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Text und Fotos Friedrich Klawiter
CIRCUS MEDRANO
Sarreguimenes, 10. Juli 2009

www.cirque-medrano.fr
Der Name 'Medrano' hat in Frankreich einen großen Klang. Leitete Jerome Medrano den, von seinem Vater als 'Cirque Fernando' gegründeten, Circus mit seinem festen Haus in Paris während fünfunddreißig Jahren bis 1963 und war der große Konkurrent der Bougliones mit ihrem 'Cirque d' Hiver'. Etliche Circusse nutzen und nutzen immer noch den berühmten und klangvollen Namen. In Frankreich reist Raoul Gibault sehr mehr als zwanzig Jahren unter dieser Flagge. Nutzte man in der Anfangszeit  Hallen in den Gastspielstädten, ist im Laufe der Jahre ein ansehnlicher größerer Circus entstanden.
Das blau/rote Chapiteau hat, genau wie der Kassenwagen mit der dekorativen Fassade, das Licht der Circuswelt in Skandinavien erblickt. Der umfangreiche moderne Fahrzeugpark ist in rot, bzw. rot/creme gehalten. Die Kasse alleine bildet die recht spartanische und schmucklose Front. Insgesamt wirkt das Material sauber und gepflegt.
Zum Tierbestand zählen alle klassischen Circus-Großtierarten, für die geräumige Gehege zur Verfügung stehen. Im vergangenen Jahr wurde einiges Material von Barum gekauft. Mitgeführt werden aktuell nur die Mannschaftswagen. Das ehemalige Barum-Chapiteau wird nur in den Großstädten, die im Herbst und Winter besucht werden, aufgebaut. Im Frühling und Sommer hält man überwiegend Eintagesplätze ohne Ausfaller. Meist werden fünf Städte pro Woche besucht.

Die Plakatwerbung war intensiv und zusätzlich werden die Haushalte per Post vom Medrano-Gastspiel informiert. So waren denn die Logen und das siebenreihige, komplett mit Schalensitzen bestückte, Gradin fast bis auf den letzten Platz besetzt, als Rita Labahn mit ihrer Tigerdressur die Programmfolge startete. Als 'Princess Labahn' annonciert, hat sie in diesem Jahr auch die Vorführung der von Medrano neu erworbenen, ehemals Patrick Tessier gehörenden, fünf Tiger übernommen. Betont ruhig in relativ großer Distanz agierend, leitet sie die Katzen zu Pyramide, Sprung, abliegen, roll-over und einem Rückwärtssteiger an. Beim Umbau der Postamente wird sie von einem Requisiteur unterstützt, der kurz in den Käfig kommt. Ein Lauf über zwei Stangen ist Höhepunkt und Abschluss der Darbietung. Ein zweites Mal sehen wir 'Princess Labahn' mit den drei Medrano-Elefanten. Die beiden Inderinnen und eine Afrikanerin werden in der gleichen Trickfolge wie im Vorjahr vorgestellt. Zwei männliche Figuranten bilden einen ungewohnten optischen Kontrapunkt zur Vorführerin.
Stefanie Chen und ihr Partner wurden vom Vorjahr prolongiert. Sie überbrückt mit ihrer Kür am Ring den Abbau des Zentralkäfigs. Eingeleitet wird diese Nummer, ein wenig unmotiviert, von einer Tai-Chi Sequenz ihres Partners auf einem Treppenaufgang. Ihn sehen wir zusammen mit einem weiteren jungen Mann an den Strapaten. Dieser Auftritt erfährt seine Eröffnung durch ein vierköpfiges Herrenballett.
Als ominpräsenter Monsieur Loyal wirkt Marco Mariani auch in diesem Jahr wieder bei Medrano mit. Er bringt den Medrano-Marsch zu Gehör und wortreich werden die Artisten „verkauft“. So auch Sebastian Richter, der im ersten Programmteil seine Jonglage mit Ringen und Keulen präsentiert. Sieben Keulen werden zum Abschluss kurz in der Luft gehalten.
Zweimal gibt Carlos Savadra den Reprisenclown. Zunächst versichert er sich der Unterstützung eines Pärchens aus dem Publikum. Die beiden jugendlichen, etwa vierzehn bis fünfzehn Jahre alten Mitspieler erweisen sich sofort als nicht sonderlich spielfreudig, sind für die ihnen zugedachten Rollen einfach zu jung. Dennoch wird in aller Ausführlichkeit 'Motorrad gefahren' und die beiden werden konsequent vorgeführt. Der zweite Auftritt scheint kein Ende zu nehmen. Sieben lange Minuten wird ein größerer Ballon, a la Versace' s Würfel, in, auf und übers Publikum geschubst. So lange, weit länger als erforderlich das Netz der Luftartisten aufzurichten, bis auch dem Letzten das Lachen vergangen ist.
Als Flying Sandros sind vier Herren am Trapez aktiv, die im letzten Jahr – zumindest die Mehrzahl von ihnen – als Flying Reggio bereits hier engagiert waren. Ihre vielfältigen Flüge, u. a. Salto über die Trapezstange, Dreifacher und Passage sind der einzige Höhepunkt in einem bis dahin höchst durchschnittlichen Programm.

Die Pause zieht sich ein wenig hin, der Andrang zum Elefantenfoto ist enorm. Auch die Restauration ist umlagert, was angesichts der Preise, z. B. vier Euro für eine Dose Coca Cola, nicht ganz selbstverständlich ist. Auch der Eintritt ist mit vierundvierzig Euro für Loge und achtundzwanzig Euro auf den allermeisten Gradinplätzen, Kinder zwischen ein und drei Jahren zahlen generell zwölf Euro, nicht gerade ein Sonderangebot.

Den wesentlich stärkeren, spannenderen zweiten Teil eröffnet „Maitre d' Écurie“ Carlos Savadra mit seiner Cavalerie. Zwei weiße und drei braune Araber folgen dem Gewinner des bronzenen Clowns in die Manege. Zu vielfältigen und fehlerfrei vorgetragenen Lauffiguren leitet der Dresseur seine vierbeinigen Partner in seinem eigenwilligen Stil an. Unter Verzicht auf eine Chambriere, er benutzt lediglich eine Gerte, tanzt Carlos Savadra um und mit seinen Pferden, legt die gleiche Distanz wie diese zurück. Einige Da Capos runden die Vorführung ab.
Einige Jahre war das Duo Richter mit seinem Vertikalseil und dem 'wildgewordenen Terrier' in Deutschland bei Manege zu sehen, nun überraschen und erheitern sie das französische Publikum. Im Anschluss die vierte Dressurfolge des Abends. Als 'Achmed Royal' sehen wir den Stallmeister des Circus fünf, mit sehr dekorativen Schabracken behangene, Kamele vorführen.
Aus Portugal kommen die Cardinali Junior. Die dreiköpfige Familie ist ein klassisches Clouwnstrio par excellence. Vater, seine Maske ist sehr stark an Angelo Munoz orientiert und erwachsener Sohn sind die Auguste während Madame Cardinali einen veritablen Weißclown gibt. Witzig, mit viel gekonntem Klamauk und Musikalität ziehen sie das Publikum in ihren Bann.
Die fünf Mitglieder der 'Shaolin-Troupe' begeistert mit fernöstlichen Künsten und Kampftechniken. Zahlreiche beeindruckende Tricks werden gut verkauft. Zum Höhepunkt ihrer Show biegen zwei junge Männer eine Bambusstange, sie stützt sich an beiden Enden mit einer Speerspitze gegen ihre Kehlen, zu einem Bogen.
Bereits im vergangenen Jahr war eine der Diorio Truppen mit ihrer Motorradkugel bei Medrano zu sehen. Sie reißen mit ihren rasanten Fahrten, bei denen bis zu vier Motorräder gleichzeitig in der kleinen Kugel kreisen, das Publikum von den Sitzen.

Das ausgiebigst zelebrierte Finale beginnt recht konservativ und statisch mit einer Flaggenparade aller Artisten. Marco Mariani stellt die Mitwirkenden einzeln vor und dann folgen eine Reihe Zugaben. Ausgiebiges tanzen und kollektive Fröhlichkeit finden in einem Konfettiregen ihren Abschluss. Ein flotter, leistungsstarker und unterhaltsamer zweiter Teil überzeugt, lässt die Längen des ersten in den Hintergrund treten und sorgt für einen insgesamt positiven Eindruck.