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Text und Fotos Friedrich Klawiter
CIRCUS NOCK
Thun, 29. Mai 2016

www.nock.ch
Der Circus Nock, ältestes reisendes Unternehmen der Schweiz, bestreitet in dieser Saison die einhundertsechsundfünfzigste Tournee durch unser Nachbarland und gastiert dabei als einziger Circus in allen vier Sprachregionen des Landes.
In Thun gastiert der Circus auf der Allmend, dem traditionellen Versammungsort schweizerischer Gemeinden. Der lange und schmale Platz zieht sich entlang einer Straße und der Circus ist in seinem gesamten Ausmaß sehr gut zu sehen.
Das große weiß-rote Chapiteau leuchtet hell zwischen dem frischen grün der Bäume. Ein nostalgischer Zaun, flankiert vom Kassenwagen, bildet die Front des Circus. Seitlich davon sind die Zugmaschinen in einer Reihe aufgefahren.
Das zweimastige Vorzelt ist mit einer Schmalseite fest ans Chapiteau angebaut.
Die zahlreichen Circuswagen und Auflieger sind weiß lackiert und tragen in großen roten Lettern den Circusnamen. Tierställe mit Freigehegen und die Wohnwagen nehmen den weiteren Raum ein.
Der große Verkaufswagen der Circusrestauration und weitere Stände nehmen die Längsseiten des Vorzeltes ein. Sitzgruppen geben dem Raum Struktur.
Im Spielzelt ist ein Einzelsitzgradin hinter den eleganten, mit einem Holzboden ausgestatteten, rot-weißen Logen für die zahlreichen Besucher aufgebaut.
Der breite Artisteneingang aus rotem Samt nimmt den hinteren Teil des Zeltes ein. Auf seiner Empore findet unter einem Baldachin, der von einer Gitterrohrkonstruktion getragen wird, das ausgezeichnete Orchester seinen Platz. Groß aufspielend begleitet es fast die komplette Show mit perfekt abgestimmter Live-Musik.
Mit der üppig dimensionierten Lichtanlage werden die auftretenden Künstler hervorragend unterstützt.

Die diesjährige Produktion steht unter dem Motto „Ritmo y Pasión“ und wird von einer spanischen Tanzformation umrahmt und perfekt in Szene gesetzt.
In einem temperamentvoll dargebotenen Charivari findet die gelungene Show einen hervorragenden Beginn. Costin Bellu und die Mustache Brothers zünden die ersten Gags und die Artisten zeigen erste Kostproben ihres Könnens.
Paolo Finardi vereint in einer sehr harmonisch ablaufenden Dressurfolge je zwei Kamele, Lamas und Esel. Vielfältige abwechslungsreiche Figuren laufen unter der höchst eleganten Peitschenführung des erfahrenen Dresseurs gekonnt ab.
Auch die zweite Dressurdarbietung der Show wurde in der besuchten Vorstellung von Paolo Finardi präsentiert. Zwei großrahmige Schimmelhengst, zwei Friesen und zwei nachtschwarze Ponys arbeiten ein umfangreiches Repertoire interessanter Lauffiguren. In erstklassiger Weise leitet der Vorführer die Pferde, die nicht die geringste Unsicherheit erkennen lassen, zu den vielfältigen Abläufen an. Eine Reihe prachtvoll ausgeführter Da Capo Steiger bildet den idealen Abschluss dieser stimmungsvollen Darbietung.
Mit zwei Auftritten erleben wir das Duo Romance. Zunächst sehen wir ihren Auftritt an den Strapaten. Mit Können und Ausstrahlung erzählen sie eine Love-Story hoch in der Kuppel des Chapiteau. Gewürzt wird dieses sinnliche Spiel mit einer Reihe hervorragend ausgeführter, teils riskanter Tricks. Im zweiten Programmteil sehen wir das sympathische Duo mit kraftvoller Akrobatik am Chinesischen Mast. Zu stimmungsvoller Tangomusik agiert das Paar an der hohen Stange. Gekonnt werden die anspruchsvollen Abläufe von beiden Partnern dargeboten.

Breiten Raum nehmen Comedy und Clownerie in der Show ein. Die Mustache Brothers begeistern mit enormer Vielseitigkeit und großem Können. In pointiertem Spiel erleben wir klassische Clownerie, Slapstick, Klamauk und erstklassige Akrobatik in perfekter Mischung. Zunächst bringen sie mit der „Zahnarzt -Szene“ einen clownesken Klassiker, der mit frischen Ideen und unerwartetem Abschluss überrascht. In der gemeinsam mit Costin Bellu gespielten Reprise wird dessen Körpergröße thematisiert. Eine erstklassige Kaskadeur-Nummer bringt nicht nur viele zündende, weil frische Gags und überraschende Wendungen sondern darüber hinaus auch eine große Anzahl hervorragender akrobatischer Tricks. Lebhaft geht es auch im letzten Auftritt, einer Stierkampf-Parodie zu. Die Begeisterung auf den Rängen, speziell bei den jüngeren Zuschauern kennt ob des turbulenten Treibens keine Grenzen mehr.
Costin Bellu präsentiert mit seinem seit Jahren aus allen großen Manegen Europas bestens bekannten komischen Act auf dem Trampolin einen weiteren erstklassigen clownesken Auftritt. Außer vielen zündenden Gags wartet der charmante Artist auch mit einer großen Anzahl gekonnter akrobatischer Tricks auf dem elastischen Tuch und halsbrecherischer Kaskaden am Sprungturm auf.
In einem zweiten Auftritt präsentiert er sich als großer Boxer. Drei ZuschauerInnen, die Dame wird kurzerhand zum Ringpfosten in seiner Ecke gemacht während die beiden Herren als Gegner und Ringrichter agieren, und drei Requisiteure – die die anderen Ecken des Rings markieren – sind in das muntere Treiben, das auf den Rängen allerbestens ankommt, involviert.

Die Hand-auf-Hand Darbietung des Duo Serjo ist von verschiedenen Engagements hierzulande, u.a. FlicFlac und Circus Carl Busch, bekannt. Kraftvoll und temporeich werden die unterschiedlichen Abläufe in erstklassiger Ausführung geboten.
Den spannungsgeladenen Höhepunkt des diesjährigen Nock-Programms bieten die sieben Mitglieder der Hochseilformation „The Robles“. Mit Können, Ausstrahlung und dem nötigen „Showmenship“ werden die hochkarätigen Tricks auf dem Hochseil ausgeführt. Spagat der drei Damen auf dem Seil und anschließendes überspringen durch zwei Truppenmitglieder eröffnet die Evolutionen. Sprung über zwei Partner, Bocksprung und Zwei-Mann-Hoch mit Dame als „Untermann“ sind weitere Elemente der Nummer. Eine Dreierpyramide auf Fahrrädern wird mit dem freien Stand auf einem Stuhl gekrönt.
Zum Höhepunkt der Darbietung, der für schweißnasse Hände auf den Rängen sorgt, bauen die verwegenen Seilläufer eine Siebener-Pyramide auf dem Seil auf. Völlig sicher und ohne Vorteil wird die Formation rasch auf- und abgebaut und die Strecke über das Seil bewältigt. Chapeau.
In einem flott choreographierten Finale verabschieden sich die Mitwirkenden vom begeisterten Publikum. Paolo Finardi spricht die Abschiedsworte und rasch leert sich die Manege zum Ende dieser Abbauvorstellung.