Text und Fotos Friedrich Klawiter                                                 
8. FESTIVAL du CIRQUE de NAMUR
Namur, 27. Oktober 2012

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Bereits zum achten Mal gaben sich hochkarätige Artisten und Tierlehrer ein Stelldichein in den imposanten Zeltanlagen hoch über der belgischen Stadt Namur, die Impressario Emmanuel Horwood für sein Circusfestival hat errichten lassen. Wie stets war die Esplanade du Citadelle, hoch über der Metropole an der Meuse Schauplatz dieses circensischen Großereignisses.
Mit erreichen des Circusplatzes zeigte sich, dass dieses Circusfestival nochmals größer und schöner geworden ist. Ein gewaltiges fabrikneues Chapiteau, von sechsundvierzig Metern Durchmesser, wurde in diesem Jahr aus England, vom dortigen Bobby Roberts Super Circus,angemietet und hier erstmals aufgebaut. Mit seiner enormen Kuppelhöhe und dem ungewöhnlichen rot-gelben Blockstreifendesign dominiert es das weitläufige Gelände. Entlang des Rondells ist die Dach-Plane weiter nach außen gezogen und formt so eine etwa eineinhalb Meter breite Überdachung. Ein farblich abgestimmtes Vorzelt ist mittels zweier Tunnels an das Chapiteau angeschlossen. Kasse und einige weitere Wagen vom Roberts Circus, dunkelblau lackiert, sind auf der rechten Platzseite aufgefahren. Die linke Seite ist den Fahrzeugen der Artisten vorbehalten.
Großzügige Stallanlagen und Paddocks stehen den Pferden und Exoten von Louis Knie jun. sowie Adriana Folcos Elefant "Baby" zur Verfügung.
Das Vorzelt wurde im Innern edel ausgestattet. Roter Teppich bedeckt den Boden und die Seitenwände sind mit schwarzem Stoff abgehängt und die zahllosen Leuchtpunkte der Lichtnetze ringsum sorgen für eine angenehme Beleuchtung verleiht dem Raum einen Loungecharakter.  Zahlreiche großformatige Bilder in wuchtigen goldenen Rahmen, die aktuelle und Artistenportraits des letztjährigen Ensembles zeigen, schmücken den Raum.
Auch die Einrichtung des Chapiteau ist fabrikneu. Vierzehn Reihen blauer Einzelklappsitze und drei Reihen gepolsterter Stühle bieten knapp zweitausend Besuchern mit höchstem Komfort Platz. Die Logenabtrennungen tragen ein aufwändiges rot-goldenes Dekor und korrespondieren perfekt mit dem großen Artisteneingang aus rotem Samt. Auf dessen Podium nehmen die vier englischen Musiker des Orchesters Platz. Ihr treibender, volltönender Sound unterstützt die Auftretenden in optimaler Weise. Gleiches lässt sich von der großzügig dimensionierten und üppig bestückten Lichtanlage, die äußerst gekonnt und stimmungsvoll eingesetzt wird, sagen.

Produzent Emmanuel Horwood lässt es sich auch in diesem Jahr nicht nehmen, die Rolle des „Monsieur Loyal“ auszufüllen. Er begrüßt eloquent und charmant sein Publikum und führt im Weiteren in angenehmer Weise durch das Programm.
Louis jun. und Ilona Knie eröffnen die Spielfolge mit einer attraktiven Darbietung der Ungarischen Post. Auf zwei Friesen stehend führt Ilona Knie die Zügel und lässt die Vorauspferde unter sich hindurch passieren.  Letztlich sind es fünf weiße Araber und ein Friese, deren Longen von der kühnen Reiterin sicher aufgenommen werden, die zusammen mit den Handpferden in eleganter Karriere durch den Manegensand sprengen.
Im weiteren Programmverlauf stellt Louis Knie jun. einen attraktiven Zehner-Zug weißer Araber und Friesen vor. Vielfältige Figuren folgen in sicherem Ablauf aufeinander und bieten durch das geschickte Spiel mit den gegensätzlichen Farben zusätzlichen Schauwert. Alexandra, die jugendliche Tochter von Ilona Knie, lässt einen Vierer-Zug dekorativer Shetland-Ponys paradieren, bevor Louis Knie jun. mit einigen gekonnten Da Capo Steigern die equestrische Vorführung Beifall umjubelt abschließt.

Comedy wird groß geschrieben im diesjährigen Circus Festival von Namur. Da ist zum einen der französische Reprisenclown Matthieu, der sich mit seinem subtilen Humor in die Herzen der Zuschauer spielt. Omnipräsent wärmt er bereits während des Einlasses das Publikum an und tritt nach nahezu jeder Darbietung in Erscheinung. Zusammen mit einem Zuschauer versucht er sich als Löwenbändiger, macht per Mikrofon den sehr verschiedenen „Herzschlag“ mehrerer Besucher allgemein bekannt. Gemeinsam mit seiner Partnerin überzeugt er mit Magic, eine fantastische „Armverlängerung“ und ein graziler Quick Change Trick geben Rätsel auf. Selbstverständlich ist er auch mit seiner Variante der „Filmszene“ in diesem Rahmen zu erleben. Alle diese Auftritte erhalten ihre besondere Note durch das gekonnte Beat Boxing, mit dem Matthieu die einzelnen Aktivitäten untermalt.
Aus der Schweiz kommt die bekannte HipHop Comedy-Formation Starbugs, die sich mit ihrer „Rhytmischen Sportkomik“ deutlich von circusüblichen Auftritten unterscheidet.  Vier mal präsentieren sie ihre Playback-Show, zu der der pantomimisch und auch mit Breakdance agiert wird. Die teils aberwitzig aneinandergereihten Musikschnipsel ergeben in Verbindung mit den handwerklich gut gemachten Aktivitäten des Trios eine gewisse Komik, nur währen die Auftritte zu lang. Zudem erscheinen sie in  Anzahl und Auswahl ihrer Gags arg limitiert, sehr oft sind die Pointen die gleichen

Elisa Tribertis begeistert mit einer von Frauen nur selten gearbeiteten, erstklassigen Klischnigg-Darbietung. Requisiten und Begleitmusik, Melodien aus dem Musical "Cabaret", sind sorgfältig aufeinander abgestimmt und bilden den perfekten Rahmen für viele hochkarätige Tricks, die in erstklassiger Ausführung dargeboten werden.
Jefferson Weber bringt mit seinem „Velo Aérien“ die einzige Luftnummer des Programms zu Gesicht. Zunächst radelt der brasilianische Artist einige Runden in seinem auf der Erde stehenden hölzernen „Stellwand-Käfig“. Sodann schwebt er longengesichert und kräftig in die Pedale tretend mit seinem Requisit bis ganz nach oben in die hohe Kuppel des Chapiteau. Die kräftezehrende Radtour im nach unten offenen Käfig, bei der ein Absturz nur durch permanentes anstrengendes radeln verhindert wird, währt recht lange.
Spielerisch und fröhlich geht es bei Helena Rapolli und ihrem Terrier zu.

Schwungvoll präsentiert Adriana Folco ihre Elefantendame „Baby“. Mit Glitzerspray glamourös hergerichtet, absolviert „Baby“ willig und in hohem Tempo ihr umfangreiches Repertoire, zu dem sie von der erfahrenen Tierlehrerin charmant angeleitet wird. Vertrauensvoll legt sich das Tier in der Manege zum „schlafen“ hin, nachdem es mit seinem Rüssel zielgerichtet einen vielarmigen Kerzenleuchter ausgelöscht hat.
Für Nervenkitzel auf hohem Niveau sorgen die Diorios im Globe of Speed. In einer Motorradkugel mit kleinem Durchmesser zeigen die vier Fahrer in hohem Tempo ihre verwegenen Fahrkünste. Die rasanten Passagen auf kreuzenden Routen lassen die Zuschauer in besonderer Weise mitfiebern.

Alessio Fochesato sorgt mit seinen Papageien für den umjubelten Programmhöhepunkt. Zu Beginn der Darbietung steht er im mittleren Treppenaufgang und zwei prachtvolle Aras durchqueren das Zelt und landen auf seinen ausgestreckten Armen. Einer der Aras „überbringt“ einem Mädchen, dass auf der Piste steht, eine Rose. Andere Sittiche durchfliegen Reifen, die von Kinder hochgehalten werden. Das riesige Chapiteau bietet der abschließenden Flugshow der acht Aras ideale Voraussetzungen und elegant ziehen die beeindruckenden Vögel ihre Kreise übers Gradin.
Fliesend erfolgt der Übergang ins Finale, dass von vier Artistinnen mit je einem Ara auf einer Hand eröffnet wird. Unverkennbar in Stil und musikalischer Begleitung, dass Louis Knie jun. hierbei Regie geführt hat. Schwungvoll verabschieden sich die Artisten von ihrem Publikum und Veranstalter Emmanuel Horwood bedankt sich für den zahlreichen Besuch.
Nachdem sich die Manege geleert hat und die Massen nach draußen streben, kehrt Matthieu noch einmal zurück. Auf einem Hocker Platz nehmend, befördert er aus einem Geigenkasten ein Glockenspiel hervor und mit einer verträumten Melodie lässt er im huschenden Licht einer Spiegelkugel die Menschen noch einmal für einige Augenblicke verharren.

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