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Text und Fotos Friedrich Klawiter
CIRQUE FIRMIN BOUGLIONE
Lüttich, 18. April 2014

Alljährlich im Frühling gastiert der Cirque Firmin Bouglione im Lüttich. Traditionell findet das Gastspiel auf der Esplanade Saint Leonard, einem Platz unweit des Stadtzentrums, statt.
Dekorativ strahlen die rot-weißen Zeltanlagen zwischen dem frischen Grün der Bäume, die den Platz umsäumen, hervor. Die schmucke Front mit dem weiß-roten Zaun und dem Bogen, mit dem Namenszug des Unternehmens daran, nimmt die ganze Breite des Platzes ein. Der nostalgisch hergerichtete, weiß gestrichene Schindelwagen mit der Kasse darin ist seitlich aufgestellt. Die rot-weißen Circustransporter, viele tragen ein orangenes Dekor, sind rings ums Zelt gruppiert. Für die Ponys und Exoten wurden helle, geräumige Ställe aufgebaut. Der übrige Raum ist den Wohnwagen der Direktion, Artisten und Mitarbeitern vorbehalten.
Der Boden des gemütlichen Vorzeltes ist mit rotem Teppich ausgelegt. Der Verkaufswagen der Restauration nimmt eine Seite komplett ein, derweil zahlreiche Sitzgelegenheiten auf der anderen platziert sind.
Im Chapiteau sind schmucke rote Logen und ein fünfreihiges Bankgradin für die Besucher aufgestellt. Der große elegante Artisteneingang aus rotem Samt mit dem Circusnamen obenauf nimmt den hinteren Bereich des Zeltes ein. Eine rote, üppig mit großflächigen goldfarbenen Ornamente bemalte Plane zieht sich rings um das Rondell, ergänzt die gediegene Einrichtung der Spielstätte und trägt viel dazu bei, die dichte, warme Atmosphäre zu verstärken.
Die großzügig dimensionierte Lichtanlage wurde nochmals ergänzt und wird auf höchst raffinierte Weise eingesetzt, so dass jeder auftretende Artist optimal unterstützt wird.

Clown Samuel ist ein erstklassiger Vertreter seines Standes; er bildet den „roten Faden“ in diesem Programm. Im Opening erläutert er die allgemeinen, aus dem Off gesprochenen Verhaltenshinweise in anschaulicher und sehr origineller Weise. Kunststoffteller sind als Verbotschilder hergerichtet und werden von ihm auf Spitzen, die aus den Füssen eines Klappstuhls hervorschauen rotieren lassen. Seine Golf-Reprise bringt eine Reihe eigener Gags und Abläufe und hebt sich somit völlig von der Masse dieser Szenen ab. So wird mit drei Golfschlägern jongliert und auch ein Golfball mit dem Schläger in der Luft gehalten. In einem weiteren Auftritt liefert er sich einen „Kampf“ mit „Monsieur Loyal“ Pierre Paillé um den Besitz des Mikrophons. Pierre Paillé, der auch in dieser Saison wieder als  erstklassiger, wortgewaltiger und eleganter Sprecher im roten Frack agiert, setzt seine gekonnte Rhetorik ein, während der Clown mit allerlei Kaskaden und Finten die Zuschauer auf seine Seite bringt. „Freude schöner Götterfunke“ lässt der Clown auf gestimmten kupfernen Bratpfannen erklingen.
Wir erleben Samuel als furchtlosen Dompteur, doch an Stelle eines Löwen springt ein Besucher durch den bereitgehaltenen Reifen. Der anschließend vom „Dompteur“ geforderte Sprung durch einen hell lodernden Feuerreifen wird verweigert und so jongliert Samuel mit drei Feuerreifen.

Direktor Riccardo Canestrelli, Enkel des Circusgründers Firmin Bouglione, ist mit zwei Dressurdarbietungen in der Manege präsent. Zunächst führt er mit leichter Hand gekonnt die Chambrière und leitet vier Tigerschecken-Ponys zu ihren Lauffiguren an. Munter traben die Pferdchen ihre Runden und mit verschiedenen Da Capo Steigern findet der Auftritt seinen Abschluss. Ein Kamel, ein Dromedar, zwei Watussis und zwei Lamas bilden den ausgezeichneten Exotenzug, den der versierte Tierlehrer in erstklassiger Manier präsentiert. In einem stimmigen „Maharadscha“-Kostüm agierend, lässt Riccardo Canestrelli souverän die unterschiedlichen Formation ausführen.
Ethel Biasini gehört seit einigen Saisons zum Ensemble des Cirque Firmin Bouglione. Die vielseitige Artistin arbeitet in der aktuellen Produktion wiederum ihre drei sehenswerten Nummern. Zunächst erleben wir sie mit ihrer neu gestylten Antipoden-Darbietung. Kostüm und Requisiten erstrahlen nun in weiß. Eine Rolle, Bälle und kleine Teppiche werden geschickt in vielfältiger Weise mit Händen und Füssen jongliert. Neu in ihrem Repertoire ist der Schlusstrick, zu dem die Artistin rücklings ungesichert in einer Tuchschlinge hängernd, hoch in die Kuppel gezogen wird, während drei Teppiche auf ihren Händen und Füssen kreisen. Wenig später präsentiert Ethel Biasini ihr können an den Tuchstrapaten. Im orientalischen Look werden, mit sehr gut passender musikalischer Begleitung, etliche raumgreifende Flüge, die die Kuppel füllen, geboten. Haltetricks und Abfaller ergänzen die Trickfolge der unmittelbar vor der Exotendressur gearbeiteten Nummer, die durch ihre Ausgestaltung eine sehr schöne optische Verbindung zur nachfolgenden Dressurdarbietung schafft.
Im zweiten Programmteil arbeitet die versierte Artistin eine weitere Luftnummer. Wir sehen sie am Trapez mit einer umfassenden Folge hervorragend ausgeführter Tricks. Verschiedene Balancen sowie das gleiten vom Knie- in den Fersenhang werden am ruhenden Trapez souverän dargeboten. Am weit ausschwingenden Requisit erfolgen eine Reihe effektvoller Abfaller, die dem Publikum verblüffte
„Ahs“ und „Ohs“ entlocken.


Harald und Sharon Vassallo sind gleichfalls mit drei Darbietungen in der Manege zu erleben. Zunächst sehen wir den sympathischen Artisten mit seiner Darbietung auf der freistehenden Leiter. In hohem Tempo werden die ersten Tricks, Pirouetten mit der Leiter, gearbeitet. Es folgen Jonglagen mit Ringen und Tennisschlägern auf der Spitze des Requisits. Ein Handstand und ein Zwei-Mann-Hoch mit der Partnerin sind weitere akrobatische Spitzenleistung dieser Nummer.
Der zweite Programmteil beginnt mit der variantenreichen Arbeit auf dem Drahtseil. Vielfältige Schrittkombinationen beider Partner und verschiedene Sprünge von Harald Vassallo werden auf dem straff gespannten Seil gearbeitet. Sharon Vassallo läuft in einem Reifen auf dem Seil und beendet ihren Auftritt mit einem gekonnten Spagat. Nun wird das Requisit mit wenigen Handgriffen in ein Schlappseil verwandelt und mit einer Balance auf dem Einrad endet diese Darbietung.
In ihrem letzten Auftritt begeistern Harald und Sharon Vassallo mit Leiterbalancen. An der Spitze der hohen, frei auf den Füssen von Harald balancierten Leiter, führt Sharon Vassallo verschiedene Hand- und Kopfstände elegant aus.

Letzte Darbietung des abwechslungsreichen Programms ist die Magic-Show von Melvin Velting. In schneller Folge und in hohem Tempo werden bekannte Groß-Illusionen mit dekorativen Requisiten gearbeitet.
Im Finale kommen alle Mitwirkenden noch einmal in die Manege und Pierre Paillé zieht noch einmal alle rhetorischen Register. Mit minutenlangem frenetischen Applaus dankt das begeisterte Publikum für das gute und mitreißend dargebotene Spektaktel.