Text und Fotos Friedrich Klawiter
MEXICAN CIRCUS
Caponago, 12. September 2009

www.kodantymexicancircus.com
Die Familie Kodanty präsentiert den Mexican Circus in zwei Manegen – dies verheißen die farbenfrohen Plakate, die in großer Anzahl im Ort platziert sind. In Caponago, nicht weit und östlich von Mailand gelegen, hat man  am Rande der Wohnbebauung aufgebaut. Es ist ein mittelgroßer Circus mit recht umfangreichem Material, den wir vorfinden. Ein rot-weißer rechteckiger größerer, mit relativ flacher Kuppel, Viermaster ist wohl schon seit Jahren im Einsatz. Die Fahrzeuge sind komplett in rot gehalten. Die Front wird von einem größeren Zeltdach, der Kasse und einem weiteren Wagen gebildet. Ein schlichter Zaun mit einem fahnengeschmückten Durchgangsbogen vervollständigt das Ensemble.

Ein farblich passender Stall bietet den Pferden und Exoten in Einzelboxen Platz. Das im Inneren rote Chapiteau enthält außer den Logen drei hölzerne Tribünen. Zwischen den Masten findet sich eine viereckige Spielfläche ohne Sägespäne. Die Abgrenzung wird mit kniehohen Zeltplanen vorgenommen. Im hinteren Teil des Zeltes ist eine breite Bühne mit einem Artisteneingang aus rotem Stoff vorhanden. Aktivitäten finden während der Vorstellung allerdings keine darauf statt. Die Musik kommt von CD. Die Lichtanlage macht einige Effekte möglich, wobei die Regie generell eine sehr helle  Allgemeinbeleuchtung favorisiert.
Unter dem Dach eines Zweimasters steht die Restauration und beim abendlichen Einlass, Vorstellungsbeginn ist um 21:30, wird der ganze Vorbereich malerisch beleuchtet.


Man wirbt mit einer „großen Menagerie mit mehr als zweihundert Tieren aus allen Erdteilen“.  Dies trifft auch in weiten Teilen zu. Mit dem Circus reist die Familie Niuman und ihre große Reptilienshow. Zwei Krokodile, eines davon in wirklich respektabler Größe leben in einem Auflieger. Ein zweiter ist zu größten Teilen mit einem Aquarium gefüllt. Darin befinden sich ein halbes Dutzend Haie von bis zu einem knappen Meter Länge. Hinter den beiden Wagen ist ein größeres Zelt errichtet, indem in zahlreichen Terrarien und Volieren Würge- und Giftschlangen, Echsen, Leguane, Chamäleon, Waran, Kaninchen, Sittiche,  Flughunde, Uhu und verschiedene Vogelspinnen zu besichtigen sind.

An diesem Wochenende gab es in dem Städtchen ein größeres örtliches Fest. Die Häuser im Stadtkern waren mit gelb-weißen Girlanden geschmückt, auf dem Marktplatz gab es eine kleine Bühne mit Requisiten, ein Umzug stellte sich etwa eineinhalb Stunden vor Vorstellungsbeginn auf und später war ein Feuerwerk zu hören. So fanden nur rund drei Dutzend Einwohner den Weg zum Circusplatz, um ein unterhaltsames abwechslungsreiches Programm eines Familiencircus zu erleben.

Nach der Begrüßung aus dem Off, Manegensprecher Paolo Kodanty bleibt während der ganzen Vorstellung unsichtbar, präsentiert Clay Kodanty vier Doppelponys. Die Figuren werden flott absolviert. Anschließend sehen wir die Antipodenspiele von Miss Anita. Mit verschiedenen Requisiten werden gängige Jonglage-Muster dieser Disziplin versiert geboten.
In mehreren Auftritten erheitert Clown Cariola mit seiner Partnerin Spinella die Zuschauer. In dieser Maske agiert Clay Kodanty. Zunächst jongliert er in bekannter Manier mit Küchenutensilien. Das „verbotene musizieren“ mit Cassettenrecorder und Mülltonne darf natürlich nicht fehlen. Wenig später folgt eine Tellerjonlage. Das verwendete Gestell erweist sich wahrlich als manegenfüllend. Als Magier wahrt er den Nimbus, bis zu dem Moment, als seine „schwebende Jungfrau“ es zu gut meint.
Vor der Pause präsentiert er, gleichfalls im Clownshabitus, das Exotentableau des Mexican Circus. Ein Shetlandpony, ein Lama und Ziege, ein Känguru, ein Watussi, zwei Enten und ein Emu sind in dieser Abfolge in der Manege präsent.
 
Zwei akrobatische Nummern steuert der chinesische Artist Chu Sen zum Programm bei. Zum einen zeigt er als Spiderman Können und Kraft an den Strapaten. Den zweiten Teil eröffnet er mit einer Meteoren-Darbietung. Beide Nummern werden mit Tai Ci Posen sowie Handstand-Elementen aufgelockert und ergänzt. Auch der Pressesprecher und Tourneemanager des Circus, Gabriel Lombardo, tritt als Artist in Erscheinung. Er hat ein Face-Changing mit fünf Masken einstudiert und präsentiert seine Kunst in einem sehr edel wirkenden Kostüm.
Als sehr guter Jongleur erweist sich Jarno Kodanty. Sicher und versiert werden vielfältige Routinen mit bis zu fünf Keulen präsentiert. Dann kommt sein etwa acht- oder neunjähriger Sohn in die Manege und zeigt beachtliches Können in perfekter Ausführung mit drei Zigarrenkistchen. Passend zum Circusnamen werden die finalen Routinen der Jonglage von Jarno Kodanty mit Sombreros ausgeführt.

„Mister Jones und die Niuman' s“ sorgen mit ihrer großen Reptilienshow für den gewissen Kick und Nervenkitzel in diesem Rahmen. Zunächst werden die obligatorischen Boas in größerer Zahl ausgepackt und in der Manege platziert. Dann folgt das kleinere der beiden Krokodile. 'Mister Jones' legt es zunächst mit der Schnauze über die Brüstung einer besetzten Loge ab. Dann kann es sich mehr oder weniger unbeaufsichtigt in der Manege bewegen, was es auch ausgiebig und recht flott tut. Ein Chamäleon findet seinen Platz auf einem Ast und dann wird mittels eines Schlangenhakens eine, wenn wir richtig verstanden haben, Sandviper aus einem Kästchen in der Manege abgelegt. Im Umgang mit dieser gefährlichen Giftschlange legt der Vorführer besondere Umsicht an den Tag. Nachdem sie wieder in ihrem Behältnis untergebracht wurde, darf eine Vogelspinne „in Freiheit in der Manege“ bei Teilen des Publikums für Gänsehaut sorgen.

Unter dem Künstlernamen 'Birillo' ist es an Jarno Kodanty die Finalnummer zu arbeiten. Zusammen mit Gabriel Lombardo als Passagier sorgt er mit seinem komischen Taxi für die letzten Lacher dieser Show. Die üblichen, genregegebenen Gags werden routiniert präsentiert und der knallgelbe R4 wird säuberlich in Einzelteile zerlegt. Überraschender Weise und wohltuend, besonders für den nicht immer schussfesten Rezensenten, man verzichtet vollkommen auf laute Explosionen per Feuerwerkskörper.

Das Finale ist kurz und zeigt, dass es keiner großen Artistenschar bedarf, interessanten und unterhaltsamen Circus zu machen. Die Zuschauer sparen nicht mit  Applaus für diesen Familiencircus, dessen Verbindung zu Mexiko überschaubar bleibt. Die mexikanische Attitüde des Circus zeigt sich außer im Plakatmotiv in der Mariachimusik zwischen den Nummern. 
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