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Text und Fotos Friedrich Klawiter
CIRCUS RONCALLI
Mönchengladbach, 31. März 2017

www.roncalli.de
Der Circus Roncalli startete in Mönchengladbach in die zweite Saison seiner Jubiläumstour „40 Jahre Reise zum Regenbogen“. Die Show hat sich gegenüber dem Vorjahr nur marginal verändert.
Auf dem nahe der Innenstadt gelegenen Platz am Geroweiher war der Circus aufgebaut und vom unmittelbar daneben auf einem Hügel gelegenen Mönchengladbacher Münster St. Vitus hatte man einen hervorragenden Panoramablick über den ganzen Circus. Das bestens bekannte Arrangement der nostalgischen Frontwagen, Nostalgiezaun, Kassen- und Bürowagen sowie der einzigartigen Wurstbräterei bestimmt in Verbindung mit dem kunstvoll gestalteten Giebel des Vorzeltes die prachtvolle Front des Circus. Das „Café des Artistes“ hat mit dem angegliederten Biergarten seinen Platz neben dem Vorzelt.
Hoch ragen die runden Stahlmasten des Chapiteau über die runde Kuppel empor und zahlreiche Lichterketten und die Leuchtschrift des Namenszuges transportieren den Zauber des Circus. Hinter dem Grand Chapiteau stehen die zahlreichen Circuswagen, die Wohnwagen und Campings der Artisten und Mitarbeiter dicht an dicht in exakten Reihen aufgefahren und der Stall für die Pferde von Karl Trunk hat seinen Platz auch hier gefunden.

Mit dem Pfiff aus einer Trillerpfeife – dem Startsignal zum Einlass – erwacht der Zauber Roncallis zum Leben. Die Besucher drängen durch die Sperre und Portiers in traditioneller Livree entwerten die Karten und die Gäste bekommen rote Nasenspitzen und Herzchen auf die Wange gemalt. Die Band unterhält im Vorzelt mit Dixieland-Sound und Artisten und Jongleure geben erste Kostproben ihres Könnens.
Das Innere des Chapiteau zeigt sich unverändert. Edle weiß-rote Logen, mit aufwändigem goldenem Schnitzwerk verziert,  ein Bankgradin und dekorative Balkonlogen füllen den Raum. Der reich verzierte Artisteneingang beherrscht den hinteren Teil des Zeltes.
Während des Einlasses schwebt ein aufwändig gearbeitetes Mobile über der Manege. Auf seinen permanent kreisenden Leinwänden erzählen die von Beamern eingespielten Fotos Roncallis vierzigjährige Geschichte.

Die zweite Auflage der Jubiläums-Show weitgehend unverändert belassen. Cyr-Rad Künstler  Ai'Moko ist nicht mehr mit von der Partie. Mehr Veränderungen gibt es in der Riege der Clowns und Komiker aus. Anatoli Akermann, Ramon Hoopmann und Devlin Bogino sind nun nicht mehr mit dabei; dafür kehrte Edouard Neumann nach zwei Jahren Abwesenheit in die Roncalli Manege zurück und der junge Mexikaner
Marco Antonio Vega komplettiert als Clown „Chisterrin“ die Riege der Spaßmacher.
Die Abfolge der Darbietungen wurde teils neu arrangiert und mehrfach folgen nun die Auftritte der verschiedenen Komiker unmittelbar aufeinander. Die musikalische Begleitung der Show wurde größtenteils verändert und erfolgt leider sehr oft von CD. Insgesamt wurde der treibende rockige Sound des Vorjahrs stark in Richtung Geigenklänge und eher getragen daherkommenden Melodien verändert.
Weißclown Gensi übernimmt die Begrüßung des Publikums und mit einem rasanten Charivari beginnt die Show. Sieben ArtistenInnen der Truppe Bingo agieren an Strapaten, Vertikaltuch und Luftring. Sie zeigen ihre Tricks im Wechsel  mit Lili Paul und Jemaile Martinez, die Ausschnitte aus der ehemaligen Rollschuh-Nummer der „Les Paul“ arbeiten.
Nach dem tempogeladenen Auftakt verläuft der erste Programmteil anschließend in ruhigeren Bahnen.
Vivi Paul, jüngster Spross der Familie, präsentiert anmutig und spielerisch eine stimmige Kür am Luftring. In einem poetisch inspirierten Auftritt erfolgen gekonnt eine Reihe attraktiver Tricks des Genres.
Die Poesie, die einst Roncalli in die Manege brachte, mit der man sich von den anderen Circussen abhob und mit der man den legendären Ruf des Unternehmens begründete, bringt Clown Carillon, alias Paolo Casanova in den roten Ring zurück. Er nimmt das gebannt verharrende Publikum mit auf seiner phantastischen Reise. Viele mechanische Gags prägen seine Auftritte. Ein surrealer Hund, aus Metallteilen im Steampunk-Look gefertigt, wird zum Leben erweckt. Konfetti, Seifenblasen und ein Kuckuck einer Uhr kommen aus seinem hohen Zylinderhut und schließlich „öffnet“ der der Clown seine Brust, gibt den Blick auf eine Art Uhrwerk frei, dass er mittels eines großen Schlüssel aufzieht um es in Gang zu halten.
Gegen Ende des zweiten Programmteils sehen wir Carillon mit seiner Version einer Seifenblasen-Darbietung. Geschickt manipuliert er die schnell vergänglichen Gebilde und bringt in veränderter, zeitgemäßer Weise die Poesie in die Manege zurück.
Mit dem dem mitreißenden Auftritt des Trio Csàszàr am Schleuderbrett nimmt die Show wieder ein wenig Fahrt auf. Gekonnt erfolgen die zahlreichen Sprünge der Voltigeuse, die allesamt sicher von den beiden Porteuren gefangen werden. Mit einem gehörigen Schuss Humor verkauft, lässt dieser Auftritt das Publikum begeistert mitgehen. Ungläubiges Staunen macht sich jedes Mal breit, wenn der recht beleibte Peter Csàzsàr mehrere Salti über dem Brett dreht und schließlich auf den Schultern seines Bruder Gabor landet. Mit einem dreifachen, hervorragend ausgeführten Salto hat die Darbietung ihren Höhepunkt.

Stets nimmt die Clownerie breiten Raum in den Roncalli-Programmen ein und so ist Weißclown Gensi mit verschiedenen Zwischenspielen – z.B. mit Fingerpfeifen und einem Kostümpferd – zu erleben.
KGB-Clown Edouard Neumann und sein neuer Partner Chisterrin bauen ein Denkmal. Dabei erleidet Neumann eine grandiose Niederlage im Kampf gegen die Tücke des Objektes, beim Versuch das Eigenleben einer Napoleon Bonaparte Statue - Chisterrin - zu bändigen.
Gleich darauf hat Beatboxer Robert Wicke seinen ersten von drei Auftritten. Im ersten Teil interpretiert er bekannte Melodien in einer Art Playback-Show in seinem Stil in gekonnter Weise neu. Wenig später leitet er mit seinem Können die Pause ein. Als Finalnummer präsentiert er sein Beatboxing in Kombination mit einer Comedy-Jonglage, in die auch drei Zuschauer einbezogen werden. Seine Auftritte kommen beim Publikum bestens an und der Artist wird mit großem Beifall bedacht. Jedoch wirkt Robert Wicke in Aussehen – Ringelshirt, herabhängende Hosenträger, schief nach hinten gedrehte Schiebermütze – und „cooler“ Auftrittsstil in der Show isoliert und nicht wirklich in den feinen Rahmen eines „Saloncircus“ passend.

Lili Paul präsentiert unverändert ihre Kautschuk-Darbietung, in deren Verlauf auch kleine Teppiche auf ihren Händen und Füßen rotieren.
Die Freiheitsdressuren von Karl Trunk, zu Melodien aus Johann Strauß' Operette „Die Fledermaus“, wurde gleichfalls unverändert aus dem Vorjahr übernommen. Die ersten Touren läuft ein mächtiges Shirehorse zusammen mit zwei unterschiedlich großen Ponys. Anschließend präsentieren sich drei Ponys im Stil von „Korbpferden“ zwischen Cavaletti und ein hervorragender dreifacher Steiger beendet den Auftritt.
Mit dem rasanten Auftritt der Truppe Bingo an drei Chinesischen Masten findet der erste Programmteil einen schwungvollen Abschluss.

Zu Beginn des zweiten Teils erleben wir die außergewöhnlichen Handvoltigen der Truppe „Lift“. Zwei Fänger haben ihren Platz auf zwei dicht beieinander stehenden, erhöhten Plattformen, von denen aus sie die beiden Voltigeusen gemeinsam quer zur Fängerachse hoch in die Luft katapultieren und sie nach vielfältigen Saltos und Pirouetten sicher wieder zu fangen. Die leistungsstarke und riskante Darbietung wurde 2014 beim Festival Cirque de Demain in Paris mit einer Silbermedaille ausgezeichnet.
Das Duo Pykhov bietet eine innovative Seillauf-Nummer. Yana Pykhova tanzt auf dem Seil inklusive Spitzenlauf und ihr Mann gibt als Tambour den Takt auf einer Landsknechtstrommel vor. Interessant ist der freistehende Seilapparat, dessen Gestell aus zwei sichelförmigen Metallteilen besteht und zwischen deren Spitzen das Seil gespannt ist. Unter dem Gewicht der Artistin und ihres Assistenten neigt sich der Apparat entsprechend und lässt so fließende Übergänge zwischen Schrägseil und horizontaler Ausrichtung zu.
Am Schwungtrapez bieten Avital und Jochen Pöschko eine Reihe spektakulärer Tricks. Zahlreiche Saltos, Pirouetten und Voltigen – allesamt longengesichert – führt die Partnerin gekonnt aus.

Noch einmal erleben wir Edouard Neumann und Chisterrin in einem gemeinsamen Auftritt. Mit vielen gekonnt präsentierten Slapstick-Gags würzen sie ihre Playback-Show und reißen das Publikum förmlich von den Sitzen.
Der junge us-amerikanische Jongleur Ty Toyo arbeitet mit weißen Bällen Souverän werden die zahlreichen und anspruchsvollen Routinen mit drei, fünf und schließlich mit sieben Bällen ausgeführt.
Das große Roncalli-Finale beschließt auch in dieser Spielzeit der langjährig bewährten Choreographie folgend die Show. Die große Schar der Mitwirkenden lässt Luftballons in Publikum fliegen, es folgt der Walzer mit den Logengästen und die einzelnen Vorhänge für jede Darbietung. Das Publikum spart nicht mit Applaus und hat sich längst zu Standing Ovations erhoben wenn Konfetti aus der Kuppel regnet und sich das Ensemble, mit weißen Taschentüchern winkend, aus der Manege verabschiedet.
Im Epilog stimmt Beatboxer Robert Wicke ein letztes mal, zusammen mit dem Publikum, „Morgen früh, wenn Gott will....“ an, ehe Chisterrin, im Nachthemd, das Treiben beendet und den Beatboxer endgültig hinter den sich schließenden Vorhang begleitet.