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Text und Fotos Friedrich Klawiter
Timothy' s Crazy X-mas Circus
Oberhausen, 20. Dezember 2013

www.timothys-crazy-circus.de
Ein neuer Stern strahlt hell am Weihnachtscircus-Himmel – Timothy's Crazy X-mas Circus. Eine moderne, emotionsgeladene, schräge und begeisternde Show bietet das junge Unternehmen seinen Besuchern und findet damit den Weg in ihre Herzen.
In Oberhausen in der Nähe des „Centro“, der „neuen Mitte“ in die es täglich tausende Shopping-Willige zieht, war der Circus aufgebaut. Das Equipement kommt zum größten Teil vom Circus Stars der Pferde. Der Kassencontainer und der romantische Zaun mit den Lichterbögen bilden die Front. Als Vorzelt ist ein weißes Viermasten-Chapiteau aufgebaut und direkt dahinter, mit einem Tunnel verbunden, erhebt sich der neue blau-weiß-rote Zeltpalast mit dem Stars der Pferde seit wenigen Monaten reist. Die Materialtransporte und Wohnwagen sind rings um die Zeltanlagen abgestellt.
Das Interieur des Vorzeltes präsentiert sich stimmungsvoll. Ein großer Kronleuchter dominiert die Kuppel. Getränkewagen und festlich dekorierte Verkaufsstände sind zwischen den Masten in der Zeltmitte platziert. Ringsum angeordnete Sitzgruppen und geschmückte Weihnachtsbäume sorgen fürs festliche Ambiente.
Im Chapiteau fällt sofort der große üppig verzierte Artisteneingang, der einst dem Circus Barelli sein unverwechselbares Aussehen gab, ins Auge. An Stelle einer Manege befindet sich eine circa neun Meter Durchmesser messende erhöhte, mit schwarzem Teppich belegte, Bühne. Den übrigen Raum des Chapiteau nimmt das zwölfreihige Gradin, dessen vordere Reihen mit rotem Samt überzogen sind, ein.
Die üppige Lichtanlage, deren acht Kugelköpfe zahlreiche Effekte zulassen, ist an vier horizontalen Gitterrohrträgern zwischen den Masten angebracht. Mit erstklassigem Lichtdesign wird die Show gekonnt präsentiert.
Das hervorragende Circusorchester und der Leitung von Roman Adamec begleitet die Darbietungen fast ausnahmslos live und unterstützt mit seinem erstklassigen Sound jederzeit die auftretenden Artisten in idealer Weise.
Tim Timothy alias Direktor Timmy Spindler eröffnet die Show in gekonnt schwungvoller Weise. Nachdem mit launigen Worten die üblichen Hinweise zum rauchen, telefonieren usw. gegeben wurden, übt er mit dem Publikum applaudieren, spielt mit Glöckchen und lässt auch Zuschauer dabei mittun.
Volltönend setzt das Orchester ein und gibt die Bühne frei für Vanessa. Die charmante französische Artistin bietet eine mitreißende Hula Hoop Darbietung, die sich enorm vom Mainstream des Genres unterscheidet. Ihr tänzerischer, mit erotischer Ausstrahlung verbundener Stil vereint Musik, Licht, Kostüm und Leistung zu einem harmonischen, flüchtigen Gesamtkunstwerk. Fließend und lückenlos erfolgen die Übergänge zwischen den verschiedenen Elementen des Auftritts und ziehen so die Besucher in den Bann der Artistin und ihres Auftritts.
Tim Timothy möchte es ihr gleich tun und versucht sich als Jongleur mit Regenschirmen. Doch, wie stets in der Clownerie, scheitert der August zunächst grandios, ehe er die Tücke des Objektes überwinden kann.

Clown Joanes erscheint zu einer ersten Reprise auf der Szene und präsentiert mit großer Attitüde seine Geschicklichkeit indem eine per Blasrohr hoch in die Luft katapultierte Pfauenfeder auf der Stirn ausbalanciert wird. Wenig später präsentiert er sich als gleichermaßen versierter Artist und guter Komiker. Charmant kombiniert er Akrobatik auf der freistehenden Leiter und Jonglagen mit Bällen Ringen und Keulen mit clownesken Elementen. In einem weiteren Auftritt jongliert er mit Boule-Kugeln, die teils auf eigene Weise aus einem Holzkasten „erscheinen“. Natürlich funktioniert auch die Jonglage nicht ganz wie geplant und schwer am Kopf getroffen wankt der Clown von der Bühne.

Die Komik nimmt breiten Raum ein im Programm von Timothy' s Crazy X-mas Circus und so sehen wir den Direktor mit einigen weiteren seinen bekannten Auftritte.
Zunächst ist Esel Manolito sein Partner auf der Bühne. Als sprichwörtlicher Vertreter seiner Rasse und bringt er seinen Vorführer das ein oder andere Mal an den Rand der Verzweiflung. Lachen, aus der Flasche trinken, einen Teppich aufrollen, abliegen und steigen sind neben anderen die Tricks, die spielerisch ausgeführt werden.
„Musizieren verboten“ heißt es streng und Tim Timothy versucht diese Anweisung durch den Wechsel auf die andere Bühnenseite aus zu hebeln. Doch die Obrigkeit in Gestalt von Joanes zeigt sich unerbittlich und so bedarf es einiger weiterer Finten und Wortgeplänkel, bis schließlich die Trompete ungestört erklingen darf. Clown Joanes erweist sich als kongenialer Partner, gerade auch wegen seiner mangelnden Kenntnisse der deutschen Sprache und so bekommt der mit viel Spielfreude dargebotene Klassiker zusätzlichen Drive. Eine „Opera“ inszeniert Tim Timothy mit drei Mitspielern aus dem Publikum. In munterem Spiel agieren die verschiedenen Charaktere und Timothy lenkt das turbulente Treiben zum Höhepunkt.

Salima Folco bezaubert die Zuschauer mit ihrem äußerst stimmigen Auftritt an den Vertikaltüchern. Große Leistung gepaart mit erstklassiger Präsentation und hervorragender musikalischer Begleitung ziehen das Publikum in ihren Bann und vermitteln in idealer Weise den Traum vom Fliegen.
Jindrich Reichert, Teilnehmer der tschechischen Ausgabe des "Supertalents" zeigt uns seine erstklassige Arbeit auf der Rola-Rola. Unter anderem balanciert er mit seinem Rolabrett auf einem Ball und baut einen Turm von sechs Etagen unter seinen Füssen, durchsteigt dabei einen Ring. Sicher und temperamentvoll läuft die Darbietung ab, bis er auf dem Rolabrett, im Stil eines Skaters, schlussendlich eine Schräge von seinem hohen Piedestal hinab gleitet.
Maxim Bondarenko fasziniert mit einer spielerisch wirkend, perfekt vorgetragenen Handstand-Equilibristik. Anspruchsvolle Posen und Übergänge werden kraftvoll-elegant mit großer Selbstverständlichkeit gearbeitet. Ein eigenwilliges, luftig leichtes Requisit, vier dünne Metallbeine münden in einen ebensolchen Ring worauf die Stäbe mit den Handklötzen angebracht sind, lässt eine Reihe außergewöhnlicher Abläufe und Positionen zu. Mit einem „Klötzchensturz“ findet diese hervorragende Darbietung ihren gelungenen Abschluß.

"The Mighty Gareth", englischer Komiker, Jongleur und Schwertschlucker, versteht es auf wunderbare Weise sein Publikum zu begeistern. Der herrlich freakige und sympathische Artist mit den auffälligen orangeroten Punkbürsten auf dem ansonsten blanken Schädel und mit Piercings verzierten Body, ist einer der Höhepunkte der Show. In seinem ersten Auftritt lässt er sich von einem Zuschauer, der das Gezeigte nachmachen soll, in seiner Feuershow unterstützen. Anschließend jongliert er Bälle und eine Machete über dem Körper seines liegenden Mitspielers. Eine scharfe – zur Demonstration wird eine Getränkedose durchtrennt - laufende Kettensäge, Schwert und Ball sind die Jonglage-Utensilien die zum Abschluss dieses Auftritts gekonnt zum Einsatz gebracht werden.
Perfektes "Sideshow-Feeling" präsentiert uns The Mighty Gareth in seinem zweiten Auftritt. Eine Salatgurke wird schwungvoll zerkleinert, so dass auch die Besucher der letzten Reihe sehen können, dass es sich um ein echtes scharfes Schwert handelt, dass sich seinen Weg durch die Kehle und Speiseröhre in den Magen des nervenstarken Künstlers bahnt. Eine vorab in die Manege gebetene Zuschauerin zieht das Schwert elegant wieder aus seinem Inneren. Ein weiterer, selten zu sehender Höhepunkt bildet das "schlucken" einer hellleuchtenden Neonröhre. Im nun komplett abgedunkelten Zelt flackern Teile des Halses gespenstisch rot leuchtend auf, wenn der illuminierte Glaskörper langsam den Weg in den Körper nimmt. Auch dieses Teil findet wieder, ohne Schaden anzurichten, zurück aus dem Körper des Artisten.

Mit dem von Tim Timothy live gesungenen Freddy Quinn Hit „Ja, wir sind Artisten“ nimmt das große, temperamentvoll dargebotene Finale seinen Anfang. Alle Mitwirkenden finden sich auf der Bühne ein, Orchester und Lichtregie ziehen noch einmal alle Register und unter dem nicht enden-wollenden Applaus des begeisterten Publikums erfolgen die Zugaben. „Mighty Gareth“, engagierter Hobby-Bassist, rockt mit seinem Instrument, dem hohe Feuersäulen entsteigen, mit einem Solo die inzwischen wieder leere Bühne.
Tim Timothy stimmt auf seiner Trompete „My Way“ an und der Gitarrist und das Orchester begleiten ihn, derweil die Artisten noch einmal vor den Vorhang kommen und ringsum auf dem Bühnenrand Platz nehmen.