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Text  und Fotos Friedrich Klawiter
CIRQUE PEPINO
Ouffet, 25. Juni 2011


Die Wallonie, der francophone Teil unseres westlichen Nachbarlandes Belgien, ist das bevorzugte Reisegebiet einer Reihe französischer Circusfamilien. So auch von Armand Dubois mit seinem Cirque Pepino. Wie seine Brüder Simon - Cirque Franco-Canadien - und Frederic - Cirque Stromboli- bereist der Cirque Pepino seit mehreren Saisons ausschließlich die Wallonie. In Ouffet, einer zweieinhalbtausend Seelen-Gemeinde in den Ardennen, in der Provinz Liège haben wir den Circus besucht.
Auf einem schmalen Brachlandstreifen, dem ehemaligen alten Bahngelände des Ortes, fand der Circus Platz. Die entlang der Straße stehenden Fahrzeuge ergaben eine lange imposante Circusfassade. Rot und gelb sind die verwendeten Farben und alle Fahrzeuge sind sauber und frisch lackiert. Die Transporte werden mit bis zu drei Anhängern an einem Lkw gefahren. Neben den zahlreichen Transportfahrzeugen stehen ein amerikanischer und ein Laurent-Wohnauflieger auf dem Gelände.
Der Gastspielort wurde üppig plakatiert und zwei Kleintransporter mit Lautsprecherboxen auf dem Dach dreht mit Musik und Rekommandeur ihre Runden.

Der Tierbestand  Kamel, Yak, vier Lamas, je ein Friese und Pony grast friedlich, angepflockt auf der angrenzenden Wiese. Ein schmucker Zweimaster von ca. zwölf mal fünfzehn Meter, bei französischen Familiencircussen eine häufig anzutreffende Zeltgröße, dient als Chapiteau. Im Innern ist ein einfaches Holzbankgradin errichtet. Die vier Sitzreihen füllen den Raum hinter den Logen aus. Eine große rote Plane, mit glitzerndem roten Stoff dekoriert, bildet den Artisteneingang.
Die Tonanlage, die auch außerhalb der Vorstellungszeiten den Circusplatz beschallt, ist großzügig dimensioniert. Farbige Scheinwerfer an den Masten tauchen die Manege in ein angenehmes Licht. Ein Querträger an der Frontseite der Manege ist mit weiteren, für Effekte sorgenden Beleuchtungskörpern bestückt, z. B. einem Moonflower und einem Lichtprojektor.

Monsieur le Directeur Armand Dubois betritt die Manege und heißt sein Publikum willkommen, dann wechselt das Mikrophon zu seiner Frau, die fortan als versierte Sprecherin durch das Programm führt.
Mit der Cavallerie des Hauses eröffnet der Prinzipal die Vorstellung. Der prächtige Friese, mit Glitzerspray auf Rücken und Mähne fein herausgeputzt, wird in Freiheit vorgeführt. In der kleinen, etwa sechs Meter Durchmesser messenden Manege wirkt das Pferd sehr mächtig. Die verschiedenen Figuren und Sprünge über kleine Hürden werden flott und sicher absolviert. Als Da Capo zeigt das Shetland-Pony sein Können.

Eine umfangreiche Kür bietet Miss Madison am Ringtrapez. Modern gestylt versteht es die junge Frau mit umfangreichem Können zu überzeugen. Unterstützt durch geschickte Musikauswahl und gekonnten Einsatz der Beleuchtungstechnik kommt dieser Auftritt beim zahlreich erschienenen Publikum ausgezeichnet an.
Clown Ponsalie, der dritte Sohn des Direktors füllt diese Rolle mit Leben, absolviert einen längeren Auftritt. Vom Direktor mit der „Manegenreinigung“ betraut, stellt er allerhand Unsinn an. Dann werden „Les Mexicanos“ angekündigt und ein Messerbrett aufgestellt - doch sie sind verhindert. Es erscheint in Vertretung, wie sollte es auch anders sein - Clown Ponsalie mit Sombrero und Poncho passend gekleidet. Ein „Freiwilliger“ aus den Logen wird am Brett platziert und eine Kapuze nimmt ihm die Sicht. Ponsalie „wirft“ sein Messer und der Zuschauer blickt nachdenklich, als er das neben seinem Kopf steckende Messer gezeigt  bekommt. Erst als er nach dem dritten „Wurf“ wieder in der Loge sitzt und seine Partnerin den Hergang erklärt, durchschaut er die Aktion.
Mademoiselle Brigitte wird wortreich avisiert. Die vierjährige trete erst seit Kurzem auf und sei demzufolge mitunter noch ein wenig nervös. Kaum ist sie in der Manege wird sie, zumindest bei den ganz jungen Zuschauern zum Publikumsliebling - Brigitte ist eine weiße Saanen-Ziege. Auf einem hohen Piedestal lässt sie Juniorchef Kevin Dubois ihr Kompliment machen. Dann werden weitere, immer kleinere Plattformen aufgesteckt und die Ziege arbeitet sich langsam empor.
Zu einem echten traditionellen Programm eines französischen Familiencircus gehört eine Tombola, so auch im Cirque Pepino. Wortgewaltig wird sie vom Direktor beworben. Der Erlös der Tombola diene ausschließlich dem Wohl der Circustiere lässt man wissen und so finden die Lose reißenden Absatz. Als Gewinne stehen Ballons, Poster und Mini-Stofftiere zur Verfügung. Nach diesem aufregenden Erlebnis brauchen alle Beteiligten eine kleine Erholung und der Direktor kündigt eine Pause von fünf Minuten an, nicht ohne den jungen Zuschauern den Erwerb einer „Brochette surprise“, einer Wundertüte angeraten zu haben. Nur während dieser kurzen Programmunterbrechung steht auch die kleine Circusrestauration zur Verfügung.
Eher selten sieht man in französischen Kleincircussen Drahtseil-Darbietungen. Miss Sharon zeigt ihre Balancekunst auf einem freistehenden Seilapparat.

Ein zweites Mal sehen wir Miss Madison, nun als geschickte Antipodistin. Bälle und Walzen jongliert die Artistin geschickt auf ihren Füssen. Zum Höhepunkt ihrer Evolutionen lässt sie eine Stange mit Feuerrädern rotieren.
Die Frère Dubois, Kevin und Nicki, überzeugen mit einer umfangreichen und gekonnt vorgetragenen Jonglage. Ringe,Tennisbälle und Keulen sind ihre Requisiten. Mit drei Keulen wird eine Routine in hohem Tempo gezeigt. Abschließend erfolgt die Jonglage von Fackeln.
Das Ballett des Cirque Pepino leitet mit einem orientalischen Tanz die Präsentation der Exoten ein. Francesco, Schwager des Direktors, lässt zunächst einen Lamahengst an der Longe seine Figuren ausführen. Dann folgen die drei Damen seines Harems. Abschließend dreht ein Yak seine Runden.
Das abschließende Amateurreiten wird von vier Zuschauern, die von der Direktion dazu auserkoren wurden, bestritten. Kaum, dass sie eine für Manegenrunde auf dem Friesen gesessen haben, dürfen sie an der Longe durchs Zelt fliegen.
Auf ein Finale wird im Cirque Pepino verzichtet. Der Direktor verkündet das Ende der Veranstaltung. Die Kinder verlassen zufrieden mit ihren Tombola-Gewinnen den Ort eines unterhaltsamen Spektakels und auch so mancher erwachsene Begleiter hat ein Leuchten in den Augen.