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Text und Fotos Friedrich Klawiter
FLICFLAC DORTMUND
Der Weihnachtscircus im Revier
Dortmund, 29. Dezember 2015

www.wintercircusmaastricht.nl
Bei der fünften Ausgabe des FlicFlac Weihnachtscircus in Dortmund führte erstmals Juniorchefin Larissa Kastein alleinverantwortlich Regie. Sie schuf eine sehenswerte, stimmige Show im FlicFlac typischen Stil, die vom Publikum im Herzen des Ruhrgebietes begeistert aufgenommen wurde.
Die schwarze-gelbe Zeltstadt war in der Nähe der Westfalenhallen auf einem Parkplatz aufgebaut und bot den bestens bekannten Anblick. In der Dunkelheit waren die schwarz-gelb gestreiften Zelte gekonnt illuminiert. Eine neu gestaltete Fassade empfing die Besucher. Gitterrohrträger waren zu großen Rechtecken zusammengestellt und die Felder mit schwarzen Planen, die das Logo des Circus zeigen, bespannt. Im Bereich der doppelflügeligen Eingangstür erhielt die Konstruktion eine „erste Etage“. Der bekannte Kassenauflieger fand seinen Platz vor der Front.
Das große Foyerzelt vermittelt im Innern einen edlen loungeartigen Eindruck. Unzählige Lichterketten hängen vor der schwarzen Decke und den Wänden. Zahlreiche Korbsessel gruppieren sich um die weiß gedeckten Tische und Barhocker ergänzen die Stehtische. Weißes Deko-Astwerk strukturiert den Raum, in den sich die roten Verkaufsstände der Restauration harmonisch einfügen.

Die gepolsterten Stühle des vierzehnreihigen, steil aufsteigenden Gradins sind bis auf den letzten Platz besetzt als die Show beginnt. Diese bedient sich einiger bewährter gestalterischer Elemente früheren FlicFlac-Produktionen. Alexandra Gerbey und Frank Fabry waren mit ihren markanten Stimmen des Öfteren bei FlicFlac zu hören. Gerbey, eine ausgebildete Opernsängerin, tritt mit hellem, sphärischem Gesang in Erscheinung, während Rockröhre Fabry in der Art von Rammstein seine Songs vorträgt. Passend dazu treten die Artisten in schwarzen oder weißen Kostümen auf und die Ausleuchtung der Show findet fast ausschließlich mit hartem weißem Licht statt.
Zu Beginn senkt sich ein zweiter, in einigen Metern Höhe schwebender, Boden auf die Bühne und zwei Artistengruppen nehmen, über die seitlichen Treppen herabsteigend, Aufstellung. Aus der Kuppel schwebt Alexandra Gerbey einen Weihnachtssong interpretierend auf einem Trapez herab.
Aus diesem Eröffnungsbild entwickelt sich die Handvoltigen-Darbietung der Truppe Puje vom Mongolischen Staatscircus in Ulan Bator. Die verschiedensten Kombinationen aus Saltos und Pirouetten werden sicher auf den Händen von einem zum anderen Fängerpaar gesprungen. Eine Passage zweier Flieger und Voltigen bis zum Vier-Mann-Hoch, ohne Vorteil, erfolgen mit großer Präzision.
Im weiteren Verlauf der Show begeistern die mongolischen Artisten, nun zu zehnt, mit Seil springen. Eine enorme Anzahl variantenreicher, anspruchsvoller Tricks des Genres erfolgt mit großer Sicherheit in flottem Ablauf.

Die Mesa Brothers arbeiten eine trickstarke Darbietung auf dem Hochseil. Leider agieren die Artisten mit südamerikanischem Temperament in schwarzen Outfits, so dass sie sich nur schlecht gegen den schwarzen Hintergrund abheben. Seil springen, Sprung über einen und zwei Partner, Zwei-Mann-Hoch und Bocksprung sowie eine Dreierpyramide sind die markanten Elemente des spannungsgeladenen Auftritts.
Zinzi und Evertja präsentieren ihre Hand-auf-Hand in einem stark tänzerisch geprägten Stil.
Eric McGill präsentiert sein Können am Schwungtrapez. Longengesichert arbeitet der junge englische Artist seine Pirouetten und spektakulären Abfaller. In hohem Tempo folgen die zahlreichen Tricks aufeinander.
Komiker René Bazinet, viele Jahre ein Star des Cirque de Soleil, ist in einer Szene zu erleben. Gemeinsam mit einem Zuschauer, das aussuchen des „geeigneten“ Mitspielers wird dank launiger Sprüche zu einer unterhaltsamen Angelegenheit, jongliert der Komiker mit imaginären Revolvern. Untermalt werden die Aktivitäten, die die Zuschauer begeistert mitgehen lassen, mit gekonntem Beat Boxing. Schließlich mündet die Szene in einen Showdown, der beide Revolverhelden getroffen zu Boden sinken  lässt.
Diabolo-Jongleur Tony Frebourg bietet mit seinem faszinierenden Auftritt einen der Höhepunkte des Programms. In enormer Anzahl werden, mit scheinbarer Leichtigkeit, schwierigste Tricks geboten. Auch mit zwei und drei Diabolos erfolgen variantenreiche und anspruchsvolle Abläufe in einer Anzahl wie sie andernorts nicht zu sehen ist.
Die Truppe Ruban arbeitet zunächst eine extrem gestylte Schleuderbrettdarbietung. Rahmenhandlung, Kostüme und musikalische Begleitung lassen den Beginn des letzten Jahrhunderts wieder aufleben und ein zu Beginn der Nummer auf der Bühne platziertes Grammophon unterstützt diesen Look. Die Tricks, deren Abfolge und die tänzerischen Übergänge erinnern stark an die Truppe Sokolov.
Zu Beginn des zweiten Programmteils arbeitet die Truppe Ruban eine Nummer an der Russischen Schaukel. Die hohen und weiten Flüge erfolgen allesamt in eine bis hoch in die Kuppel gespannte Plane im Hintergrund der Bühne.

Die Puje Girls, drei junge Kontorsionistinnen bieten einen erstklassigen Auftritt. Mit enormer Biegsamkeit und Beweglichkeit verblüffen sie das Publikum und beweisen bei zahlreichen Handständen auch große Kraft. Mit einem dreifachen Stand auf Mundstäben erreicht die Darbietung ihren Höhepunkt.
Die dritte, mitreißende Luftnummer im ersten Programmteil sieht das Duo Gatalexi in Aktion. Viele risikoreiche Partnertricks werden an den Strapaten ohne Vorteil in sehr großer Höhe gearbeitet. Einen besonderen Touch erhält der Auftritt durch die gelungene Live-Begleitung von Aleandra Gerbey und Frank Fabry im Duett.
Im zweiten Teil sehen wir Alexandra Gerbey mit ihrem Auftritt an den Strapatentüchern, den sie mit der live gesungenen Arie aus Maria di Lammermore untermalt.
Bodenjongleur Johan Welton verkauft seine variantenreichen Routinen mit gelungener Comedy. Tisch und Stuhl werden als Banden in das Spiel mit den Tennisbällen mit einbezogen und zum Abschluß der verschiedenen Muster finden die Bälle den Weg in einen Koffer. Mit Können und Ausstrahlung erobert der Jongleur die Herzen der Zuschauer im Nu. Spektakulär sein Finale – mit mehreren Lagen aus breitem schwarzen Tape überklebt er seine Augen und absolviert die letzten Routinen blind.

Bernadette Stock und Annamaria Toth waren mit ihrem „Bodytrapez“ bereits bei FlicFlac zu erleben. Sie präsentieren ihre risikoreichen Tricks in sehr großer Höhe ohne jede Sicherung und lassen die Besucher gebannt den Atem anhalten.
Die Pellegrini Brothers – Andrea, Erdeo, Natale und Ivan – brillieren mit ihrer einmaligen Hand-auf-Hand Darbietung. Auch nach vielen Jahren und oftmaligem Live-Erlebnis fasziniert der Auftritt der vier Brüder immer wieder aufs Neue. Die hervorragenden Tricks werden stets in allerbester Weise gearbeitet. Chapeau.
Abschließend sorgt das Duo Navas mit seinem Act in der Kuppel noch einmal für reichlich Nervenkitzel. Auf dem Todesrad ziehen die beiden südamerikanischen Sonnyboys alle Register. Aktionen in den Kesseln stimmen ein auf Blinddlauf, Seil springen und sehr hohe Absprünge auf der Außenbahn des Rades. Zwei Saltos außen auf dem Rad, im Zenit der Umlaufbahn von Ray Navas gesprungen bilden den umjubelten Höhepunkt des Auftritts. Zum Finale kommen die Mitwirkenden, „weiß“ von links und „schwarz“ von rechts in auf die Bühne und die Sänger intonieren noch einmal weihnachtliche Melodien während Kunstschnee auf die Bühne hernieder rieselt. Die Artisten nehmen am Bühnenrand Platz und mit lautem Getöse blasen starke Windräder lange weiße Papierstreifen und sämtlichen Staub vom Artisteneingang quer über die Bühne in den mittleren Zuschauerblock. Nachdem das Inferno sich gelegt hat, setzt das Publikum zu Standing Ovations an, doch allzu schnell hat sich die Schar der Künstler ins Vorzelt zurückgezogen so dass die Besucher ihre Ovationen abbrechen und sich auf den Weg machen.