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Text und Fotos Friedrich Klawiter
CIRQUE MEDRANO
Metz, 13. September 2014

www.cirque-medrano.fr
Der „Cirque Medrano“, eine der bis zu fünf Circus-Einheiten die die S.A.R.L. Arena Production in Frankreich auf Tournee gehen lässt, gastiert alljährlich im Sommer im Elsass und in Lothringen. Die diesjährige Produktion überrascht erstmals mit einem durchgängig gestalteten Programmteil unter einem Motto. Aber nicht nur das, auch bei der Optik des Unternehmens gibt es Veränderungen.
In Metz war der Circus, der überwiegend Eintagesplätze mit zwei Vorstellungen hält, zu einem dreitägigen Gastspiel, in dessen Verlauf acht Shows geboten wurden auf dem Festplatz aufgebaut.
Im Zentrum der langgestreckten Front steht der bekannte Kassenwagen, den der Circus seit Jahren einsetzt.  Er wird von zwei Sattelzügen flankiert, deren Schiebeplanen den Circusnamen in großen Lettern tragen und ein Zeltdach spannt sich über den Eingangsbereich. Eine mehrere Meter hohe, aufblasbare Clownsfigur komplettiert die Front und Flaggen am Kassenwagen, auf dem Vorzelt und dem Rondell des Chapiteau transportieren Atmosphäre. Die Zeltanlagen zeigen ein spiralförmiges Streifendekor in gelb und pink. Die langgestreckte Kuppel des Chapiteau ist mit dem Circusnamen beschriftet und acht Quderpools formen die Silhouette des Zeltes. Angesichts des sommerlichen Wetters wurden die Seitenwände des Vorzeltes offen gelassen und der große moderne Verkaufswagen der Circusrestauration hat seinen Platz unter dem Dach. Rote Samtbehänge geben dem mit einem reichhaltigen Warenangebot bestückten Innenraum eine angenehme Atmosphäre und einige Bierbankgarnituren nehmen den übrigen Raum des Vorzeltes ein.
Die meisten Fahrzeuge sind bereits in einem neuen Farbschema lackiert, bei anderen sind die Arbeiten noch im Gange. Die Führerhäuser der Zugmaschinen glänzen im oberen Teil in kräftigem gelb, derweil der übrige Teil und die Sattelauflieger und Anhänger in kräftigem pink gehalten sind. Der gesamte Fuhrpark ist, wie auch das übrige Material, für schnelles reisen optimiert und wird in einer einzigen Fahrt von einer zur anderen Stadt verlegt.
Ein geräumiger Stall mit ebensolchen Freigehegen steht den Ponys, Kamelen und Lamas des Circus zur Verfügung. Gleichfalls hinter dem Zelt sind die Voliere der Papageien von Juan Gutierrez und die Raubtieranlage von Sandrine le Bris aufgebaut. Die Wohnwagen der Artisten komplettieren das Equipement.
Im Chapiteau ist ein zehnreihiges rotes Einzelklappsitzgradin hinter den vierreihigen Logen errichtet. Die Logenbrüstungen, Piste und sämtliche Geländer sind nun mit rotem Samt überzogen und nach wie vor bildet eine breite deckenhohe Bahn aus rotem, mit unzähligen Glitzersteinchen besetztem Stoff den Artisteneingang. Die Konturen der Buchstaben des Namenszuges am oberen Rand werden nun von dutzenden LED-Lichtern erleuchtet.
Die Lichtanlage wurde deutlich erweitert, zusätzlich mit Kugelköpfen ausgestattet und erlaubt nun auch einige Effekte. Von bemerkenswerter Qualität ist die Surround-Tonanlage, die auch bei großer Lautstärke für klangreine Wiedergabe der von CD eingespielten Musik sorgt.

Ein im französischen Circus allgegenwärtiger „Monsieur Loyal“ begrüßt wortgewandt mit sonorer Stimme das zahlreich erschienene Publikum, dann startet die Spielfolge mit einer Raubtierdressur.
Gary Ambrose präsentiert in Vertretung von Sandrine le Bris deren drei Löwinnen und zwei Tiger. Souverän und routiniert lässt der erfahrene Dompteur die zahlreichen Tricks ausführen. Pyramide und Sprünge über eine Feuerbarriere werden genauso sicher geboten, wie Hochsitzer, Löwenbar mit Übersprung durch einen Tiger und abliegen aller Tiere in der Manege. Ein Scheinangriff lockert die Abfolge auf und lässt die Stimmung auf den Rängen steigen. Mit beeindruckenden Hochsitzern am Platz klingt der Auftritt gekonnt aus.
Mit dem ersten Auftritt einer Sängerin, die eine neue Medrano-Hymne in eingängigem Popsound vorträgt, wird der Käfigabbau überbrückt.
Alfredo Rodriguez jongliert mit Tempo und variantenreich mit verschiedenen Requisiten. Er startet seine Routinen mit drei Keulen und steigert dann über vier auf fünf, die sicher manipuliert werden. Mit kleinen Bällen erfolgen die nächsten Touren, zu deren Ende die Requisiten in kleinen Gürtelsäckchen landen. Zum Finale seines Auftritts hantiert der quirlige Artist mit Sombreros.
Die meisten Darbietungen werden vom hauseigenen Ballett in stimmigen Kostümen und flotten Choreographien, oftmals mit Unterstützung durch harmonischen Live Gesang in idealer Weise eingeleitet. So ist denn jederzeit Action in der Manege und dunkle Umbaupausen zwischen den einzelnen Darbietungen werden vermieden.
Princess Pocahontas, alias Melany Dalton arbeitet eine anmutige Handstandequilibristik im Indianer-Look. Die elegant und kraftvoll ausgeführten Handstandtricks finden in einer Reihe Kontorsions-Elemente eine gelungene Ergänzung und ein mit den Füßen ausgeführter Pfeilschuß beendet die Darbietung.

Zwei routiniert ablaufende Dressurdarbietungen werden in der besuchten Vorstellung letztmalig von Karin Houcke, sie wechselt anschließend in die USA zur Hanneford Corporation, vorgeführt. Das sind zum einen die Bauernhoftiere, deren Auftritt im Cowboy-Look gestaltet wurde. Zwei mächtige braun-weiße Kühe zeigen Elemente der Freiheitsdressur und alsbald gesellen sich drei Wollschweine hinzu. Die Kühe nehmen ihren Platz auf Postamenten ein, derweil eine Gänseschar ihre Runden dreht. Ihnen folgen zwei Ziegen und Barrieresprünge zweier Ponys. Ein Pony-Steiger beendet die mit lebhaften Beifall aufgenommene Nummer. Wenig später lässt die versierte junge Dresseurin vier Kamele zusammen mit vier Lamas variantenreiche Figuren ablaufen.
Das vietnamesische Duo Thu Hiep arbeitet starke Tricks am Washington Trapez. Bei seinen Soloaktionen zeigt der männliche Part kraftvolle Handstandvariationen am weit ausschwingenden Requisit. Ein furioser Zahnhang-Nackenwirbel der Partnerin ist der Höhepunkt der Evolutionen.
Mit spektakulärer Action im Globe of Death geht es in die Pause. Die Extrem Bikers jagen zu dritt durch die relativ kleine Motorradkugel und lassen mit ihren Stunts die Spannung im weiten Rund steigen. Bei der Fahrt zu dritt zieht ein Akteur seinen Helm ab, reicht ihn zum nächsten Artisten und schließlich landet er wieder auf dem Kopf seines Besitzers.

Der zweite Programmteil ist als komplett durchgängige Show konzipiert und das Motto „La Magie de Las Vegas“ wird gekonnt mit Leben erfüllt. Eine hohe Showtreppe, deren Stufen mit Lichteffekten versehen ist, teilt den Artisteneingang mittig. Unter dem weißen Manegenteppich ist ein Holzboden verlegt. Der Chinesische Mast  des Duo Wang Young ist aufgebaut und auf einer Parkbank turtelt ein Pärchen. Ballett und Sängerin stimmen zu entsprechendem Sound auf eine große Las Vegas Revue ein, als die junge Frau des Pärchens „entführt“ wird. Clown Jorge Alexis schiebt auf einer Karre ein großes Paket vor die Treppe und Magier Nicolas Delposo lässt es an einem Luftballon schweben. Wenige Augenblicke später entsteigt ihm die „entführte Braut“, die nun ein Showkostüm trägt.
Die an dieses Eröffnungsszenario anschließende Mastakrobatik sieht in jener Show nur einen Akteur und fällt dadurch ein wenig kurz aus. Nichts desto Trotz werden anspruchsvolle Tricks gearbeitet, die mit spektakulären und knapp über der Erde abgefangenen Abfallern beendet werden. Mit einem longengesicherten Salto, in großer Höhe ausgeführt und am Mast gelandet, hat die Nummer ihren Höhepunkt.
Die Roller Daltons bieten zu dritt rasante Rollschuhartistik. Wechselweise wirbeln die beiden Porteure die Voltigeuse umher. Alle relevanten Tricks des Genres werden in erstklassiger Ausführung und hohem Tempo dargeboten.

Breiten Raum nimmt, folgerichtig bei dem gewählten Motto, die Illusions-Show von Nicolas Delposo ein. Zusammen mit seinen vier Assistentinnen bietet der junge Magier eine umfassende Auswahl attraktiver Großillusionen. Darüber hinaus wird ein Zuschauerkind in den Auftritt eingebunden und mit diesem zusammen wird ein kleiner Tisch durch den Raum schweben lassen. Charmant dargeboten kommt die Magic-Show beim Publikum ausgezeichnet an.
Clown Jorge Alexis bietet sein Entree mit dem Sprechstallmeister als seriösem Gegenpart.  Als musizierender Störenfried der Manege verwiesen, beantwortet er alle rhetorischen Angriffe des Sprechers mit einem stoischen „pourquoi“ (warum) und lässt damit die Kinder immer lauter jauchzen. Die folgenden körperlichen Züchtigungen seitens der Autorität münden schließlich in einen Karatekampf, der unter lautstarkem Jubel der kleinen Zuschauer in einem wilden Schlagabtausch endet. Mit einem stimmungsvollen Solo auf dem Saxophon verabschiedet sich Jorge Alexis aus der Manege.
Den Schlußpunkt in der Programmfolge setzt die „Golden African Troupe“ mit einem vorzüglichen Hand-auf-Hand Act. Die drei ganz in weiß gekleideten jungen Schwarzafrikaner begeistern mit kräftezehrenden und perfekt ausgeführten Tricks. In zahlreichen verschiedenen Formationen werden die Handstände auf den Untermännern elegant ausgeführt.
Im großen Finale wird das Thema „Las Vegas“ noch einmal eindrucksvoll visualisiert. Ballett und Sängerin sorgen für den passenden Rahmen, derweil die Artisten die Showtreppe hinab, und noch einmal namentlich vorgestellt, in die Manege kommen. Wie stets mündet das Medrano-Finale in eine schwungvolle Choreographie und mit donnerndem Applaus verabschiedet das begeisterte Publikum die Akteure.
Erstmals überrascht der Cirque Medrano mit einer ansprechend zu einem Motto gestalteten Show an Stelle eines schlicht abgearbeiteten reinen Nummernprogramms. Interessante Dressurgruppen und starke artistische Auftritte werden so noch einmal aufgewertet und auch die Investitionen in das Material tragen dazu bei, einen Besuch dieses Circus zu einem nachhaltig positiven Erlebnis zu machen.