Text und Fotos Friedrich Klawiter
CIRQUE Fabio ZAVATTA
Woippy, 15. Sept. 2010
Der immer noch zugkräftige Name „Cirque Zavatta“ findet in Frankreich gut zwei Dutzend mal Verwendung. 'Cirque Fabio Zavatta' lautet die Firmierung, unter der Christian Prein seinen respektablen Circus betreibt. Woippy liegt am Stadtrand von Metz, dessen große gotische Kathedrale von hier aus gut zu sehen ist. Das in der lothringischen Metropole nur zwei Tage später das Gastspiel des Cirque Medrano, der natürlich auch den vorgelagerten Ort bewirbt, beginnt, tut dem geschäftlichen Erfolg des Cirque Zavatta keinen Abbruch.

Die Werbung des Circus ist üppig. Praktisch an jedem Laternenmast Plakate, dazu zahlreiche große circuseigene Plakatwände und ergänzend der Einsatz von Lautsprecherwagen lassen jeden Einwohner wissen, welches Ereignis angesagt ist.
Cirque Zavatta reist ohne Ausfaller, gibt jeden Tag eine Vorstellung - nur der Sonntag ist aus religiösen Gründen spielfrei. Oftmals sind es Ein- oder Zweitagesplätze. Steht ein umsetzen an, wird nach der Vorstellung abgebaut, im Konvoi zum nächsten Ort in einer Fahrt umgesetzt und noch die Masten gestellt. Am folgenden Tag wird fertig aufgebaut und nachmittags findet die nächste Vorstellung statt. Zehn Personen gehören zu diesem Circus.


Ein schmaler Wiesenstreifen zwischen Wohnbebauung und Sportplatz, an der hinteren Seite von der Bahn begrenzt, dient dem Circus als Standort. Ein außergewöhnlich aufwändig gestalteter Fassadenwagen nimmt beinahe die ganze vordere Platzseite ein. Die interessant geformten ausklappbaren Elemente geben der Fassade Chic. Das gesamte Fahrzeug ist ringsum, also auch auf den Rückseiten aller Klappen, mit Circusmotiven in perfekt ausgeführter Airbrushtechnik dekoriert. Eine elegant geschwungene blanke Metalltreppe mit Edelstahlgeländer führt zur eingebauten Kassenbox. Gekonnt geschwungen wurde sie aufwändig aus blankem Metall und Plexiglas gefertigt. Auch der Durchgangsbereich, das heißt der gesamte Innenraum des Wagens ist aufwändig per Airbrush mit diversen Motiven gestaltet. Auf dem blanken Riffelblechboden sind zwei flauschige, wie neu wirkende, rote Teppiche ausgebreitet und das komplett lichtdurchlässige Fahrzeugdach sorgt für eine helle Atmosphäre.

Rot und gelb sind, wie so oft bei französischen Circussen, die vorherrschenden Farben. Die modernen Fahrzeuge zeigen makellos rot lackiert und mit gelber Beschriftung versehen. Der neue, erst drei Monate alte, sein  Durchmesser beträgt dreiundzwanzig Meter, Zweimaster mit der modernen, in Frankreich derzeit häufig zu sehenden, Silhouette trägt ein gelb-rotes Streifendesign. Vier sehr hohe Quaderpools formen die weite Kuppel.
Zwischen Fassade und Chapiteau sind die Tiertransporter platziert. Sie sind mit großen seitlichen Klappen und Rampen versehen, ihr Inneres ist zu Boxen ausgebaut und macht so den Einsatz von Stallzelten überflüssig. In den Paddocks vor den Fahrzeugen grasen friedlich Kamel und Dromedare.

Auch der Raubtierwagen mit den acht Katzen steht vor dem Zelt, unmittelbar neben dem Eingang und bietet so ein wenig Unterhaltung während man auf den Einlass wartet. Das Chapiteau betritt man direkt neben dem Artisteneingang, der aus einer schlichten Plastikplane besteht.  Hinter den weißen Plastikstühlen der Loge und dem schmalen Gang  findet sich ein steiles massives vierreihiges Gradin typischer französischer Bauart. Ein kleiner feiner Restaurationswagen, er steht auch während des Programms zur Verfügung, komplettiert die Einrichtung. Auffallend ist, dass Masten, Quaderpools und Rondellstangen aus Edelstahl gefertigt sind.  Darauf angesprochen, erklärt uns Monsieur Prein, dass in seinem Geschäft alle Metallelemente aus diesem Material, dass zwar in der Anschaffung teurer dafür aber viele Vorteile biete, seien.

Der Andrang zum Besuch der Vorstellung ist enorm. Logen und Gradin sind restlos gefüllt und mit gut zwanzig Minuten Verspätung kann es dann losgehen, nachdem sich ein jeder mit genügend Popcorn und Getränken eingedeckt hat.
Nach einer kurzen Begrüßung durch den Direktor startet die Spielfolge mit einer Raubtierdressur mit Christian Prein jun. als Vorführer. Zwei Tiger und eine Löwin kommen in den Käfig. Eine weitere zur Gruppe gehörende Tigerin hat, während die Löwin als erste auf dem Weg zur Manege war, Babys bekommen. Drei kleine Kätzchen drücken sich dicht an die Mutter ins Stroh, als der stolze Direktor uns in der Pause extra vor das Abteil führt.
Gekonnt leitet der junge Mann die Katzen zu ihren zahlreichen Tricks an. Balkenlauf, Sprünge, Teppich und Hochsitzer am Platz gehören zum heutzutage gängigen Repertoire und mit der Löwin wird auch ein Scheinangriff und direkter Kontakt demonstriert.

Aus Tschechien kommt das Duo Kellner. Mit einer schwungvollen Keulenjonglage verstehen sie das Publikum mitzureißen. Eine umfangreiche Folge an Passings mit bis zu sieben Keulen wechseln mit Übernahme der Muster des Partners sowie diversen Soloroutinen des männlichen Partners. Ihre zweite Darbietung, kraftvolle Akrobatik an den Strapaten, kann zur Zeit nicht in vollem Umfang gezeigt werden, da die junge Frau noch im 'Mutterschaftsurlaub' ist.

Der zweite Sohn des Hauses, Philippe, präsentiert die Cavallerie. Zunächst erfreuen zwei weiße Ponys, Aramis und d' Artagnan mit Namen, die jungen Zuschauer. Ihnen folgt der weiße, portugiesischer Abstammung - alle Tiere werden vom Direktor vorgestellt - Hengst Nico. Nachdem dieser einige Solofiguren gelaufen ist, bildet er zusammen mit 'Aramis', der inzwischen das passende Geschirr trägt, ein ansprechendes Groß-und-Klein. Ein als Lipizzaner angekündigtes weiteres Pferd überzeugt mit spanischem Schritt und einigen Da Capo-Steigern und beendet die hippologischen Vorführungen. 
Am Vertikalseil sehen wir Mademoiselle Elaine. Elegant produziert sich die Tochter von Direktor Christian Prein unter der Kuppel. Die genreüblichen Figuren und Tricks werden flüssig geboten. Abschließend lässt sie sich im Stroboskoplicht voll ausdrehen.

Eine bestens bekannte Melodie schallt aus den Boxen der leistungsfähigen Soundanlage. Dann überlagert eine Ansage den Mitschnitt der Musik: „...Juniorchef des Hauses, Franz Barelli...“. Vier Dromedare mit ihren prächtigen weißen Schabracken mit goldenen Ornamenten und dem Schriftzug 'Barelli' eröffnen das Exotentableau. Unter der Peitschenführung von Christian Prein jun. wird die hinreichend bekannte Trickfolge von den im Sommer übernommenen Kameloiden vorgetragen. Als nächstes sehen wir ein Solo-Kamel mit seinen Lauffiguren. Ihm folgt ein prachtvoller afrikanischer Straußenhahn. Abschließend stehen zwei der vier ehemaligen Barelli-Zebras im Mittelpunkt des Zuschauerinteresses.

Monsieur Prein bittet zur Pause und kommt damit zum heimlichen Programmhöhepunkt. Die große Tombola steht. Das Chapiteau bleibt auch während der Pause fest verschnürt und damit die allermeisten Besucher in seinem Innern. Die Tische mit den Gewinnen werden in der Manege positioniert und wortreich preist der Direktor die Lose an. Der geforderte Preis, ein Los zwei Euro - drei Lose drei Euro, ist nicht überzogen und so finden selbige reißenden Absatz. Keine Eltern, bzw. Großeltern die den Kindern dieses Vergnügen nicht bereiten und so wechseln die Trostpreise und Kleingewinne flott den Besitzer. Kaum hat sich die Aufregung im Gradin ein wenig gelegt, offeriert der Chef diverse Leuchtstäbe zum Kauf, nur mit ihnen könnten später die Clowns gebührend begrüßt werden. Auch dieses Mal sind die Bemühungen von großem Erfolg gekrönt und dann geht es weiter im Programm. Nach den Evolutionen an den Strapaten ist es soweit, es folgt der Höhepunkt eines jeden französischen Circusprogramms - das große Entree der Clowns. Die drei Herren Prein, der Senior agiert in der Rolle des Weißclown, legen sich mächtig ins Zeug und bieten ein umfassendes Repertoire von epischer Länge. Man startet mit dem 'verbotenen musizieren', bringt einigen Wortwitz und allerlei Klamauk. Die Kinder kreischen vor Vergnügen und weiter geht es mit dem Boxroboter. Mit aller Ausführlichkeit werden alle bekannten Gags abgespult.
Ziemlich unvermittelt endet nun die Vorstellung. Auf ein Finale wird vollkommen verzichtet. Der Direktor verkündet das Ende des Programms, bedankt sich für den Besuch und entlässt mit einer kurzen Abschiedsformel sein Publikum.

Cirque Fabio Zavatta ist ein kleiner sehr feiner Circus, der nicht nur mit einem interessanten abwechslungsreichen und guten Programm überzeugt und für einen sehr gelungenen und unterhaltsamen Besuch sorgt.
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