Text und Fotos Friedrich Klawiter
CIRCUS HERKULES
Bad Wildungen, 14. März 2009

www.circus-herkules.de
Mehr als dreißig Jahre reiste Klaus Bachmann mit seinem Circus Herkules  überwiegend in Hessen. Seit dem vergangenen Jahr ist Oliver Häberle nun der neue Inhaber dieses etablierten Mittelcircus. Wir hatten nun erstmals die Gelegenheit, den Circus unter der Ägide des neuen Direktors zu besuchen. Es fällt gleich auf, dass das mitgeführte Material des Circus stark vermindert wurde. Nur noch eine handvoll Wagen, drei Sattelauflieger, sowie die Zugmaschinen sind außer den Artistencampings um den kleinen blauen Viermaster platziert. Ein kleiner Stall mit Freigehege sowie die Raubtierwagen mit Außenkäfig komplettieren das Ensemble.

Zur Vorstellung drängen sich an jenem regnerischen kalten Tag zahlreiche Besucher vor dem nostalgischen Kassen- Durchgangswagen und das ausdrucken der Eintrittskarten per PC erweist sich als langwierig.
Im Chapiteau fallen einige Veränderungen sogleich ins Auge. Zunächst gibt es einen neuen Artisteneingang. Die klassische (Kunststoff) Gardine mit dem mittig platzierten kleinen Orchester ist einem dreiteiligen hohen Vorhang aus rotem Stoff gewichen. Der mittlere Teil ist um einige Meter zurückgesetzt, sodass der Vorhang nicht bewegt werden muss. Leider wirkt er dadurch auch ziemlich 'offen' und der Blick auf bereits vorbereitete Requisiten ist ein wenig störend.
Das Orchester wurde durch eine passable Musikanlage ersetzt, wenngleich mit der Musik aus der Konserve nicht die gleiche Stimmung im Zelt zu erzielen ist. Die in den Hausfarben bunt gestrichenen Logen sind nun ebenfalls mit rotem Stoff überzogen. So wirkt das Interieur insgesamt ein wenig edler und ruhiger als früher.
Als, über die Länge der Vorstellung, nervig stellt sich die ein wenig unzureichende Beheizung des Zeltes mittels mehrerer Bauheizer heraus. Das fauchende Verbrennungsgeräusch der im Zelt stehenden Geräte überlagert die Musik und auch der Abgasgeruch ist für die in der Nähe sitzenden Besucher nicht sehr angenehm.


Das durchaus stimmige und ansprechende Programm eröffnet Thomas Ringel mit seinen fünf Löwen. Im kleinen Käfig arbeitet er mit seinen Katzen auf sehr engen Distanzen und oftmaligem direkten Kontakt. Zahlreich und spektakulär sind die gebotenen Tricks. Pyramide, Hochsitzer und verschiedene Sprünge sind genauso vertreten, wie Kopf- und Tragetrick. In einer weiteren Nummer lässt er, in einem Circusprogramm höchst selten vertreten, zwei Stachelschweine ihr Repertoire darbieten.
Ebenso obliegt dem tschechischen Tierlehrer die Präsentation der circuseigenen Pferdefreiheit. Willig und routiniert drehen die drei Rösser ihre Runden, dem Vorführer allerdings merkt man ein wenig die fehlende Routine im Umgang mit dieser für ihn ungewohnten Tierart an und so wirken seine Aktionen mitunter ein wenig hektisch.
Ehefrau Olga Ringel zeigt in ihrer schwungvoll vorgetragenen Hula Hoop-Show die üblichen Tricks dieses Genres.

Zweimal sehen wir den jungen Artisten Ben Pfund in der Herkules Manege. Zunächst jongliert er mit kleinen Bällen, Ringen und Keulen. Modernes Outfit und jugendlicher Elan kennzeichnen diesen Auftritt ebenso, wie die später folgende Handstanequilibristik auf einem  interessant gestalteten Requisit. Aufgepeppt wird diese Nummer durch Miss Dorothea als schrilles Groupie. In ihrem Soloauftritt agiert die Schweizerin mit der Rubensfigur am Trapez -  Schrill, laut und aufgetakelt wie Karussellpferd mit reichlich Klamauk. Im Gegensatz zu ihrem fast trickfreien Auftritt beim Trierer Weihnachtscircus zeigt sie nun ein wenig mehr am Trapez und im kleineren Rahmen des Herkules Chapiteau wirkt ihre Arbeit insgesamt stimmiger.

Die stärkste artistische Darbietung im diesjährigen Herkules-Programm bietet gegen Ende des ersten Teils die mongolische Kontorionistin Jaaga. Zahlreiche Tricks mit vielen Höchstschwierigkeiten bietet die junge Frau, die mit ihrem gesamten Präsentationsstil zu überzeugen versteht.

Die Reprise 'vier Stühle', mit dieser mittlerweile restlos abgespielten Regieidee wird auch hier die Pause eingeleitet, sieht dann erstmals den Direktor als Clown Olli in der Manege. Schnell wird die Szene gespielt, um dann ausgiebigst das Warenangebot der Restauration anzupreisen. Der Direktor arbeitet während der Pause im Clowns-Outfit im Verkaufswagen mit. Den zweiten Programmteil eröffnet er mit einer weiteren Reprise. In Ermangelung eines Manegenpartners muss einer der drei Requisiteure als 'Stefano' dem Chef zur Seite stehen. In einer dritten Szene spielt Olli der Clown sein bekanntes Entree mit einem Zuschauer am Messerbrett.

Den Reigen der verpflichteten Artisten komplettieren vier 'namenlose' Chinesen. Die Arbeit eines der Männer auf der Rola wirkt eher als improvisierte 'Drittnummer', zeigt nur wenige Tricks und ist als Pausennummer unglücklich platziert. Ganz im Gegensatz dazu die beiden anderen Darbietungen. Zu dritt absolvieren sie eine hervorragende Hand-auf-Hand Nummer. Gut choreographiert werden starke Tricks im Adagiostil absolviert. Als Finalnummer wurde die Arbeit der drei Männer an den Strapaten platziert. Trickfolge und Auftrittsstil entsprechen dem üblichen Rahmen, der von chinesischen Artisten in diesem Genre geboten wird.

Das Finale wird zu Sambaklängen ausführlich mit kollektivem Tanz zelebriert und nach rund zweieinhalb Stunden verabschiedet Oliver Häberle ein sehr zufriedenes Publikum.






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