Text und Fotos Friedrich Klawiter
Cirque Helvetia
Marin, 28. März 2008

www.cirque-helvetia.ch
Seit rund dreißig Jahren betreibt die Familie Maillard ihren Circus, der zu den kleinsten der  Schweiz  gehört. Ein Zwei-Masten-Chapiteau von 18 m Durchmesser, 3 Traktoren, 2 kleine Lkw, 3 Anhänger, ein paar Campings - mehr braucht es nicht um Circus zu veranstalten. Helvetia ist ein Circus ohne eigene Tiere. Gereist wird von Anfang März bis Anfang November in weiten Teilen der frankophonen Schweiz und seit fünf Jahren veranstaltet man in Moudon einen Weihnachtscircus. Romantisch wirkt der kleine Circus in der späten Abenddämmerung mit den leuchtenden Lichterketten und bedient alle Wandercircusklischees.
Vier Reihen sehr steilen Gradins füllen den Raum hinter der zweireihigen Loge aus. Die kleine Manege ist in ganzer Größe mit einem erhöhten Podest verbaut. Eine schmucklose dunkelrote Samtgardine komplettiert das Interieur. Nur sehr wenige Bürger der kleinen Stadt interessieren sich offensichtlich für Circus und die Ränge bleiben fast unbesetzt als das durchaus interessante Programm mit dem Charivari der Truppe beginnt.

David Maillard, einer der beiden Junioren, hat sich den Chinesenmast als Arbeitsgerät ausgesucht. Vielfältige und kraftvoll ausgeführte Tricks kennzeichnen den Auftritt. Im Jahr 2006 wurde er französischer Meister und vierter der Weltmeisterschaften im Einrad fahren, lässt uns das aktuelle Programmheft wissen. So verwundert es nicht, dass David Maillard mit einer fulminanten Darbietung aufwarten kann. Modern und witzig choreographiert, perfekt interpretiert, mit vielfältigen sehr guten Tricks ausgestattet begeistert er sein Publikum. Davids Bruder Julien, er war vor Jahren beim European Youth Circus Festival in Wiesbaden vertreten, hat sich eine abwechslungsreiche Jonglage mit Keulen, kleinen Bällen und Ringen erarbeitet. Beide Brüder bieten erstklassige Artistik, vermitteln dem Zuschauer Freude am eigenen Tun und können mit ihren Leistungen in jeder Manege bestehen. Während Direktor Daniel Maillard für den administrativen Bereich und die Kasse verantwortlich ist, sehen wir seine Frau Brigitte mehrere Male im Programm. Sie übernimmt die Ansagen und zeigt im ersten Teil equilibristische und kontorsionistische Elemente in einer Kür. Bemerkenswert ihre Leistungen in der kombinierten Vertikal- und Schwungseilnummer. Alle gängigen Tricks beider Genres, publikumswirksame Abfaller am Schwungseil, mehrfaches volles ausdrehen am Vertikalseil, werden von der nicht mehr ganz jungen Artistin in hervorragender Manier geboten.

Das meist schwierige Fach der Clownerie bedient Andreas erstklassig. Der Schweizer hat nach eigenen Angaben eine Schauspielausbildung und lange Jahre  als Clown für Kinder, z. B. in Schulprojekten gearbeitet. Seine Szenen unterscheiden sich deutlich von den ansonsten üblichen Scherzen, erzählen kleine Geschichten mit feinem Humor. Faszinierend sein Partner Samson, ein Pudelmischling der ob seinem Aussehen nach der Figur aus der Sesamstraße benannt wurde, der in einem Auftritt zum Zuge kommt. Er beherrscht eine unglaubliche Anzahl Kommandos und Tricks, die souverän präsentiert werden. Der Schweizer Artist Mehdi Rieben produziert sich zunächst am Ringtrapez. Er kombiniert den Ring mit Tüchern und zeigt eine Reihe ästhetisch kraftvoller Tricks. Nur ist es dringend geboten, die Tücher zu kürzen. Aufgrund der geringen Kuppelhöhe des kleinen Chapiteaus schleifen sie über die Bühne und verzwirbeln, verknoten sich unausgesetzt und der Akteur ist fast mehr mit ihrem ordnen, denn mit dem Fortgang der Trickfolge beschäftigt. Den zweiten Teil eröffnet er mit seiner Handstandperformance. Sowohl männlich als auch weiblich gewandet, ist die Trickfolge in einen Tango eingebettet. Als Partnerin bittet er Brigitte Maillard zum Tanz.

Das Trio Nefedev bringt sich mit drei Nummern ein. Zuerst die gut verkaufte Fakir- und Feuershow mit Pavel als Hauptakteur. Scherben, lange spitze Messer und  auch eine große Würgeschlange - die auch auf den Schultern eines Zuschauers ruht - gehören selbstverständlich zum Repertoire. Spektakuläre Feuertricks komplettieren die Show. Liudmilla präsentiert die beiden Dressurnummern in diesem Circus. Taubenrevue und Hundemeute bieten die jeweils genreüblichen Tricks, werden flott präsentiert, einzig die glitzernden Tütüs am Hals der Hundchen passt nicht mehr in die Zeit.

Natürlich klingt die Veranstaltung mit einem Finale aus. Alle Artisten werden noch einmal vorgestellt und nehmen ihren verdienten Applaus entgegen. Die drei Mitarbeiter finden ebenfalls Erwähnung und so wird klar, dass der Circus Helvetia aus genau zwölf Personen besteht.
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