Text und Fotos Friedrich Klawiter
CIRCUS GO (Gasser-Olympia)
Bubendorf, 13. September 2009

www.circus-go.ch
Diesen Schweizer Traditionscircus mit dem relativ neuen Namen haben wir an einem Abbausonntag besucht. So war denn auch schon vor Beginn der letzten Vorstellung das eine oder andere im Frontbereich des Circus nicht mehr an seinem Platz. Der Fuhrpark besteht zu größten Teilen aus Sattelzügen die, weiß mit rotem Fahrwerk, Logo und Schriftzug tragen. Der Tierbestand des Circus beschränkt sich auf einige Pferde, die in einem kleinen Stall untergebracht sind.

Der „alte“ Circus Gasser-Olympia warb bereits damit, dass einzige reisende Circus-Restaurant zu sein und dieses Konzept wurde im „neuen“ Circus GO beibehalten. So ist das Zeltinnere nicht in gewohnter Weise mit Logen und Gradin bestückt, sondern auf mehreren Ebenen sind große Tische mit jeweils vier Stühlen aufgestellt. Auf jedem Tisch leuchtet während der ganzen Zeit eine kleine Lampe, behindert für die „hinten Sitzenden“ die Sicht. Generell wirken diese vielen Lichtpunkte als Störfaktor in der Show, lenken den Blick ab und sorgen für zu viel, und vor allem an der falschen Stelle, Helligkeit.
Während der gesamten Vorstellung wuselt das Servicepersonal umher, nimmt Bestellungen auf, serviert Speisen und Getränke, offeriert Eis und Popkorn, kassiert. All dies dient wohl den wirtschaftlichen Aspekten des Unternehmens, ist aber einem ungestörten Genuss der Vorstellung wenig zuträglich.


Der Bühnenwagen, der den Artisteneingang bildet, ist mit rotem Vorhang, Clownmotiven und überdimensionalem Schriftzug, sowie zwei großen Leuchtelementen an den äußeren  Rändern gestaltet. Oben drauf, vom großen Schriftband weitgehend verdeckt, haben die sechs Musiker des Orchesters ihren Arbeitsplatz. Das innen dunkelblaue Chapiteau mit einem auffälligen, so bei modernen Zelten nicht mehr zu sehenden weiß-roten Fachwerkdekor wird von zahlreichen Sturmstangen gestützt.
So ergibt sich ein heute ungewohntes Ambiente, wie es vor etwa dreißig Jahren häufig anzutreffen war. In gewisser Weise passend dazu sind die musikalische Auswahl und Arrangements, die oftmals an den sonntäglichen Tanztee vergangener Zeiten erinnern.

Die Vorstellung beginnt ein wenig poetisch verträumt. Klischnigger Denis agiert in einer kurzen Sequenz mit seiner Partnerin als Frosch, der die goldene Kugel der Prinzessin aus einem Brunnen ans Licht fördert. Dann folgt Andreas Martinez mit seinen stilvollen Glasbalancen, einem Genre, dass nur noch selten zu sehen ist. In chicem Rokokokostüm türmt er seine Glaspyramiden aufeinander, balanciert sie auf dem Mundstab aus. Seine seit Jahren bekannte und bewährte Jongleurnummer wurde als Finalnummer platziert. Zunächst agiert er mit goldfarbenen Keulen, es folgen Tricks mit einem weißen Fußball und abschließend Routinen mit weißen Ringen.

Aus der Ukraine kommt die junge Artistin Miss Katya. Auch sie bringt zwei Darbietungen. Zunächst arbeitet sie ansehnlich, aber nicht aus der Masse herausragend Hula Hoop. Im zweiten Programmteil, der insgesamt deutlich attraktive Darbietungen enthält, produziert sie sich mit Antipoden. Sicher und fehlerfrei absolviert sie die üblichen Tricks und versteht es, mit Hula Hoop-Ringen, die z. B. um eine Walze kreisen, auch eigenständige Elemente zu kreieren.
Die nicht mehr so junge 'Miss Eva' aus Polen versucht sich, mit Hilfe von Requisiteuren als Assistenten, in Quick-Change. Eine Nummer auf die man gut und gerne hätte verzichten können.

Bereits während des Einlasses begegnet man Romil Dragomir in seiner Aufmachung als 'Charly Chaplin'. Vor ein paar Jahren bei Harlekin arbeitete er, gleichfalls im gesetzteren Alter, in großer Höhe auf dem Seil. Hier nun ist es in etwa zwei Meter Höhe gespannt. Fahren auf einem Rad mit zwei unterschiedlich großen exzentrischen Rädern, übersteigen einer Leiter und Stelzenlauf sind die hervorstechenden Tricks seiner interessanten Arbeit. Zur Pause dann die einzige Tiernummer des Programms. Dominik Gasser präsentiert vier schlanke braune Araberpferde in einer routinierten Laufarbeit.

Die Clowns Tic und Tac, ein Ehepaar aus Osteuropa spinnen den roten Faden, halten dieses Programm zusammen. Ganz in der Tradition der ehemaligen Staatscircusse  beweisen die beiden eine umfassende gute artistische Ausbildung, überzeugen mehr mit Jonglage sowie akrobatischem, mimischem und musikalischem Können als durch großartige Komik. Der Sieg über 'die Tücke des Objekts und die Umstände' durch den vermeintlich Schwächeren steht im Mittelpunkt ihrer Szenen, die ohne Zuschauerbeteiligung auskommen.
Eine sehr modern gestylte und damit ziemlich aus dem gesamten Rahmen dieses Circus herausragende Darbietung sehen wir von Mihail Dimitrov. Der junge Mann, er war u. a. bei  Alberto Althoff und auch kurzeitig bei Flicflac, präsentiert sein Können unter der Kuppel an einem Kubus. Eigenwillig geschminkt und in einem modernen Outfit werden weite Flüge und kräftezehrende Positionen an diesem Luftapparat geboten.

Einige weitere Male sind Denis und seine Partnerin Nataliya, laut Pressemitteilung des Circus seine Mutter, in der Manege. Als Duo Navolnevy zeigen sie im ersten Teil eine weitere Jonglage. Mit verschiedenen Röhrenkuben hantieren sie geschickt und flott. Miss Nataliya schwebt am Vertikalseil, zeigt die üblichen Tricks, die durch die Einbeziehung eines bunten „schwebenden“ Tuches im Verkauf gut ankommen. Dieser, wie auch der zweiten Luftnummer, würde ein ruhigerer Hintergrund zu wesentlich mehr Publikumswirksamkeit verhelfen. Eine beeindruckende Leistung zeigt Denis in seinem Solo als Klischnigger. Leider wird auch diese Darbietung unter Wert verkauft. Zunächst trägt der Artist ein zu buntes und weites, russischer Folklore nachempfundenes, Kostüm. So sind viele seiner erstaunlichen „Verrenkungen“ kaum richtig zu erkennen. Ebenso ist es unglücklich, dass er direkt auf dem Manegenteppich arbeitet. Ein etwas erhöhter Tisch verbesserte die allgemeine Sicht auf den Akteur und gibt dem gesamten Tun einen angemessenen Rahmen. Auch sein finaler Spitzentrick, er zwängst sich in einen Plexiglaskubus von ca. sechzig Zentimeter Kantenlänge, erreicht auf dem Manegenteppich präsentiert, nicht die ihm gebührende Publikumswirkung.

Leider war Lee Lauretti zum Zeitpunkt unseres Besuches bereits aus dem Circus ausgeschieden, so dass die Programmdauer nicht mehr ganz die übliche Länge aufwies. Dafür bietet man ein extrem langes Finale zu dem die Artisten mehrmals in die Manege zurückkehren. So verwundert es nicht, dass zahlreiche Zuschauer ein wenig zu früh das Zelt verlassen hatten.
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