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Text und Fotos: Friedrich Klawiter
Karlsruher Weihnachtscircus
Karlsruhe, 31. Dezember 2009

www.karlsruher-weihnachtscircus.de
Ein neuer Circus braucht ein neues Chapiteau mag sich die Direktion - Rosita und Joachim Sperlich – gesagt haben, als man diesen Weihnachtscircus ins Leben rief. Das mit zweiundvierzig Meter Durchmesser um vier Meter größere Chapiteau gleicht dem des Circus Charles Knie in der Form wie ein Ei dem anderen. Die Farben sind hier allerdings in rot und gelb, es sind die Landesfarben Badens, gewählt.
Der hohe Zaun ist ringsum mit Spannbändern, sie tragen das Logo des Circus, verhangen und lässt keinen Einblick in das Gelände zu. Einzig der Kassenauflieger von Charles Knie unterbricht diesen Wall. Ein Vorzelt von fünfunddreißig Metern Länge empfängt die Besucher. Sein Eingangsbereich und der breite Durchgang ins Chapiteau sind üppig dekoriert. Entlang aller Seiten sind zahlreiche Holzbuden aufgestellt, ein alter holländischer Zigeunerwagen dient als Bar. Selbstverständlich sind die gesamten Zeltanlagen mit Holz- und rotem Teppichboden ausgelegt.
Das Spielzelt betritt man unter einem prächtigen Portal hindurch, dass obenauf die Lichtregie trägt. Im Innern finden wir das Klappstuhl-Gradin von Charles Knie, dieses hat hier nun reichlich 'Luft', wieder. Auch der Artisteneingang kommt von jenem Circus und das achtköpfige Orchester unter Yevgen Gaida ist dort zu Hause.


Der enge Bezug zum Circus Charles Knie setzt sich im Programm fort. Nachdem per Tonkonserve Fabian Egli seine Werbebotschaften und die Begrüssung des Publikums vollzogen hat, erscheint das Charles Knie Ballett in knappen Weihnachtsfrau-Outfits. Mit Hilfe eines Weihnachtsmannes zaubern sie die Truppe Zuma-Zuma aus einem großen roten Geschenkpaket hervor. Die sechs Artisten, vor ein paar Wochen sahen wir sie auch in Lille als Eröffnungsnummer, reißen mit ihrer furiosen Akrobatik das Publikum gleich mit.
Pyramiden bauen, Limboshow und Reifen springen sind die üblichen Elemente, mit denen schwarz afrikanische Springertruppen ihre Auftritte gestalten. Sie bieten zudem Seil springen. Die Arbeit ist extrem umfangreich, enthält Tricks, die sonst nicht zu sehen sind.

Nun kommt Marek Jama zu seinem ersten Auftritt. Er präsentiert das Exotentableau des Circus Charles Knie. Nacheinander werden die vier Zebras, vier Kamele, vier Rinder, Känguru und fünf Lamas vorgeführt. Später folgen die sechs Araber in den grellroten plastikhaft wirkenden Geschirren. Auch diese Darbietung läuft sicher und ohne Fehler.
Das Pas de deux von Denisa und Daniel Stipka beinhaltet eine ganze Reihe großartiger Reitertricks. Leider wird es auch in diesem Rahmen nur sehr dunkel ausgeleuchtet dargeboten. Die musikalische Begleitung per CD, es ist in diesem Programm der erste Act der nicht live begleitet wird, ist der Wirkung nicht zuträglich. Deutlich zu merken sinkt die Stimmung des Publikums und die Reaktion beim Kompliment wird verhaltener.


Frohsinn zu verbreiten ist die Aufgabe von Versace. Der junge Komiker bringt seine hinlänglich bekannten Reprisen. Mitunter ein wenig lang, z. B. beim Seil springen mit vier Zuschauern, dauern die Auftritte. Schwierig ist sein Outfit und die fehlende bunte Maske im Gesicht für Kinder, die – wie wir öfter beobachten konnten – in ihm nicht den 'Clown' erkennen.
Die Seelöwen des Circus Charles Knie hören nun auf die Kommandos von Monika Sperlich – oder auch nicht. Die junge Frau hatte in der besuchten Vorstellung noch so ihre liebe Mühe mit den erst kürzlich übernommenen Meeressäugern. So musste dem Fortgang der Show der eine oder andere Trick geopfert werden.
Die Reihe der Charles Knie Artisten komplettiert Anthony Wandruschka. Seine Jonglage mit kleinen Bällen und Keulen findet auch hier wieder im Dialog mit dem Publikum statt. Die kraftvolle und riskante Arbeit am Solotrapez bleibt an jenem Abend die einzige Darbietung in der Luft, da die Stipkas ihre Kür an Tüchern nicht zeigen. Auch waren die Liazeed mit ihrer großartigen Handstandnummer zum Zeitpunkt unseres Besuches bereits aus dem Programm ausgeschieden – es gibt keinen Hinweis auf ein vorzeitiges Engagementsende im Programmheft – so dass die Vorstellung etwas kurz ausfiel.

Sehr sphärisch kommt die Handstanddarbietung von Iurie Basiul daher. In mystisches blaues Licht getaucht räkelt sich der ganz weiß gekleidete junge Mann auf seinem weißen Podest in vielerlei Posen zu den sich mehrfach wiederholenden Tricks.
Die drei indischen Elefanten der Errani-Familie sorgen auch hier vor der Pause noch einmal für einen Höhepunkt. In hohem Tempo wird eine große Anzahl anspruchsvoller und publikumswirksamer Tricks präsentiert. Die beiden Figurantinnen sorgen zusätzlich für den nötigen Glamour. Schlusstrick ist nach wie vor das selbständige überschreiten der beiden Damen Errani durch die Elefantin Baby, während sie ihre Kommandos von Elvis Errani aus dem Gradin erhält.

Zum Abschluss des Programms bieten die jungen Chinesen der Shenyang Acrobatic Troupe ihre 'Pagode of Bowls'. Fünf Porteure lassen die beiden jungen Frauen in vielfältiger Form ihre Handvoltigen ausführen, ohne dass diese dabei ihre Stapel aus Ess-Schälchen vom Fuß verlieren. Auch wenn es sich nicht um die gleiche Besetzung und Trickfolge wie im Programmheft dargestellt handelt, bieten sie doch eine sehr gute Leistung und sorgen mit ihrem rasanten und guten Verkauf zum Abschluss für einen Höhepunkt.

Das Finale, das Ballett trägt dazu die „Leuchtflügel“, im Stile vom Circus Charles Knie passt hervorragend in die Weihnachtszeit. Alle Artisten werden von Rosita Sperlich, als einzige Vertreterin der Direktion ist sie in der Manege, vorgestellt. So offenbart sich die schlecht ausgepegelte Mikroanlage, dies und die Ansage für den „Todessprung“ von Anthony Wandruschka sind die einzigen live gesprochenen Passagen, die der Chefin eine „Micky Maus Stimme“ verleiht.
Ein Minifeuerwerk von der Orchesterbühne und dann ist der erste Karlsruher Weihnachtscircus beendet. In großem elegant-festlichem Rahmen wurde ein komplettes klassisches Circusprogramm geboten, dass mitreißt und das Publikum begeistert stehend applaudieren lässt. Anderseits bleibt aber noch genügend „Luft nach oben“ für die kommenden Produktionen an dieser Stelle.