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Text und Fotos Friedrich Klawiter
15. FESTIVAL INTERNATIONAL DU CIRQUE DE NAMUR
Namur, 02. November 2019

http://festival-cirque-namur.com
Zum 15. Mal führt Impresario Emmanuel Horwood das größte Circusevent in Namur, der lebhaften Metropole inmitten der belgischen Wallonie, durch. Die Zeltanlagen sind traditionsgemäss auf der „Esplanade du Citadelle“ hoch über der Stadt aufgebaut und wie immer sind viele hochkarätige Acts der Einladung gefolgt. In einem festlichen Ambiente wird beste Circus-Unterhaltung geboten.
Das technische Equipment des Festivals stellt wiederum Louis Knie jr. mit seinem Circus zur Verfügung.
Die große Fassade ist in fünf Segmente gegliedert und besteht aus riesigen blauen Bannern, die mit Abbildungen von Preisträgern vorangegangener Produktionen bedruckt sind und über dem Portal prangt das Logo des Events.
Das große weiße Chapiteau mit roten Applikationen ist mittels eines Tunnels mit dem Vorzelt verbunden. Stallungen und großzügig bemessene Paddocks beanspruchen den Platzes dahinter; die Transportfahrzeuge und Wohnwagen sind in langen Reihen rechts und links der Zeltanlagen aufgefahren.
Rot ist die vorherrschende Farbe im Innern der festlich gestalteten Zeltanlagen. Teppichboden, Seitenwände, Verkaufswagen und Stände im Foyerzelt sind in diesem Ton gehalten. In einer Vitrine sind die Siegertrophäen, individuell gestaltete kunstvolle Plastiken aus edlen Metallen zu bestaunen.
Der riesige Artisteneingang, aus edlem roten Samt mit goldfarbenen Akzenten, bietet auf einem Podium dem vorzüglich aufspielenden Orchester Platz. Die Logen sind ebenfalls mit dem edlen Tuch bespannt und im Dekor perfekt abgestimmt. Den restlichen Raum nimmt ein zehnreihiges Klappsitzgradin ein.

Unter der erneuten Regie von Louis Knie jr. wurden die Festival-Darbietungen zu einer exzellenten, mitreißenden Show mit einem sich stetig steigernden harmonischen Spannungsbogen geformt. Mit einem erstklassigen Lichtdesign und ebensolcher musikalischen Begleitung wird die Show in stimmungsvoller Atmosphäre erstklassig in Szene gesetzt. Tino Aeby und seine Musiker sorgen für den mitreißenden Sound.
Emmanuel Horwood lässt es sich nicht nehmen wiederum den Part des Manegensprechers zu übernehmen. Er führt als eloquenter „Monsieur Loyal“ gekonnt durchs Programm.
Das Opening der aktuellen Jubiläums-Show ist eine Hommage an die fünfzehn Jahre Festival du Cirque in Namur. Auf eine große Leinwand vor dem Artisteneingang werden zahlreiche Fotos, die die Entwicklung von den Anfängen bis in die heutigen Tage belegen, projiziert.
Zu Beginn des Programms präsentiert Kevin Probst eine Freiheit mit acht Eseln. Vier graue und vier weiß gescheckte Langohren geben in der Manege ein dekoratives Bild. Souverän lässt der versierte Dresseur die vielseitigen Figuren ausführen und die oftmals als störrisch verschrienen  Esel zeigen sich kooperativ und befolgen die Kommandos prompt..
Jongleurin Lena Smaha bestreitet die ersten Touren ihres Auftritts mit Bällen. Bis zu vier werden virtuos manipuliert. Im Folgenden sind Keulen das Requisit der Wahl. Variantenreiche Routinen erfolgen in sicherer und temperamentvoller Ausführung. Schließlich werden fünf Keulen in der Luft gehalten und zum Abschluss jongliert die Artistin fünf beleuchtete Keulen im abgedunkelten Zelt.

Clown Berty, alias Engelbert Balder prägt die Show mit seinen diversen Auftritten. Zunächst zeigt er sich im Zusammenspiel mit Emmanuel Horwood als großer Magier, der Weinflaschen nach Belieben den wechseln und sich vermehren lässt. Ein lebensgroßer (Kostüm)-Strauß ist als vorwitziger „Kollege“ des Clown zu erleben. In weiteren Auftritten sammelt der Clown den Applaus, der ihm beim kehren der Manege gespendet wird, in einer großen Tonne und ein Limbotanz mit Zuschauerbeteiligung nimmt ein spezielles Ende. Schließlich tritt er als Kunstmaler auf, der anstelle seiner beiden Modelle eine von ihnen gehaltene „Blume“ porträtiert.
Asia Perris verzaubert das Publikum mit ihrer Handstand-Equilibristik. Auf einer runden weißen Plattform arbeitend reiht die junge Frau die vielfältigen Tricks mit fließenden Übergängen aneinander. Ein ums andere Mal macht sich Verblüffung auf den Rängen breit, wenn sie aus dem Spagat, scheinbar ohne jede Anstrengung, einfach durch zusammenziehen der Beine wieder in den Stand gelangt.
Eine, nicht zuletzt durch die musikalische Begleitung, dramatisch inszenierte Darbietung arbeitet Sergey Novikov an den Strapaten. Auf einem dicken Kissen windet sich der Artist zu Beginn unter zahllosen weißen Bändern hervor und schwingt sich sodann an den Strapaten in die Kuppel. Seine verschiedenen Trickfolgen enden allesamt mit einem, zunächst von Schreckensrufen begleiteten, Fall aus großer Höhe auf das Kissen.

Melany Lester kombiniert ihre Luft-Darbietung am Ring mit Handständen und Kontorsionen in und auf einer Water-Bowl. Selbstverständlich darf auch der Sprung aus der Höhe in die Fluten nicht fehlen.
Juniorchef Julian Horwood ist in dieser Spielzeit erstmals in der Festival-Manege zu erleben. In einem fröhlichen, ausgelassenen Spiel präsentiert er sechs schwarz-weiße Hunde. Rasant und und voller Eifer sind die Vierbeiner bei der Sache und zeigen eine Vielzahl verschiedener Sprünge.
Der rasante Rollschuh-Act der Skating Dalton ist vor der Pause zu erleben. Zahlreiche Tricks des Genres erfolgen in gekonnter Ausführung und in stetig nimmt deren Schwierigkeitsgrad zu.
„The Time Machine“ - die bestens bekannte Magic-Show von Jimmy Saylon eröffnet den zweiten Programmteil. Im Steam-Punk Look präsentieren der Magier und seine vier Assistentinnen die verschiedenen Groß-Illusionen.

Zwei Mal ist Alessio Foccesato mit seinen prächtigen Papageien in der Show vertreten. Der Act mit sechs Aras und kleinen Sittichen beginnt nun mit den großen Vögeln auf der Rutschbahn. Dann folgen die bekannten Abläufe, in die auch Besucher eingebunden sind. Die lautlos dicht über die Köpfe des Auditoriums schwebenden Papageien begeistern das Publikum stets aufs Neue.
Wenig später wird Alessio von „Tortuga“, einer sprachgewandten Gelbstirn-Amazone begleitet. Im Dialog mit Emmanuel Horwood beantwortet der Papagei deutlich und gut verständlich eine Reihe an ihn gerichteter Fragen und zeigt sich als perfekter Tierstimmen-Imitator.
Eine außergewöhnliche und begeisternde Diabolo-Jonglage bieten die vier jugendlichen, aus Taiwan stammenden, Artisten der „Diabolo Walker“. In hohem Tempo wechseln die Akteure fortwährend ihre Positionen und lassen die Diabolos in vielfältiger Weise durch die Reihen fliegen. Dann werden die Requisiten gewechselt. Je zwei Jongleur halten eine fünf bis sechs Meter lange Schnur und die Diabolos ziehen darauf ihre Bahnen. Sie umrunden die Körper der Artisten und fliegen durch den Raum.
Der Höhepunkt des Programms, und völlig zu Recht als Finalnummer platziert, ist die herausragende Hand-auf-Hand Darbietung des Duo Vitalys. Die beiden peruanischen Artisten arbeiten eine Abfolge äußerst kraftraubender Tricks, von denen sehr viele andernorts als Höhepunkt des Auftritts geboten werden. Der Schlußtrick des Duo reißt die Zuschauer förmlich von den Sitzen. Mit dem Partner, im Kopfstand freihändig auf dem Kopf des Untermannes verharrend, steigt dieser die fünf hohen Stufen vom Piedestal in die Manege hinab und umrundet diese einmal komplett, um hernach wieder auf den Piedestal zurück zu kehren. Chapeau.
Mit einem großen und schwungvoll präsentierten Finale klingt dieses hochkarätig besetzte und unterhaltsame Programm aus. Mit Standing Ovations feiert das Publikum die Artisten und und Impresario Emmanuel Horwood bedankt sich, auf dem Piedestal tanzend, für den Applaus und verspricht eine Neuauflage der Veranstaltung im kommenden Jahr.