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Text und Fotos Friedrich Klawiter
CIRCUS KRONE
Koblenz, 08. Juni 2014

www.circus-krone.com
Nach vielen Jahren führte die Tournee den Circus Krone wieder einmal in die Stadt an Rhein und Mosel. Zuletzt war man 2004 in Koblenz und nun präsentierte  Europas größter Reisecircus die Show "Celebration" dem Publikum auf dem Circusplatz am "Wallersheimer Kreisel".
Gleich auf den ersten Blick wird klar, der Circus Krone ist in den vergangenen Jahren gewachsen. Erstmals sprengt der Platzbedarf für Tiergehege, Fahrzeuge und Material den Rahmen des Festplatzes, den kein anderer Circus völlig zu füllen vermag.

Mehr als zweihundert Wohn-, Pack- und Gerätewagen, Freigehege für mehr als einhundert Tiere und das vierundsechzig mal achtundvierzig Meter große Spielzelt - Krone vermittelt anschaulich einen Eindruck davon, was noch vor nicht allzu langer Zeit unter dem Begriff „Großcircus“ zu verstehen war – verteilen sich auf drei Plätze. Die Zugmaschinen und viele Materialwagen waren auf einem abseits liegenden, weiteren Gelände abgestellt. Die Artisten mussten mit ihren Wohnwagen rund zwei Kilometer vom Circus entfernt, am ehemaligen Güterbahnhof der Stadt, stationiert werden.
Auf die einzigartige, prachtvolle, immer wieder den Blick fesselnde Fassade wurde unter diesen Umständen leider auch verzichtet .
Der Kassenwagen und das mit Leuchtelementen geschmückte Café-Zelt bilden zusammen mit einigen weiß-blauen Zaunelementen die recht schlichte Front, hinter der sich sogleich der breite Eingangstunnel öffnet.

Durch den Eingang der Tierschaukasse gelangt man direkt zum langgestreckten, lichtdurchfluteten Pferdestall, in dem mehr als vierzig Hengste in großen, mit wenig Aufwand um einen Auslauf erweiterbaren, Boxen, ihr Zuhause haben. Eine mobile Pferdelaufanlage bietet jeweils vier Tieren zur gleichen Zeit Bewegung.
Elefanten- und Exotenstall sind von gleicher Bauform und allen Bewohnern stehen strukturierte Außengehege zur Verfügung. Nashorn Tsavo hat sein Gehege direkt hinter dem Chapiteau. Wagen, Zelt, Freigehege - selbständig kann der imposante Bulle jederzeit über seinen Aufenthaltsort entscheiden. Ein Sandhügel, viel frisches Grün und Hölzer zum scheuern bieten Betätigungsmöglichkeiten.
Riesige Ausmaße hat die Raubtieranlage von Martin Laceys Tieren, in der circa vierzig Löwen und Tiger beheimatet sind. Direkt hinter dem Chapiteau bilden große Raubtierwagen im Verbund mit mehreren weitläufigen Außengehegen den Komplex, in dem die aktuell in der Show auftretenden Löwen den größten Teil des Tages verschlafen. Der Boden in den Gehegen ist dick mit verschiedenen Materialien eingestreut, Liegebretter in unterschiedlichen Höhen, Kratzbäume und Beschäftigungsmaterial stehen in großer Anzahl zur Verfügung und Tarnnetze über den Gehegen spenden Schatten. In drei weiteren Wagen mit Freigehegen sind die zahlreichen Jungtiere die im Verlauf der letzten zwei Jahre geboren wurden, untergebracht.
Die Seelöwenanlage der Familie Duss komplettiert den rollenden Zoo. Zwei Pools, im Transportwagen ein mit Salzwasser gefülltes Bassin und im Freien ein Becken, das ca. einhunderttausend Liter Süßwasser enthält, stehen den vier Robben zur Verfügung. Zwei großzügig bemessene Terrassen auf den Kopfseiten des Beckens bieten viel Platz zum ruhen und sonnenbaden.

Mit der weitestgehend unveränderten Show „Celebration“, für die wiederum der US-amerikanische Altmeister Gene Reed als Choreograph und Regisseur verantwortlich zeichnet, reist man im vierten Jahr durch die Lande. Nach wie vor wird der seit den fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts gepflegte revuehafte Präsentationsstil der Programme im Hause Krone beibehalten. Beleg dafür ist u. a. das große, zwölf Tänzerinnen und drei Tänzer umfassende hauseigene Ballett. Darüber hinaus wird das riesige Chapiteau mit tierreichen Dressurnummern und großen Artistentruppen in Verbindung mit klassischer Clownerie gefüllt.
Unverändert erfolgt die musikalische Begleitung der Show im Playback. Die Arrangements wurden eigens von hochkarätigen Klangkörpern eingespielt, doch den gelegentlichen Eindruck von „Fahrstuhlmusik“ kann dies nicht verhindern und in weiten Teilen wirken die Endlosschleifen der Melodien beliebig. Sie vermögen weder Akzente zu setzen, noch die Nummern zu unterstützen und Momente, in denen den Artisten die Musik „davon läuft“ sind unvermeidlich.
Die Beleuchtungsanlage, mit modernen LED-Lampen bestückt, umfasst auch einige Moving Heads sowie eine Laser-Show. Jedoch verzichtet man im Hause Krone nach wie vor auf ein die Show in Szene setzendes Lichtdesign, wie es bei anderen führenden Unternehmen seit Jahren Usus ist und erhellt das Geschehen gleichmäßig mit buntem Licht. Die bescheidenen Licht-Effekte und die Laser-Show werden stark beeinträchtigt durch die hoch geöffnete Rondellleinwand und die offenen Notausgänge, durch die das grelle Sonnenlicht des Sommerabends hinein strahlt.
Auch die Diashow mit  der die Show beginnt – gezeigt werden Aufnahmen aus 109 Jahren Krone und der Weg von der Menagerie Continental zum „größten Circus Europas“ skizziert, leidet unter der ungewollten Sonneneinstrahlung, da die Bilder blass und kontrastarm und fast nicht zu erkennen sind.
Weißclown Yann Rossi schreitet, auf seinem Saxophon „Somewhere over the Rainbow“ spielend, die Treppen der Bühne hinab zur Manegenmitte und das große, traditionell ein Krone-Programm eröffnende Charivari mit allen Artisten nimmt seinen Lauf. Yann Rossi spricht die bestens bekannte Begrüßungsformel und verspricht viele Attraktionen „in der Manege, auf der Bühne und in der Luft“.
Den Schwung des Opening führen die Artisten der Truppe Dalian mit ihren Aktionen an der doppelten Russischen Schaukel fort.

Vom vorderen Manegenrand setzen sie zu ihren raumgreifenden Flügen an. Die ersten Sprünge werden auf einer Matte gestanden, dann folgen die Saltos und Pirouetten in ein aus der Kuppel herunter gespanntes Tuch. Mit einem Flug durch einen Feuerreifen, der in einigen Metern Höhe hängt, findet der Auftritt seinen spektakulären Abschluß.
Im zweiten Programmteil zeigen sechs Truppenmitglieder ein Luftballett an Bungee-Bändern die an einem großen metallenen Hexagon unter der Kuppel angebracht sind. Im Schwarzlicht und mit Unterstützung der Laser-Show erfolgen die Flüge in der mystischen Stimmung wabernden Bühnennebels, mehr Schaueffekt denn Trickstärke bietend.

Die Fratelli Rossi ersetzen die ausgeschiedene Darbietung der Anastasini Brothers ohne das dies zu einer Programmveränderung führt, da sie gleichfalls Ikarische Spiele bieten. Tempogeladen folgen die Saltos und Pirouetten aufeinander und ein erstklassig gebotener Scheinsturz beim doppelten, Fuß auf Fuß gelandeten Salto steigert die Spannung im Publikum. Ein rasanter Wirbel vielfach hintereinander gesprungener Saltos beschließt die Trickfolge.

Klassische Clownerie par excellence bieten die Rossyann Clowns nun zu dritt, da der jüngere Sohn von Maurin - alias Hector - Rossi in die bekannten Auftritte involviert ist. Besonders ihre große Musikalität und das virtuose Beherrschen verschiedenartigster Instrumente begeistern stets aufs Neue und sind so andernorts nicht mehr zu erleben. Das Spiel auf Fingerpfeifen, das jonglieren von spitzen Hüten und eine musikalische Reise durch Paris auf dem Akkordeon sind die Reprisen, mit denen Umbauten überbrückt werden. Im großen Entrée steht die Musik im Vordergrund. Xylophone, Sopran- und Tenorsaxophon, Trompeten, Posaune, Gitarre, Hupen und zwei Blasebälge kommen zum Einsatz und „Hector“ treibt mit feinem Humor seine Späße.

Mit opulenten Ballettszenen, den einzigen außer beim Opening und im Finale, werden die beiden großen Auftritte von Juniorchefin Jana Mandana vorbereitet. In einem groß angelegten „indischen Bild“ werden die Wappentiere des Hauses Krone, die Elefanten, präsentiert. Die mit aufwändigem Kopfputz geschmückten mächtigen Dickhäuter - vier asiatische, mit Figurantinnen beritten und zwei afrikanische - absolvieren eine umfangreiche und und tiergerechte Trickfolge, die in weiten Teilen aus Laufarbeit besteht. Ein flüssig, aus dem Lauf heraus gebotener Kopfstand und hochsitzen aller Elefanten auf Tonneaus, sind Höhepunkte des imposanten Auftritts.
Wenig später erleben wir Jana Mandana mit den edlen Hengsten des Circus Krone. Das Ballett tanzt auf der Bühne und in der Manege einen Tango Argentino, der von Clara Pudebois Live-Gesang untermalt, den stimmungsvollen Auftakt für die ansprechende Hohe Schule bildet. Diese reitet die Juniorchefin auf einem goldfarben schimmernden Vollblut. Die Tänzerinnen begleiten gekonnt und schwungvoll die dargebotenen Lektionen und geben dem Auftritt einen eleganten Rahmen.
Einer weitere Ballett-Sequenz verschafft der jungen Frau die Zeit den Reitdress gegen ein rotes Flamenco-Kleid zu tauschen, ehe sie die Freiheitspferde präsentiert. Bis zu achtzehn Hengste, zwölf Cremellos und sechs apricotfarbene Tiere mit dunklen Mähnen, bieten ihre Lauffiguren dar. Einige Da Capo Steiger runden die Darbietung effektvoll ab.

Die Flying Zuniga bieten vor der Pause hervorragende Luftakrobatik am fliegenden Trapez. Vier Flieger/Innen zeigen viele relevante Tricks des Genres. Die Passage wird von den beiden Damen der Truppe ausgeführt und Marlon Michaels beeindruckt mit gestrecktemSalto sowie dem Dreifachen mit verbundenen Augen. Spektakuläre Abgänge der beiden Flieger beenden den erstklassigen Auftritt.

Zwölf Löwen präsentiert Martin Lacey jun. in gewohnt souveräner Manier. Routiniert und publikumswirksam läuft die attraktive Trickfolge ab. Das Video über „Laceys Traum“ überbrückt den Requisitenwechsel ehe „King Tonga“ mit seinem Vorführer im Laser-Licht auf der Spiegelkugel erscheint. Das Publikum reagiert mit Faszination auf das Vertrauen zwischen Mensch und Tier und der große weiße Löwenmann schmiegt seinen Kopf immer wieder an die Brust des Dompteurs.
Zwei Figuranten in Giraffen- und Löwen-Plüschkostüm, die einem Comic entsprungen und im Rahmen einer solchen Show deplatziert erscheinen, leiten die Exotendarbietung ein.
Jana Mandana präsentiert in einer kurzen Dressurfolge zwei Kamele und vier Zebras interagierend im roten Ring, anschließend zeigen drei Lamas ihr Können als Barrierenspringer. Nach dieser Ouverture kommt Nashornbulle „Tsavo“ gemessenen Schrittes in die Manege. In Begleitung von Martin Lacey absolviert er eine Runde entlang der Piste und beäugt dabei genau die Logenbesucher. Auf einem flachen Podest in der Manegenmitte nimmt er seine Streicheleinheiten entgegen und sich hernach alsbald in Trab zu setzen und das enorme Tempo, zu dem die Kolosse fähig sind, an zu deuten.

Elena Drogaleva & Gentlemen“ sorgen mit ihrer Tempojonglage noch einmal für großen Schwung. Zwei erhöhte Plattformen ermöglichen den Artisten die Arbeit auf mehreren Ebenen und erweitern die Möglichkeiten der Gruppenjonglage. Vollkommen sicher und elegant absolvieren sie mit den Keulen vielfältige Pasings und Muster.
Roland und Petra Duss sind mit ihren vier Seelöwen und dem Terrier Mailo als letzte und spektakulärste Dressurdarbietung im Programm zu erleben. Tempo, Schwung, Originalität, Trickreichtum, Präzision, Ausstrahlung, Perfektion - diese Nummer bietet alles, was eine Spitzendarbietung ausmacht. Einzigartig der Ritt des Hundes auf einer Robbe, zwei Robben spielen selbständig Kopfball miteinander und weiterreichen eines Balles über sämtliche Schnauzen und zurück – sind weitere spektakuläre, andernorts nicht zu sehende Tricks, die perfekt dargeboten werden.
In neonfarbenen Kostümen leiten je zwei Tänzer/Innen zu Crazy Wilsons Todesrad-Darbietung über, die im Schwarzlicht zu dramatischen Klängen beginnt. Allerdings wirkt Illumination des Requists per Leuchtschlauch improvisiert und wenig geeignet für eine große Show. Im weißen Outfit absolviert der Artist seine Arbeit, die außer den üblichen Sprüngen im Kessel und Seillauf mit einigen hohen Absprüngen auf der Außenbahn nach wie vor mit spektakulären Saltos auf der Außenbahn, in der besuchten Vorstellung waren es drei, des rotierenden Rades endet. Die Darbietung ragt nach wie vor aus der Masse des Genres heraus, allerdings sind die Pausen zwischen den Tricks inzwischen deutlich wahrnehmbar. Auch wenn diese Todesrad-Nummer spektakuläre Tricks bietet, erwartet man von einer Finalnummer im „größten Circus Europas“ mehr und raumfüllendere Action. Das höchst massive einfordern von Standing Ovations durch den Artisten ist der Leistung der Darbietung und dem Rahmen dieser Show absolut unangemessen.
Das Finale folgt der bei Krone langjährig gepflegten Choreographie und wird vom vierten großen Auftritt des Balletts getragen. Die Artisten kommen den langen Weg die Showtreppe hinab in die Manege und während von CD ihr Name erklingt machen sie auf einem kleinen Podest ihr Schlußkompliment. So wird denn auch sehr deutlich, dass Martin Lacey an jenem Abend dem Finale fern blieb. Jana Mandana nimmt, von zwei Tänzern flankiert, den zentralen Platz auf einem kleinen Podium in der Manegenmitte ein und Nicolai Tovarich spricht von der Bühne aus die klassische Krone Abschiedsformel, in der uns Christel Sembach-Krone einen angenehmen Heimweg und ein baldiges Wiedersehen wünschen lässt.

Bleiben als Fazit die gleichen Eindrücke wie beim letzten Besuch der Krone-Show, so dass wir an dieser Stelle das Resümee noch einmal ziehen: „Nach eher kurzem Schlussapplaus leeren sich Manege und Gradin recht schnell.
„Celebration“ - die aktuelle Show des nach eigener Aussage „größten Circus Europas“ - offenbart Stärken und Schwächen. So steht den teils sehr guten Nummern eine Art der Präsentation gegenüber, die in weiten Teilen nicht überzeugen kann. Das Flair der siebziger und achtziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts will nicht mehr so recht in die heutige Zeit passen. Wie man ein starkes klassisches Circusprogramm stimmungsvoll und geschickt präsentiert, kann man in vielen führenden europäischen Circussen täglich bewundern.“