Text und Fotos Friedrich Klawiter
CIRQUE Firmin BOUGLIONE
Namur, 10. März 2012

www.firminbouglione.be
Der Circusplatz von Namur, hoch über der Stadt auf der Esplanade der Zitadelle gelegen, ist die zweite Station des Cirque Firmin Bouglione in dieser Spielzeit. Das Äußere des Circus zeigt sich durch eine veränderte Front nochmals aufgewertet.
Der neue weiße Zaun wird mittig vom elegant geschwungenen Eingangsportal, dass den Namenszug trägt, gekrönt.

Der modern geformte, rot-weiße Zweimaster mit der hohen Spitze über der Kuppel wird durch ein optisch abgestimmtes Restaurationszelt ergänzt. Auf der linken Seite der Front hat der nostalgische Holz-Kassenwagen seinen Platz. Rechts neben dem Vorzelt sind die dekorativen amerikanischen Oldtimer-Zugmaschinen in exakter Formation abgestellt. Die charakteristisch und unverwechselbar bemalten und beschrifteten Bouglione-Transporter sind entlang der Platzseite aufgefahren. Zahlreiche große Wohntrailer nehmen die zweite Platzseite ein.
Das gemütlich eingerichtete Vorzelt ist mittels eines Tunnels mit dem Chapiteau verbunden. Dieses ziert ein neuer Artisteneingang. Etwas schmaler und höher als der Vorgänger, wirken die Proportionen harmonischer. Über dem edlen, gerafften Samt strahlt der LED beleuchtete Namenszug von zwei Bogenreihen Scheinwerfer umrahmt. Gleichfalls neu ist die mit goldenen Ornamenten verzierte rote Plane, mit der das Rondell abgehängt ist. In den nächsten Wochen werden neue Logen und eine neue Piste folgen und das Ambiente weiter verfeinern.
Die umfangreiche, traditionell ausgerüstete Lichtanlage wird von Betriebsleiter Riccardo Bouglione-Canestrelli, dem Sohn von Firmin Bougliones Tochter Rosa, perfekt eingesetzt. Sein Lichtdesign setzt die auftretenden Artisten in großartiger Weise in Szene.


Mit einem besonderen Highlight wartet der Cirque Firmin Bouglione in den ersten Gastspielstädten diesen Jahres auf. Zum ersten Mal sind die vielfach preisgekrönten Rossyann Clowns in Belgien, sie zieren auch die Plakate, zu erleben.
Weißclown Yann Rossi eröffnet, auf seinem goldenen Saxophon spielend, die Programmfolge. Er trägt einen weiten königsblauen Umhang über dem exzellenten Kostüm und mit gekonntem Spiel und großer Geste ist er ein stilvoller Weißclown, wie man ihn heutzutage kaum noch sieht.

Monsieur Loyal“ Pierre Paillé, im violetten Frack, heißt in seiner unnachahmlichen Art des eleganten Manegensprechers das Publikum willkommen und zu dritt,  August „Hector“ weilt gleichfalls im roten Ring, geben die Herren die Manege frei.
Victor Rossi präsentiert sich als versierter Jongleur. Mit weißen Ringen werden die ersten Routinen gezeigt. Anschließend hält der junge Artist bis zu sieben Bälle in der Luft. Variantenreich präsentiert er umfangreiche Abläufe mit Keulen.
In einem weiteren Soloauftritt stellt der junge Mann sein komödiantisches Talent unter Beweis. Mit frischem Lausbubencharme spielt er Golf. Gekonnt locht er den imaginären Ball in der Popkorntüte ein. Auch eine aus dem Publikum rekrutierte Assistentin zeigt Talent im Umgang mit Ball und Schläger.


Dana und Ethel Biasini sind mit ihrer Antipodenarbeit zu sehen, die im Erscheinungsbild variiert wurde. Nun beginnen die beiden Schwestern ihre Darbietung mit einer Tanzszene im spanischen Stil, bevor sie Teppiche, Walzen und Bälle effektvoll auf ihren Händen und Füssen tanzen lassen. Zum Schlusstrick wird eine Art Leiter an einer Trinka befestigt und eine der Artistinnen liegt auf diesem Gestell und den Füssen der Schwester. Die „Oberfrau“ jongliert ein großes Feuerkreuz und die untere lässt zwei mit LED illuminierte Teppiche auf den Händen kreisen.
Ethel Biasini sahen wir in den letzten Jahren mit einer attraktiven Darbietung an den Tüchern. Nun hat sie sich eine völlig neue Nummer am Schwungtrapez erarbeitet. Sowohl am ruhenden als auch am weit ausschwingenden Requisit zeigt sie eine große Anzahl attraktiver Tricks -  u. a. Abfaller, Schwung in den Fersenhang und das gleiten vom Knie- in den Fersenhang.

In einem dritten Auftritt präsentieren die beiden Schwestern zusammen mit ihrem Vater Fahrradartistik. In klassischen Kostümen, die an Figuren der Commedia dell' Arte angelehnt sind, zeigen sie auf Einrädern, Minibike und Stangenrad ihr Können. Selbstverständlich darf auch Partnerakrobatik auf einem „normalen“ Fahrrad in dieser klassisch angelegten Darbietung nicht fehlen.

Als einzige Tiernummer im diesjährigen Programm wurde Paolo Folco mit seiner vielköpfigen Hundemeute verpflichtet. Zwei Anhänger an einem kleinen Traktor, das gesamte Equipement üppig mit verschiedenfarbigen Lichtschläuchen dekoriert, befördern unter lautem Gebimmel die kleineren Hunde, verschiedene Terrier, in die Manege. Es folgen Dalmatiner, Bernhardiner, Rehpinscher, Golden Retriever, Bobtail und Pudel verschiedener Größen und Farben. In rasantem Wirbel fegen Hunde und Vorführer durch den roten Ring. Sicherlich mehr als vierzig, unmöglich die genaue Zahl zu ermitteln, Vierbeiner zeigen ihre Tricks. Einmalig, dass sieben Hunde zugleich mit ihrem Dresseur Seil springen. „Spanischer Tritt“ eines Pudel ist genauso zu sehen, wie Barrierensprünge und Hinterbeinläufer. Der etwa zwölfjährige Sohn von Paolo Folco ist bereits in den Auftritt integriert. Im Clownsornat lässt er eine Gänseschar einmal um die Manege paradieren. Turbulent endet die Nummer, da die meisten Hunde eine Rutschbahn erobern.

Die akrobatischen Höhepunkte des Programms werden vom Duo Tzokolay geboten. Zunächst zeigen die beiden ungarischen Artisten, Brigitta und Gabor, eine veritable Handstanddarbietung. In eleganter Weise werden vielerlei publikumswirksame Tricks ausgeführt.
Brigitta bietet eine ansprechende Kür am Vertikalseil. Viele gängige Tricks dieses Genres werden souverän geboten.

Eine kraftvolle Arbeit am ruhenden Trapez arbeitet das Duo als dritte Darbietung. Viele Partnertricks, Halteposen und Positionswechsel folgen in flüssigem, schwungvollen Ablauf aufeinander.

Das Highlights der Show sind eindeutig die Rossyann Clowns. Im intimen Rahmen dieses Chapiteau sind die Besucher unmittelbar am Geschehen und können im pointierten, facettenreichen Spiel jede Nuance und feinste Mimik bestens wahrnehmen.
Maurin - Hector - Rossi kommt mit einem großen Holzkoffer auf der Schulter in die Manege, um bei Monsieur Loyal nach einem Engagement zu fragen. Daraus entspinnt sich der  Dialog des „abladen-aufladen-Entrees“ zwischen Pierre Paillé und dem August. Offensichtlich mit großer Freude sind die beiden Komödianten bei der Sache. Nach fünf, sechs Versuchen hat er es geschafft - er darf sein Können als Artist zeigen. Der Koffer dient als Unterlage, darauf eine Magnum-Flasche und ein Rola-Brett. Mit großer Selbstverständlichkeit balanciert der August nun auf der Rola und jongliert mit drei Tennisschlägern.
Im großen Entree vor der Pause zeigen die Rossyann eine neue Facette ihres umfangreichen Repertoire. Ein Apfel ist so am Körper zu verstecken, dass der Partner ihn nicht findet und wer dies schafft, erhält die Frucht als Siegprämie. Mit Hingabe und großartigem Spiel agieren die beiden Brüder und selbstverständlich erweisen sich die ersten Verstecke als nicht perfekt, der Apfel wird bald entdeckt. Dann hat „Hector“ die ultimative Idee, schnell wird der Apfel abgenagt und die Bissen im Mund „versteckt“. Es funktioniert wunderbar, bis ihm Yann auf die Schulter klopft und sich eine Apfelstückchen-Fontäne in die Manege ergießt.
Nach einem Intermezzo mit einem Gummihandschuh endet das Entree in klassicher Weise mit Musik. Weißclown Yann Rossi begleitet auf der Gitarre das virtuose Glockenspiel  seines Bruders.

Im zweiten Teil sehen wir Maurin Rossi zusammen mit seinem Sohn Victor. Mit Warnweste und Helm ausgestattet „leiten“ sie den Abbau des Holzbodens der Fahrradnummer. Nachdem der Weißclown ihre Trillerpfeifen konfisziert hat, demonstrieren sie ihre Musikalität auf Fingerpfeifen.
Natürlich sehen wir die beiden hervorragenden Musical-Clowns noch einmal vor dem Finale. Mit hoher Musikalität und feinem Humor bieten sie ihr von der letzten Saison bekanntes Entree. Xylophon-Duett, „musikalisches Jackett“ und virtuoses beherrschen vieler verschiedenen Blechblasinstrumente sind die herausragenden Eckpunkte des Auftritts. Mit dem Gefangenenchor aus Nabucco auf Blasebälgen gespielt, bieten sie einen besonderen Gag. Trompetenspiel, Maurin spielt auf zwei Instrumenten gleichzeitig, lässt dieses große Entree, in dem hervorragende Beherrschung vieler verschiedenen Instrumente im Vordergrund steht und dass man in dieser Art so nicht mehr geboten bekommt, stilvoll ausklingen.
Kaum ist der letzte Ton verklungen, kommen die Artisten in die Manege und das Finale schließt übergangslos an. Dieses folgt beim Cirque Firmin Bouglione einer straffen Choreographie und ist stets kurz gehalten. Die Mitwirkenden nehmen Aufstellung, Pierre Paillé stellt alle namentlich vor und dann nehmen sie die minutenlangen frenetischen Ovationen eines restlos begeisterten Publikums entgegen.
Klassischen guten Circus in stilvollem Ambiente bietet der Cirque Firmin Bouglione stets seinen Besuchern und dies macht einen Besuch in diesem gepflegten Unternehmen immer wieder lohnenswert

Die Möglichkeit, Weltklasse-Clownerie hautnah zu erleben ist noch bis zum fünfzehnten April gegeben und niemand sollte sich diese einmalige Gelegenheit entgehen lassen...
optimiert