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Text und Fotos Friedrich Klawiter
Aufbau CIRQUE PINDER

Metz, 2. Juli 2007
Als einer der großen Circusse Europas ist Pinder seit mehr als 150 Jahren auf der Reise. Bahntransport spielte in Frankreich für den Circus nie eine Rolle, es wird schon immer auf der Straße gereist. Die größeren Entfernungen im dünner besiedelten Nachbarland erfordern einfach eine andere Organisation der Logistik. Dazu kommt, dass in den Urlaubsmonaten Juli und August fast ausschließlich Eintagesplätze entlang der Küste, ohne Ausfaller und mit zwei Vorstellungen pro Tag, bespielt werden. Und so hat hier jeder Transport sein eigenes Zugfahrzeug. Die Transporte bestehen aus Sattelzug mit großem Anhänger, die französische StVO gestattet größere Fahrzeuglängen als die unsere. So ist es möglich, zeitsparend in einer mehr oder weniger geschlossenen Kolonne, den Ortswechsel vorzunehmen.
Um solch ein Schauspiel, das man bei uns in dieser Form nicht kennt, einmal live zu genießen, brachen wir am Morgen des 2. Juli 2007 sehr früh ins rund 250 km entfernte Metz auf. Es ist kurz vor 7 Uhr, regnerisch und viel zu kühl für die Jahreszeit,  als wir am Circusplatz ankommen. Der “Service Route Cirque Pinder”, die Circus Kolonne bekommt per Hinweispfeilen die Fahrstrecke markiert, ist vor Ort, der Platz wird vermessen und markiert. Gegen 7:30 Uhr ertönt von der ca. 300m Luftlinie entfernten, im leicht ansteigenden Gelände gut zu sehenden Autobahnabfahrt, das Horn eines Kennworth-Trucks. An der Spitze des Konvoi trifft Frederic Edelstein mit seinem riesigen Wohnwagengespann ein. Ihm folgen weitere Züge, darunter als einer der ersten die Küche mit dem großen, beidseitig auf voller Länge ausziehbaren, “Restaurant” Wagen. Sofort wird die Küche installiert, bereit die eintreffende Mannschaft mit Frühstück zu versorgen.

Es folgten die Kleinlaster der Werbekolonne. Nach kurzer Pause verteilen sie sich in der Stadt, mit Musik und Durchsagen, sowie großzügigem verteilen von den in Frankreich üblichen Ermäßigungen “3 Personen kommen-2 zahlen”, für einen Circusbesuch werbend. Permanent rollen die Transporte an, Masten/Chapiteau Auflieger mit angehangener Tierschaukasse, Elektrozentrale, Kasse/Büro mit Raubtierwagen, Gradintransporter mit Mannschaftswohnwagen. Artistengespanne, weitere Raubtierwagen, Auflieger mit Wohnabteilen mit angehangenem Dusch/Waschmaschinenwagen, Kleinlaster mit Campings, Restauration, Material- und Wohnwagen. Als letztes trifft die “Groupe Mechanique”, die Werkstatt-Crew, mit ihrem Gespann ein. Fahrzeuge die unterwegs ein Problem bekommen, werden so ohne Umstände wieder flott gemacht. Nach gut einer Stunde ist der komplette Circus, mit seinen ca 70 Transporten vor Ort.
Unmittelbar nach der Ankunft beginnt jedes Team mit seinen Aufbauarbeiten. Umschichtig nehmen die Männer vor der Küche ihr Frühstück zu sich. Das Anker einschlagen gestaltet sich auch mit Maschinenunterstützung schwierig. Schwere Hubstapler verteilen Material und nach einiger Zeit ragen die Masten in den Himmel. Auch einheimische Circusverrückte wohnten dem Spektakel bei und sahen wie die 5 großen Raubtierwagen geöffnet wurden. Neun Arbeiter sind ausschließlich mit dem Aufbau der Außengehege und Absperrungen betraut. Ein großen Sattelauflieger, innen komplett in Edelstahl gehalten, dient als gekühltes Lager und Metzgerei für das Fleisch der rund 50 Raubkatzen. Die mitgeführte Menge verschiedenen Fleisches und Geflügels ist enorm.
Gegen elf Uhr öffnet die Kasse, das Chapiteau wird hochgezogen, der Aufbau des 12 reihigen Gradins für etwa 2500 Personen beginnt. Die Trapezartisten montieren ihren Apparat, während die Zeltmannschaft ihr Werk vollendet. Als letztes wurden die sperrigen Requisiten der Großillusion ins Zeltinnere verbracht. Die Rundleinwand wird im hinteren Bereich noch fertig aufgehängt, während der Einlass für die erste Vorstellung um 14:30 Uhr schon begonnen hat. Diese war eine “Schulvorstellung”, wie sie Pinder in vielen Städten den entsprechenden Einrichtungen, zu einem sehr günstigen Einheitspreis, anbietet. Da es in Frankreich nur mittwochs und am Wochenende nachmittags keinen Unterricht an den Schulen gibt, machen reguläre Vorstellungen an den anderen Tagen wenig Sinn. So füllen denn fast 2000 Kindergarten- und Grundschulkinder mit ihren Erzieher/Innen das Gradin und bejubeln das auf etwa eineinhalb Stunden Dauer verkürzte Programm.