Text und Fotos Friedrich Klawiter
19. FESTIVAL DU CIRQUE DE NAMUR
Namur, 26. Oktober 2024
www.festival-cirque-namur.com
Zum neunzehnten Mal fand das von Impresario Emmanuel Horwood ins Leben gerufene große "Festival du Cirque de Namur" nun statt. Die aktuelle Ausgabe bietet wiederum eine gelungene Symbiose traditioneller Circuskunst mit Elementen moderner Circus-Shows und wie stets wird das hochkarätig besetzte Programm in exzellenter Weise präsentiert.
Am angestammten Platz, dem städtischen Circusplatz auf der hoch über der Stadt gelegenen „Esplanade de la Citadelle“ ist der Circus in großzügiger Formation aufgebaut.
Das techniche Equipment kommt vom schwedischen Circus Brazil Jack. Die Zeltanlagen in einem frischen gelb-roten Streifendekor leuchten in der Herbstsonne. Vier runde Stahlmasten überragen die lange Kuppel des Chapiteau bei Weitem und zahlreiche Lichterketten schmücken die Zelte und sorgen in der nun wieder früh einsetzenden Dämmerung für eine romantische Stimmung.
Die moderne große Fassade, ein mehrteiliger Rahmen aus Gitterrohrträgern mit bunt bedruckten Spannbändern in den verschiedenen Feldern, schließt die Frontseite des Geländes ab.
Die gelb-roten Fahrzeuge des Circus Brazil Jack nehmen die linke Platzseite ein und auf der anderen Seite sind die zahlreichen Wohnwagen der Artisten und Mitarbeiten in langen Reihen aufgefahren.
Die Zeltanlagen atmen im Innern sehr viel Atmosphäre. Roter Teppich bedeckt den Boden und roter Stoff am Rondell des Vorzeltes vermitteln Wärme. Ein Tonnendach-Verkaufswagen auf der einen Seite sowie gegenüberliegend weitere Stände und eine Champagnerbar füllen den Raum.
Heimelig und etwas nostalgisch wirkt das Spielzelt mit den runden Stahlmasten und der roten Gurtung auf der blauen Plane. Verstärkt wird dieser Eindruck von den im weiten Rund angeordneten Sturmstangen. Ein achtreihiges Schalensitzgradin, drei Reihen gepolsterter Logenstühle, Leuchtpiste und ein dreigliedriger weinroter Artisteneingang mit Musikerpodium bilden die Einrichtung.
Die Lichtanlage wurde nochmals erweitert und wird von Cedric Horwood in hervorragender Weise eingesetzt. Mit seinem ausgeklügelten Lichtdesign setzt der junge Mann die auftretenden Artisten in Perfektion in Szene.
Das sechsköpfige polnische Orchester und der Leitung von Artur Palusz begleitet die Show größtenteils mit seinem voll tönenden Sound live.
Clown „Don Christian“ übt mit dem Publikum den richtigen Applaus ein – dann nimmt die Show ihren Lauf.
Sirrend schwebt ein beleuchtetes Flugobjekt über der Manege und schon bald kommen weitere hinzu. Sie bilden verschiedene Formationen und wechseln die Farben. Mit diesem Drohnen-Ballett gestaltet Luis Lugo ein interessantes Opening, das die Besucher fasziniert.
Impresario Emmanuel Horwood lässt es sich nicht nehmen auch in dieser Spielzeit wieder eloquent die Rolle des „Monsieur Loyal“zu übernehmen. Er stellt seine Artisten vor und versteht es ausgezeichnet seinem Publikum allerlei interessante Informationen zu vermitteln.
Der mexikanische Jongleur Pablo Martinez präsentiert sein Können in hohem Tempo Mit silbernen Keulen werden die ersten Touren absolviert. Weiter geht es mit Tischtennisbällen, die aus dem Mund hoch katapuliert und sicher wieder gefangen werden. Temperamentvoll hält er schließlich Sombreros in der Luft und der letzte wird mit einem weiten Hechtsprung knapp über dem Manegenboden gefangen.
Sechs muntere Shetland Ponys trippeln ihre Figuren in den Manegensand. Souverän lässt Tierlehrer Rudi Althoff die Minipferde ihr umfangreiches Repertoire ausführen. Nach einiger Zeit kommen weitere sechs schwarze Ponys hinzu und mit dem Zwölfer-Zug nimmt der Auftritt seinen weiteren Verlauf.
Die zweite Darbietung mit tierischer Beteiligung ist die abwechslungsreiche Tauben-Revue von Andrej Fjodorovs. Die vielseitigen Abläufe sehen optisch sehr unterschiedliche Tauben in Aktion. Zudem sind zwei weiße Spitze in den umfang- und abwechslungsreichen Auftritt integriert.
Clown „Don Christian“ ist einige Male zu erleben. Zunächst ist er mit einem gelben Ballon zu Gange, der im Verlauf der Reprise in immer größere Exemplare eingetauscht wird. Letztlich schwebt der Clown als „Anhängsel“ eines etwa drei Meter Durchmesser messenden Ballon durch die Zeltkuppel. Mit seiner Trompete heizt er wenig später dem Publikum ein und animiert es zu gemeinschaftlichen Tanzbewegungen. Im zweiten Programmteil wird im Zusammenspiel mit fünf Zuschauern geboxt. Vier Herren markieren die Pfosten des Boxrings und der fünfte gibt den Gegner des clownesken großen Boxers.
Enorme Körperbeherrschung, Kraft und Eleganz vereint Suellen Sforzi in ihren Kontorsionen zu einem harmonischen Ganzen. Die grazile Italienerin verbiegt ihren Körper, zum großen Erstaunen des Publikums, in extreme Positionen. Zum Höhepunkt ihres Auftritts schießt sie mit ihren Füßen einen brennenden Pfeil durch drei Ballons auf eine Zielscheibe und löst ein Feuerwerk aus.
Vor der Pause ist das „Fliegende Trapez“ der Truppe „Flying Sergio“ platziert. Zwei Herren und eine Dame beherrschen als Voltigeure eine Reihe gängiger Tricks des Genres. Passage und ein sehr sicher ausgeführter dreifacher Salto markieren die Höhepunkte des Auftritts.
Der zweite Teil beginnt mit einer weiteren, hervorragenden Darbietung in der Kuppel. Vioris Zoppis startet seine enorm kraftvollen weiten Flüge an den Strapaten von einer Plane in der Manege, deren flacher Rand das sie bedeckende Wasser zurückhält. Auf dieser Unterlage erfolgen eine Reihe anspruchsvoller und erstklassig ausgeführter Handstandfiguren. Zahlreiche Überschläge an den Strapaten und das freihändige gleiten in den Spagat sind Höhepunkte des Auftritts.
Die große Laser-Show des Duo Lugo, in der vergangenen Saison im Zirkus Charles Knie zu sehen, markiert ein weiteres Element des modernen Circus.
Eine formidable Handstand-Equiliristik, mit vielen heutzutage kaum noch zu sehenden Abläufen präsentiert Giordan Alessandrini. Der sympathische junge Artist läuft und springt eine Treppe im Handstand und Einarmer hinauf und hinab. Er lässt einen Reifen um den freien Arm rotieren, während er, mit einer Hand die Stelze haltend, Stufe um Stufe die Treppe hinaufspringt.
Den tempogeladenen Schlusspunkt bieten die Skating Jaster mit ihrem rasanten Rollschuh Act. In sehr hohem Tempo absolvieren die beiden ihr umfangreiches Repertoire. Viele verschiedene hochkarätige Tricks des Genres werden in erstklassiger Manier ausgeführt und der dynamische Auftritt kommt beim Publikum bestens an.
Natürlich mündet auch diese Show in ein stimmiges Finale, das alle Mitwirkenden noch einmal in der Manege vereint. Direktor Emmanuel Horwood stellt seine Artisten, die vom Publikum mit frenetischem Applaus gefeiert werden, noch einmal vor und verspricht die Neuauflage der Veranstaltung im kommenden Jahr.