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Text und Fotos Friedrich Klawiter
KÖLNER WEIHNACHTSCIRCUS
Köln, 10. Dezember 2022

https://koelner-weihnachtscircus.de
Die siebte Auflage des Kölner Weihnachtscircus von Ilja und Katja Smit startete ihr Gastspiel so zeitig wie nie. Bereits am 02. Dezember fand die Premiere statt. Angesichts dessen, das man nicht nur auf das typische Familienpublikum, sondern stark auf Besuchergruppen von Weihnachtsfeiern als Zielgruppe setzt, durchaus folgerichtig.
Auf einem Parkplatz des Kölner Messegeländes ist der Circus aufgebaut. Die Auf- und Abfahrtsrampen einer Rheinbrücke spannen sich über das Gelände und geben den Standplatz für das große weiß-blaue Chapiteau vor. Ein großer Kassenwagen, zu dessen Schaltern fünf hohe Stufen empor führen steht neben dem weißen Eingangszelt. Das komplette Circusgelände ist mit einem hohen Zaun, dessen Felder mit Spannbändern die sowohl mit „Kölner Weihnachtscircus“ als auch mit den Konterfeis von Fumagalli und Darix bedruckt sind, umgeben.
Durch den Eingangsbereich geht es unmittelbar in den weitläufigen und in verschiedene Zonen gegliederten Gastronomiebereich, der u.a. für Buchungen eines Dinner-Arrangements ein Restaurant bereit hält. 
Das Spielzelt atmet eine warme Atmosphäre, die auf vielen Rottönen in der Einrichtung beruht. Zwei Reihen Logenstühle, elfreihiges Klappsitzgradin, Balkonlogen und der hohe Artisteneingang sind in dieser Farbe gehalten. An Stelle der Manege ist eine erhöhte, mit sandfarbenem Teppich belegte Bühne vorhanden.
Die opulente Lichtanlage wird gekonnt eingesetzt und mit einem erstklassigen Design wird die Show hervorragend in Szene gesetzt. Während Einlass und Opening zieht ein raumhoher, festlich geschmückter Weihnachtsbaum mitten auf der Bühne die Blicke an.

Das Opening bietet den sechs Tänzerinnen des ukrainischen Showballetts einen ersten Auftritt bei dem sie vom Gitarristen Vladimir Matvichuk live auf der Bühne begleitet werden. Sie geben der Show mit zeitgemäß temperamentvollen Choreograhien Struktur. Sprechstallmeister Markus Köllner begrüßt das Publikum, stellt versiert, in eloquenter Weise die Artisten vor und versteht es ausgezeichnet vielerlei Informationen zu vermitteln.
Auf magische Weise faltet sich sodann der große „Baum“ in einer runden etwa vierzig Zentimeter hohen Box zusammen und gibt die Bühne frei für die Show.
Die „EquiVookee Clowns“ erobern als Erste die Bühne und auch die Herzen der Besucher. Insgesamt vier großartig inszenierte und höchst vergnügliche Sketche zeigen die drei Komiker. Sie begeistern mit skurrilem Humor, perfekt einstudierten Charakteren und ausgefeilten Abläufen und binden gekonnt freiwillige Mitspieler in die Abläufe, ohne diese der Gefahr des „vorgeführt-werdens“ auszusetzen, ein. Eine Jonglage mit Keulen ist im ersten Auftritt zu erleben. Wenig später folgt eine grandiose Corrida. Schließlich sind Papierflieger und Seil springen die beherrschenden Themen der Szenen.
Im lebhaften Kontrast dazu steht die – vom Publikum genauso sehr goutierte – traditionelle Clownerie des „Trio Fumagalli“. Gianni - Fumagalli, Darix und Nico Huesca gehen mit verve  zur Sache und verleihen clownesken neues Leben. Natürlich darf ihr legendäres Bienchen-Entrée nicht fehlen. Außerdem wettet Fumagalli mit Manegensprecher Markus Köllner, das er die Handschuhe vom Kopf eines Besuchers nehmen kann, ohne den darüber gestülpten Hut zu berühren“. Zudem drehen sie einen Film als Gangster in Chicago und schließlich beklagt sich Darix über seine schlafwandelnde und dabei stehlende Frau (Gabi Köllner) bei Fumagalli.

Eine rasante Diabolo-Jonglage präsentiert Chu Chuan-Ho. Viele hochkarätige Tricks des Genres erfolgen in hohem Tempo und erstklassiger Ausführung. Abschließend lässt der taiwanesische Artist drei Diabolos rotieren während er langsam in den Spagat gleitet.
Handstandartistin Sofia Popi Speratti präsentiert einen stylischen und ideenreichen Act, in den sie auch vier bunte Gummibälle integriert hat. Nach einer originellen Einleitung zusammen mit dem Ballett, in gleichem schwarzen Kostüm und roten Schuhen wie die Artistin, erfolgen die Handstandfiguren auf zwei Handstäben. Die dabei in Fuß- und Kniegelenken eingeklemmten, oder im Nacken ruhenden Bälle lassen den Auftritt fröhlich und spielerisch erscheinen und machen, auch dank exzellenter Präsentation, den erhöhten Schwierigkeitsgrad beinahe vergessen.
Die schneeweißen Katzen von Vlad Olandar sind in dieser Spielzeit die einzigen Tiere im Kölner Weihnachtscircus. Die bestens bekannte Darbietung wird, wie stets, mit der Präzision eines Schweizer Uhrwerks dargeboten. Flaschenlauf und Balance über eine Stange werden von Sprüngen und dem Abschuss eines Pfeiles gefolgt. Nach weiteren Tricks erklimmen zwei Stubentiger eine hohe Perchestange, die ihr Herr und Meister auf der Stirn balanciert.

Nach dem temporeichen Beginn der Show folgt der eher ruhige und poetische Auftritt von Oksana Pylypchuk am Luftring. Zusammen mit Gitarrist Vladimir Matvichuk kommt die Artistin im eleganten roten Kleid auf die Bühne. Der Musiker stimmt „Lady in red“ an und die Artistin schwebt träumerisch wirkend in die Zeltkuppel, wo sie gekonnt ihre Evolutionen darbietet.
Vor der Pause geht es noch einmal furios zur Sache. Die sechs Mitglieder der Truppe Yakubovskii agieren gekonnt an der Trampolin Wall. Zwei große Trampoline und ein hohes Metallgerüst dazwischen ermöglichen vielseitige Möglichkeiten für rasante Action.
Zu Beginn des zweiten Programmteils sorgt Markus Köllner auf dem Todesrad für den nötigen Nervenkitzel. Gekonnt inszeniert der versierte und vielseitige Artist seine risikoreiche Arbeit. Weite Sprünge im Kessel, „Unsicherheiten“ beim Außenlauf sowie Seil springen gehören u.a. zum Repertoire. Stelzen- und Blindlauf gehören zu den Höhepunkten der Darbietung, die mit hohen Absprüngen auf der Außenbahn endet.

Einen weiteren Luft-Act bietet Denys Zhygaltsov am „Flying Pole“. Kraftvoll präsentiert der junge Mann die verschiedenen Haltefiguren an der schwebenden und schwingenden Stange. Mit Begeisterung und ungläubigem Staunen reagieren die Zuschauer auf die vielfältigen und anspruchsvollen Aktionen.
Mit weißen Schirmen tanzt das Ballett im fahlen blauen Licht und leitet so zur neuen Antipoden-Darbietung von Tamara Khurchudova über. Derart hervorragend in Szene gesetzt gewinnt der ohnehin erstklassige und stimmig inszeniert, als „Fantasie Jonglage“ titulierte Act noch einmal an Strahlkraft. Große weiße hinterleuchtete Schirme rotieren auf den Füßen der Artistin. Hernach hält sie bis zu fünf weiße Reifen sicher in der Luft. Die abschließenden Touren werden im Kopfstand absolviert während die Schirme mit den Füßen jongliert werden, ruhen ein per LED leuchtender Schirm in einer und ein Buch in der anderen Hand, derweil aus der Kuppel „Schnee“ auf die romantische Szenerie rieselt.

Magier Alfredo Lorenzo bietet mit seinen Großillusionen den letzten Act der unterhaltsamen Show. Das Ballett gibt dem Auftritt den notwendigen Rahmen und abwechseln verschwinden in oder erscheinen die Tänzerinnen aus den verschiedenen Requisiten. Der abschließende effektvolle Trick, bei dem sich der Magier scheinbar von einem riesigen Bohrer durchdringen und aufspießen lässt, funktioniert an diesem Abend nicht wie geplant und lässt für einen großen Teil des Publikums sehr deutlich die Funktionsweise erahnen.
Mit Vladimir Matvichuk und dem Ballett, die Kostüme erinnern an Weihnachtsengel, nimmt das große Finale seinen Beginn. Der Einzelvorstellung aller Mitwirkenden folgen, nachdem der lange und frenetische Applaus sich gelegt hat die Abschiedsworte von Manegensprecher Markus Köllner. Begeistert von der erstklassigen Show verlässt niemand vorzeitig das bestens besetzte weite Rund und als der Manegensprecher noch eine Überraschung ankündigt legt sich gespannte Stille über die Ränge.
Zwei Kinder, Marichka und Harry Kyrychenko treten in das Scheinwerferlicht. Von ihrer Mutter seit frühester Kindheit musikalisch ausgebildet, singen die beiden „We are the world...“. Noch einmal kommen alle Artisten vor den Vorhang und des Finales zweiter Teil schlägt das Publikum mit seiner zauberhaften Stimmung noch einmal in seinen Bann und noch einmal wird das Ensemble lange und ausführlich gefeiert.
Doch auch dieses kurzweilige, sehenswerte und hervorragend inszenierte Programm findet einmal zu einem Ende und überrascht stellen wir fest, das diese Show – was wir seit etlichen Jahren nicht mehr erlebten – etwas mehr als drei Stunden dauerte, ohne je einen Anflug von Länge zu vermitteln.