorgen. Im zweiten Auftritt werden vier Freiwillige in das flotte Spiel mit einbezogen und in Windeseile zu Flöten-Stars gemacht.

Sergej Maslennikov bringt seine vielseitigen, feinen Reprisen im Zusammenspiel mit Maurin Rossi, Gabor Vosteen, Marco Biasini und dem Ballett. Den Stepptanz beendet er trotz strenger Ermahnung nicht und tanzt, nachdem er die Schuhe abgeben musste auf den Strümpfen weiter. Er harkt zusammen mit Maurin Rossi den Manegensand und verfolgt den Abenregisseur, der die beiden mit der Peitsche zur Eile antreibt, mit dessen Peitsche, nachdem ihm ein „Lekkerli“ verweigert wurde. Auf einer hohen Stange wird ein mit Wasser gefüllter Topf balanciert, der schließlich in Richtung der Logen kippt und zur Verblüffung aller keine Fontäne über die Besucher ergießt. Zusammen mit dem Ballett und unter Assistenz der anderen Clowns wird in einer stimmungsvollen Szene die Pause im wahrsten Sinne des Wortes eingeläutet.
Die Rossyann Clowns unterhalten in ihrem großen Entrée mit klassischer Musical-Clownerie. Die verschiedensten Instrumente werden virtuos eingesetzt und Marin - „Hector“ - Rossi treibt seine Späße. Im zweiten Auftritt jongliert das Trio mit spitzen weißen Hüten.


Der zweite Programmteil beginnt mit der Magic Show von Jimmy Sailon. Aufwändig im Steampunk Look in Szene gesetzt, werden eine Reihe gängiger Groß-Illusionen in einer flotten Choreographie gearbeitet. Die ausgefallenen und aufwändigen Kostüme wurden von Alexandra Saabel, die zusammen mit ihrer Schwester Kelly und dem Ballett in den Ablauf integriert ist, kreiert.
Klischnigger Andrej Romanovsky ist mit seiner extrem gestylten, dadurch sehr steif wirkenden Darbietung weiterhin im Programm vertreten.
Die Curatola Brothers arbeiten ihre bekannte Hand-auf-Hand Darbietung nun im zweiten Teil. Sie verkaufen ihre Tricks temperamentvoll mit viel Showmenship und finden sofort Zugang zum Publikum.

Die exzellente handstandequilibristik von Alexandra und Kelly Saabel bildet den artistischen Höhepunkt des Programms. Die synchron ausgeführten anspruchsvollen Tricks erfolgen elegant und perfekt. Anmutig bewegen sich die beiden jungen Frauen und im Schwarzlicht scheinen sie schwerelos zu schweben.
Das Duo Minasov ist mit seinem Quick Change als letzte Darbietung in dieser Show, die nach dem verletzungsbedingten Ausscheiden der Sorellas ohne Luftdarbietung auskommen muss, zu erleben. In bestens bekannter Weise wechseln sie, die nach einigen Jahren Absenz wieder in die Roncalli-Manege zurückgekehrt sind, die Outfits.
Das klassische Roncalli-Finale beschließt mit seiner seit Jahrzehnten festgelegten Choreographie auch diese Show. Nachdem Luftballons verteilt und der Walzer der Artisten mit Zuschauern, sowie Einzelvorhänge für jede Nummer und Zugaben erfolgt sind und der Vorhang wieder geschlossen ist, reicht Marco Biasini eine Konzertina an Weißclown Yann Rossi. Dieser stimmt ein leise Melodie an und alsbald gesellt sich eine der Tänzerinnen in einem kronleuchterartigen Kostüm hinzu. Für wenige Augenblicke liegt der poetische Zauber Roncallis über dem Geschehen, dann erscheint Sergej Maslennikov in Nachthemd, Puschen und Zipfelmütze mit einer Kerze in Hand auf der Szene und macht unmissverständlich klar, dass es nun an der Zeit sei die Stätte circensischen Vergnügens zu verlassen.