optimiert



Text und Fotos Friedrich Klawiter
ZIRKUS CHARLES KNIE
Northeim, 04. Juni 2022

www.zirkus-charles-knie.de
Der Zirkus Charles Knie - ein funkelnder Diamant in der europäischen Circus-Landschaft – kehrt mit seiner großartigen neuen Show aus der mehr als zweijährigen Zwangspause zurück. Modern und leistungsstark, innovativ und zukunftsweisend, emotional und alle Sinne berührend – die neue Wasserspektakel-Produktion von „Europas Top Circus“ verbindet traditionelle Circus-Kunst mit modernen Show- und Revue-Elementen und begeistert vom Beginn bis zum Finale in jeder Sekunde.
Auf dem „Mühlenanger“ in Northeim präsentierte sich der Circus zu seiner Saisonpremiere in Bestform. Die neue dekorative, in einem matten Goldton beschichtete Fassade schließt den Circus an der Frontseite ab. Die luftig gehaltene, etwa mannshohe Konstruktion verdeckt nicht den Circus und fügt sich mit ihrer integrierten Beleuchtung hervorragend in reiche nächtliche Beleuchtung des Circus ein. In jedem zweiten Gitterfeld ist das dreidimensionale Logo, in Art eines Schaukastens angebracht, in dem der Namenszug,  aus Spiegeln geformt funkelt.
Die modernen, in den Hausfarben creme und rot gehaltenen, bestens bekannten Zeltanlagen strahlen im Sonnenlicht genau so wie der in frischem Lack glänzende umfangreiche Fuhrpark. Hier fallen etliche neu hinzugekommene Schiebeplanen-Auflieger ins Auge, deren Plane das Design der Zelte widerspiegelt.
Am geräumigen und geschmackvoll eingerichteten Vorzelt wurde angesichts des warmen Frühsommertages die Vorderseite geöffnet, so dass es noch mehr Aufenthaltsqualität bot.
Im Chapiteau erwarten einige Veränderungen die Besucher. Das Klappsitz-Gradin wurde gegen ein neues getauscht, das auf den breiten ebenerdigen Haupteingang verzichtet. Ebenso sind nun die drei Reihen Logensitze, ebenfalls ansteigend, in die Konstruktion integriert. Am augenfälligsten ist der Verzicht auf eine Manege. An ihre Stelle ist eine erhöhte Bühne getreten, die komplett mit hellgrauen Lochblechplatten belegt ist und unter der sich das riesige Wasserreservoir befindet. Zahlreiche Beleuchtungskörper und Wasserdüsen sind in die Fläche eingelassen und der Mittelteil kann hydraulisch in der Höhe verfahren werden.

Mit dem neu entwickelten Konzept seiner als „Wasserspektakel“ bezeichneten Show geht der Zirkus Charles Knie eigene Wege, die mit dem bekannten „Circus unter Wasser“ nur das namensgebende Element gemeinsam haben. Wird dort ein Programm auf einer kleinen Insel über einer ansonsten wenig genutzten Wasserfläche geboten, ist bei Charles Knie das nasse Element ausschließlich in Form vielseitigster Fontänen, die aus mehreren hundert Düsen aus dem Boden der Bühne hervorschießen, zu erleben. So kommt zu einem opulenten und exzellenten Lichtdesign, wie man es in einem reisenden Unternehmen nicht besser bieten kann, in Verbindung mit hervorragender musikalischer Begleitung das Wasser als weiteres gestalterisches Element hinzu, mit dem die Artisten in einmaliger Weise unterstützt und in Szene gesetzt werden. Wasser, als eines der unverzichtbaren Elemente jeden Lebens, berührt die Sinne aller und übt von je her eine Faszination aus, der man sich nur schwer entziehen kann. Die perfekte Integration in die Show lässt die einzelnen Darbietungen in einmaliger Weise zur Geltung kommen.

Ballett, Sängerin und – wie könnte es anders sein – die dynamisch druckvolle Fontänen bestimmen den temperamentvollen Beginn der Show.
Veronika Faltyny präsentiert ihr Können nun an einem „Kronleuchter“. Hoch in der Kuppel, eingerahmt vom sprudelnden Nass, erfolgt die ansprechende Abfolge erstklassiger Tricks.
Tempo geladen auch die folgende Darbietung von Jimmy Navratil. Der jugendliche Jongleur rockt zuerst mit Fußbällen und anschließend mit Tennisschlägern in einem rasanten Wirbel das Zelt. Die vielseitigen Routinen erfolgen sehr präzise und speziell die Tennisschläger werden in höchstem Tempo manipuliert.
Die beiden tierischen Darbietungen präsentiert Laura Urunova. Fünf Aras, ein Kakadu und gut ein halbes Dutzend Sonnensittiche begeistern mit ihren Flugkünsten die Besucher. Sie überbringen eine Rose, fliegen durch Ringe die Logengäste emporhalten oder landen auf  Händen und Armen von Kindern. Lange und weite Flüge über dem Zuschauerraum sind der gelungene Höhepunkt der Darbietung. Im zweiten Programmteil erleben wir die Tierlehrerin mit einer quirligen Hundemeute. Sieben Pudel und ein Border-Collie lassen ihrer Spielfreude freien Lauf und sind eifrig dabei ihr Sprungvermögen sowie verschiedene Hinterbeinläufe zu zeigen.
Die Magic-Show der Jidinis verblüfft das Publikum mit einer Reihe attraktiver Großillusionen. Im Las Vegas Style überraschen der Magier und seine Show Girls ein ums andere Mal mit unerwarteten Effekten.

Verzweiflung pur in den Augen, anscheinend nichts wirklich können und grandioses Scheitern als Programm – Comedian César Dias ist erneut im Zirkus Charles Knie zu erleben. Sein Weg zu einem Solo auf der Mundharmonika ist ein beschwerlicher und auch die „Singende Säge“ erweist sich zunächst als bockig. Gemeinsam mit einem freiwilligen Mitspieler versucht er sich als Revolverheld. Immer wieder faszinierend und großartig ist seine letzte Szene, wie immer unmittelbar vor dem Finale geboten, in der er als Sänger von „My Way“, mit etlichen Problemen konfrontiert, allen Missgeschicken zum Trotz das Lied und den Auftritt zu einem guten Ende bringt.
Spannung und Nervenkitzel verbreitet Maverik Niemen auf der Rola-Rola. In großer Höhe stellt er ein ums andere Mal sein Balancevermögen auf dem labilen Untergrund unter Beweis. Seil springen, Handstand und Balance auf einem großen Ball werden mit großer Sicherheit gezeigt, dann stapeln sich Bänkchen unter seinen Füßen. Abschließend „ruht“ das Rollbrett auf sechs Zwischenelementen und zwei Rollen.
Die Laser Show des Duo Lugo wartet mit einer Reihe besonderer Effekte auf. Die bunten Lichtstrahlen entstehen nicht nur auf der Bühne, sondern schießen auch von etlichen anderen Positionen durch den Raum. Eine fliegende Gestalt mit einem per unzähliger LED bunt illuminiertem Umhang und aus der Bühne aufsteigende Feuersäulen sind weitere Elemente, die erstaunte Ausrufe hervor rufen.
Berauschende Wasserspiele unterlegt mit perfekt abgestimmten Licht und vollem Sound demonstrieren vor der Pause die Leistungsfähigkeit der technischen Ausstattung. Bis hoch in die Kuppel reichen die Fontänen die, aus zahllosen, auf der gesamten Bühne verteilten Düsen austreten.

Die romantisch inspirierte Rollschuh-Darbietung des Duo Ernesto eröffnet den zweiten Teil der Show. Vom Ballett eingeleitet und mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln unterstützt, erhält auch diese starke und bestens bekannte Darbietung weitere Aufwertung und einen ganz eigenen Drive.
Devin und Davide mit ihrem Act an den Strapaten, sowie die Handstandequilibristik von Devin de Bianchi erfahren in dieser Show eine völlig neue Dimension. Beide Acts sind von hohem akrobatischem Können und der Ausstrahlung der Artisten geprägt und bieten eine Reihe anspruchsvollen Tricks. Im Zusammenspiel mit den gestalterischen Möglichkeiten dieser Show geht ihre Wirkung weit über das Gewohnte hinaus. Die Emotionen werden geweckt und alle Sinne angesprochen, so dass man getrost von einem Gesamtkunstwerk sprechen kann.
Mit der Antipoden Darbietung von Jan Navratil nimmt die Show noch einmal mächtig Fahrt auf. In höchstem Tempo lässt der sympathische Artist bis zu vier Walzen variantenreich auf seinen Händen und Füßen rotieren. Die folgende Tafel wird gleichfalls sicher manipuliert. Den Höhepunkt des Auftritts bildet die Balance eines etliche Meter hohen leiterartigen Gestells, mittels dessen ein Ball über mehrere Etagen in einen Korb an der Spitze gekickt wird.
Die Truppe Robles wird mit ihrer famosen Arbeit auf dem Hochseil als letzte Darbietung aufgeboten. Sie zeigen ein umfassendes Repertoire hochkarätiger Tricks des Genres wie z.B. Sprünge über einen und mehrere Partner, doppeltes 2-Mann-Hoch, Bocksprung, Seil springen, 3er-Pyramide auf zwei Fahrrädern. Mit einer formidablen Siebener-Pyramide bietet die Formation der vier Herren und drei Damen ein umjubeltes Highlight.
Das große Finale bietet noch einmal alles auf, was diese großartige Show ausmacht. Die Bühne fährt zu einer Pyramide mit mehreren Etagen aus und in der riesigen Spiegelkugel an der Spitze der Wasserkaskaden brechen sich funkelnd die Strahlen der Scheinwerfer zu unzähligen Irrlichtern, die sich überall im Raum widerspiegeln. Diese grandiose Atmosphäre, eine Mischung von „Las Vegas Style“ und „Lido de Paris“, erfüllen Sängerin, Ballett – mit prachtvollem Federschmuck an den Kostümen – und das Ensemble der Artisten mit Leben. Das völlig enthusiastische Publikum feiert die Show, ihre Akteure und vielleicht auch ein wenig sich selbst mit minutenlangen Standing Ovations und „Zugabe“ Rufen. Nur allmählich legt sich der Jubel und wird das Ende der Show realisiert.
Diese, schlicht „Wasserspektakel“ titulierte Show stellt eine bedeutete Veränderung der Programmstruktur im Zirkus Charles Knie dar. Sie ist innovativ, kraftvoll, modern und ist dennoch im traditionellen Circus verwurzelt. Sie ist ein Meilenstein in der Entwicklung und man kann Direktor Sascha Melnjak zu dieser Produktion nur beglückwünschen. Chapeau.