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Text und Fotos Friedrich Klawiter
CIRCUS KRONE-BAU
München, 28. Februar 2019

www.circus-krone.com
„100 Jahre Circus Krone in München“ feiert das Traditionsunternehmen in dieser Winterspielzeit. Mit wahrlich großen, mitreißenden Programmen unterstreicht man eindrucksvoll den eigenen Anspruch inzwischen der „größte Circus der Welt“ zu sein.
In unruhigen Zeiten, mit Straßenkämpfen und nächtlichen Ausgangssperren, eröffnete Carl Krone 1919 sein festes Haus in München. Der Holzbau bot rund 4.000 Besuchern Platz und wurde regelmäßig bis zum 12. Dezember 1943 bespielt, als ein Bombenangriff ihn in Schutt und Asche legte. Bereits zu Weihnachten 1945 konnte im wieder aufgebauten, provisorischen zweiten Bau Premiere gefeiert werden. Am 23. Dezember 1962 wurde der neu erbaute dritte Circusbau feierlich eingeweiht. Hell und einladend strahlen bis heute die unzähligen Lichter am ausladenden Vordach und der Kasse. Circus-Krone-Schriftzüge auf den Dächern der Gebäude und die funkelnd illuminierte Krone auf der Circuskuppel tragen den Glanz des Circus in die Nacht. Die Krone Villa und ein Verwaltungsgebäude flankieren das Circusrund, dessen gewaltige freitragende Kuppel von vierundzwanzig mächtigen Leimholzbindern geformt wird. Fünf überlebensgroß gemalte Portraits der Familie Krone schmücken das Foyer und im breiten, rings um das Gebäude führenden Gang erzählen hunderte Fotos in den Vitrinen die Geschichte des Hauses Krone. Steil ansteigend reihen sich die achtzehn Sitzreihen im Zuschauerraum hintereinander und üppiger Wandschmuck in rot und gold sorgt in Verbindung mit der Konzertmuschel über dem Artisteneingang für ein angenehmes Ambiente.

Komiker Houch-ma-Houch, er war Gesicht und omnipräsente Figur des Februar Programms, gestaltet das Opening in bekannter Weise mit einer Kerze und Laterne, die ein Eigenleben entwickeln.
Direktorin Jana Mandan Lacey begrüßt ihr zahlreich erschienenes Publikum hoch zu Elefant.
Aus dem Publikum kommend entert Jonleur Eddy Carello die Manege. Rasant lässt er eine Gitarre auf den Devil Sticks tanzen. Gekonnt erfolgen die vielseitigen Routinen. Im zweiten Teil des Auftritts nimmt der versierte Jongleur an einem Schlagzeug Platz. Mit Tennisbällen nimmt er den Rhythmus der Begleitmusik auf und mit dem Mund auf die Becken abgefeuerte Tischtennisbälle setzen die Akzente. Furios steigert sich das Tempo stetig, bis aus dem, mittels blauen LED's leuchtenden Schlagzeug im wörtlichen Sinne Rauch aufsteigt.
Das Duo Kiss bettet seine formidable Akrobatik in eine kleine Love-Story. Mit fließenden tänzerischen Übergängen werden die hochkarätigen Tricks verbunden. Spektakuläre Handvoltigen und elegante Handstandtricks lassen das Publikum begeistert mitgehen.
Temporeich arbeiten die Dias Brothers ihre Ikarier-Darbietung. Vielseitige Salto- und Pirouetten-Kobinationen werden gekonnt ausgeführt und mit sicheren Fuß-auf-Fuß Landungen abgeschlossen. Natürlich darf ein Scheinsturz nicht fehlen, doch leider verrät die sehr übertrieben gespielte „Verletzung“ die Aktion auf der Stelle.

Als erste Tier-Darbietung ist Vlad Olandar mit seinen acht schneeweißen Hauskatzen zu erleben. Der bestens bekannte Auftritt bringt viele genretypischen Abläufe, die oftmals in Aktionen auf den Schultern des Tierlehrers münden.
Zehn edle Nonius-Hengste präsentiert Jana-Mandana Lacey-Krone in einem schwungvoll vorgetragenen Auftritt. In einem feschen Dirndl und mit Zylinderhut auf dem Kopf steht die charmante Direktorin im Zentrum der Manege und leitet die vielseitigen Abläufe. Der Da Capo Steiger eines Cremello bildet den effektvollen Abschluss der Freiheitsdressur.
Den einzigartigen umjubelten Höhepunkt der Show erleben wir nach der Pause mit der Raubtierdressur von Martin Lacey jr. Vierundzwanzig Tiere - normalfarbene und weiße Löwinnen und Löwen sowie zwei weiße und ein normalfarbener Tiger - vereint der charismatische Dompteur in einer mitreißenden Dressurfolge. Beeindruckend die große Pyramide mit allen Tieren, hohe und weite Sprünge vieler Löwen führen bis hoch an den Käfigrand und in weiten Sätzen über andere Tiere hinweg. Ein großartiges Bild ergeben die einundzwanzig in einem großen Kreis hochsitzenden Löwen. Scheinangriffe verleihen dem Auftritt die notwendige Würze und vielfacher Körperkontakt zeigt das tiefe Vertrauen von Tierlehrer und Schützlingen zu einander. Die großartigen und teils einzigartigen Tricks folgen in rascher Folge aufeinander, reißen das Publikum förmlich von den Sitzen und führen schließlich beim Schlusskompliment von Martin Lacey zu spontanen Standing Ovations während der Show.

Komiker Houch-ma-Houch, alias Semen Schuster, begeistert das Publikum in seinen vielseitigen Auftritten.  Mit seinem markantem Aussehen verkörpert er eine unverwechselbare Figur, die mit erstklassigem pantomimischem Spiel und charakteristischer Mimik besticht. Sku rrile Ideen werden mit typischem unverständlichem Gebrabbel begleitet und mitunter von treffender Rhetorik - „kaputt“ - unterbrochen.
Hingebungsvoll kämpft er mit einem Stromkabel gegen die Tücke des Objekts. Perfekt wird die Illusion vermittelt bei einem Stück Zottelfell handele es sich um ein lebendes Tier. Das Konzert mit Klebeband und eine ausführliche Beat Boxing Szene im Zusammenspiel mit zwei Zuschauern sind weitere, vom Publikum mit Begeisterung aufgenommene Szenen.
Alexander Lichner bietet seine spektakulären Tricks in sehr großer Höhe dar. Im Mundstand schwebt er auf dem Washington-Trapez zu Beginn des Auftritts in die Manege.  Enorm kraftvoll sein Aufgang ans Schwungtrapez, wo er nach einigen Krafttricks am ruhenden Requisit im vollen Schwung – longengesichert – verschiedene Abfaller zeigt, Zehen- und Fersenhang inklusive. Zum Höhepunkt seiner Evolutionen erfolgt ein ungesicherter Zahnhangwirbel in vollem Schwung.
Vorzügliche Adagio-Akrobatik zeigt das ungarische Duo „Silver Power“. In Perfektion werden die hochkarätigen und kräftezehrenden Tricks gearbeitet. Oftmals, auch bei anspruchsvollsten Abläufen, agiert der weibliche Parter als Porteur und versetzt damit ein ums andere Mal die Zuschauer in schieres Erstaunen ob der enormen eingesetzten Kraft.

Beide Programmteile enden mit einem Auftritt der „China National Acrobatic Troupe“.
Die Handstand-Equilibristik eines Truppenmitgliedes steht unter dem Titel „Up in the Sky“. Auf einem etwa drei Meter hohen Piedestal sind die Handstäbe angebracht auf den die ersten Handstände und Waagen erfolgen. Dann werden dem Artist nach und nach weitere Stäbe gereicht, mit denen die vorhandenen immer wieder erhöht werden. Ein Klötzchen- Sturz in sehr großer Höhe wirkt besonders spektakulär. Schließlich sind sechs Etagen Stäbe aufgebaut und der Mast des Piedestals fährt auf mehr als das Doppelte seiner Höhe aus. Ein freihändiger Spagat auf der Spitze der Konstruktion lässt die Zuschauer, trotz eingesetzter Longe, den Atem anhalten und im Handstand versetzt der Künstler die Stangen in weite seitliche Schwingungen.
Als Finalnummer präsentierte die zwölfköpfige Truppe ihre Mast-Akrobatik „The Ninth Wave“. Drei hohe Stahlstangen sind an ihren Füßen rechtwinklig verbunden und auf zwei Achsen beweglich gelagert. Auf diese Weise erweitern sich die Möglichkeiten an Tricks. Beispielsweise wird ein Salto an einer anderen Stange gelandet während das Requisit herum schwingt. Die schrägen, empor schwingenden Stangen laufen die Artisten hoch und landen verschiedene Saltos und Pirouetten auf einem Kissen. Ungläubiges Staunen rufen die menschlichen Pyramiden am Mast hervor. Zunächst trägt ein Artist, im Absteher am Mast, das Gewicht zweier Partner auf seinem Oberkörper. Zum Schlusstrick hält er sich im Handstand am Mast und auf seinen Füßen zeigen andere Truppenmitglieder ein frei stehendes Vier-Mann-Hoch.
Mit einem glanzvollen Finale erhält die hervorragende Show ihre Vollendung. Die Artisten – die Herren allesamt im weißen, mit Dutzenden Streifen kleiner Spiegelsteinchen besetzt und die Damen in hellblauen Ballkleidern – kommen vom Haupteingang in die Manege und nehmen ihre Formation ein. Nicht enden wollender frenetischer Beifall und Standing Ovations des begeisterten Publikums tosen durch das weite Rund, ehe die Direktion ihre Gäste verabschieden kann. Ein gemeinsamer Walzer von Artisten und Besuchern löst die Show ausklingen.
Houch-ma-Houch kommt zum Epilog noch einmal in den Ring und „liest“ von einem Blatt Papier den „Nachspann“ in seinem typischen Brabbelslang vor, von dem nur das letzte Wort - ciao - zu verstehen ist.