Text und Fotos Friedrich Klawiter
CIRCUS Carl BUSCH
Wiesbaden, 06. November 2010

www.circus-carl-busch.de
Zum zweiten Mal in diesem Jahr war der Circus Carl Busch zu Gast in Wiesbaden. Wie immer stand der Circus der Familie Wille vorbildlich aufgebaut und wie aus dem Ei gepellt da. Nach vielen Jahren in denen der Circus Carl Busch einen vertrauten Anblick bot, änderte sich das Äußere im vergangenen Herbst stark.

Die Optik der Zelte hat sich grundlegend gewandelt. Extrem überragen die Masten mit hohen aufgesetzten Bögen die Kuppel des Chapiteaus. Die gleiche Optik weist das Vorzelt auf. Die Farbgebung wurde gerade umgekehrt – war das Vorgängermodell weiß mit blauem Dekor, hat man nun ein blaues Dach mit sparsamen, modern gestylten weißen Applikationen. Die Logistik im Hause Carl Busch scheint perfekt optimiert, man benötigt eine erstaunlich geringe Anzahl Auflieger den Circus von einem zum anderen Spielort zu transportieren.
Starke Kontraste schaffen das direkte Nebeneinander von modernstem Zeltdesign und modernen Sattelzügen in Verbindung mit den vier Holzschindel-Oberlichtwagen und dem romantisch gestalteten Frontzaun. Ähnlich stellt sich auch das Innere des Chapiteau dar. Es ist modern, in edlem kühlen Blau gehalten. Der frühere markante, reich verzierte Artisteneingang ist einer schlichteren Ausführung gewichen. Die neue Konstruktion schmaler und kompakter als der Vorgänger, ist komplett in blauem Tuch mit dezenten goldenen Borden gehalten. Dominiert wird er von zwei mächtigen vorgebauten Treppen – deren blanke Metallgeländer ziemlich dominant wirken - die auf eine leere Orchesterbühne führen. Unverändert blieben die Logen, deren Dekor dem ehemaligen Eingang entspricht. Die Naturholzverbretterung der Piste harmoniert mit den Logen.

Die Lichtanlage ist topmodern, komplett mit LED-Scheinwerfern ausgerüstet. Leider erfolgt ihr Einsatz wenig virtuos. Weiß, blau und rosa sind die wechselweise eingesetzten Farben, die die Manege komplett hell ausleuchten.

Natürlich bot man ein gegenüber dem Frühjahrsgastspiel variiertes Programm. Alexandra Gerbey und Yury Kovalschuk  schreiten langsam, live eine Arie singend, von der Orchesterbühne über die Treppen in die Manege, in die die Artisten zu einem kurzen Opening kommen. Eine „Ballerina“ - Ofelia Ernesto - wird per überdimensionalem Schlüssel zum Leben erweckt und zu Live-Gesang von Yury Kovalschuk vollführt sie ihre Kür, inklusive Spitzentanz, auf dem Seil.
Gleich im Anschluss präsentiert Manuel Frank vier Kamele in einer variantenreichen Laufarbeit. Flott und fehlerfrei werden die Figuren absolviert. Als Da Capo zeigen zunächst drei Lamas ihr Sprungvermögen. Darauf folgen die sechs Miniponys des Circus Carl Busch.
Neu verpflichtet wurde das Duo Rapolli, Helena und Antonio Navratil, mit einer flotten Jonglagedarbietung. Zunächst werden von beiden Akteuren eine Reihe an Routinen mit Keulen geboten. Schwungvoll und fehlerfrei präsentieren sie ihre Kunst. Solo arbeitet Antonio Navratil mit Fußbällen. Bis zu fünf Stück hält er, scheinbar mühelos, in der Luft. Abschließend wird im Zwei-Mann-Hoch mit Keulen jongliert.
Helena Navratil ist im zweiten Programmteil mit einem kleinen Hund in der Manege präsent. 

Die Pferdefreiheit mit sechs Friesen und Natascha Wille als Vorführerin ist seit Jahren im Programm dieses Circus. Ruhig und sicher werden die üblichen Lauffiguren absolviert.
Dann wechseln die Vorführer und Manuel Frank erweitert die Nummer mit sechs Arabern zu einem perfekt arbeitenden Zwölfer-Zug. Mit großer Souveränität dirigiert er die Pferde. Die Gruppe wird auf die sechs Araber reduziert und mit diesen die Vorführung fortgesetzt. Selbstverständlich dürfen auch einige Da Capo-Steiger nicht fehlen.


Seit Jahren sind die Bubi Ernesto Clowns eine feste Größe bei Carl Busch. Vater Bubi und Sohn Paolo als Auguste, sowie Tochter Ofelia als Weißclown sind ein klassisches Trio, dass laut und schrill mit viel Klamauk und Musik für Heiterkeit sorgt. Das Glockenspiel mit Zuschauerbeteiligung und ein 'musikalischer Boxkampf' sind Klassiker ihres Repertoires.
Sandy Ernesto ist auch im aktuellen Programm mit einigen Reprisen zu sehen. So spielt sie u. A. mit einem Lichtpunkt, formt Ballons, spendiert einem Zuschauer Popcorn. Ihre direkt vor der Pause platzierten „vier Stühle“, lange Zeit liebevoll gestaltet und mit drei weiteren Damen als 'Ballett' präsentiert, sehen sie nun wieder alleine in Aktion.

Die von Manuel Wille beworbene Pausentierschau findet riesige Resonanz beim zahlreichen Publikum.

Zurückgekehrt ist Carmen Zander mit ihrer Tigerdressur. Zahlreiche Sprungvariationen bilden den Schwerpunkt ihrer umfangreiche Arbeit.  Teppich, Pyramide, Hochsitzer und Vorwärtssteiger sind weitere Elemente der attraktiven Dressur, die leider durch häufige, aufgesetzt wirkenden Tanzeinlagen der Vorführerin nicht optimal präsentiert wird.
In der besuchten Vorstellung hatte die Dompteuse sehr viel Glück, dass sie blitzschnell wieder auf die Beine kam nachdem sie stolperte und zu Boden ging. Ein Tiger hatte die beiden Handreifen „erbeutet“, während des kompletten Auftritts verließ er immer wieder  seinen Platz und sprang damit quer durch die Manege. Beim Versuch ihn zu parieren stolperte und stürzte Carmen Zander - zum Glück ohne Folgen.


Die Antipodenspiele von Natascha Wille sind natürlich auch im aktuellen Programm zu sehen. Charmant wie stets demonstriert die junge Frau ihre Kunst.
Die beiden Elefanten des Hauses werden von Manuel Wille vorgestellt. In bekannter Art leitet er sie zu ihren Tricks, die oftmals mit einem Augenzwinkern verkauft werden.
Die einzige Luftnummer in der weiten Kuppel wird von Alexandra Gerbey geboten. An den Strapatentüchern produziert sich die junge Frau kraftvoll und anmutig. Den besonderen Moment erhält diese Darbietung durch den Live-Gesang, die Arie aus Lucia di Lammermoore von Donizetti, der Artistin.
Die Rollschuhnummer der 'Skating Ernesto' ist eine modern und edel gestylte Darbietung. Zur Zeit wird sie mit stark kontrastierender musikalischer Begleitung präsentiert. Aus den Boxen klingen ausschließlich rhythmische Beats derweil  Yury Kovalschuk hinter Plattform stehend eine klassische Arie singt. In der besuchten Vorstellung wurde Veronica Faltyny – sie wurde im Sommer Mutter eines Sohnes -  noch von ihrer Schwägerin Ofelia Ernesto vertreten, so dass nicht die komplette Trickfolge gezeigt werden konnte.

Logischerweise gibt es auch zum Finale Live-Gesang. In den seitlichen Treppenaufgängen erscheinen, eine Kerze in den Händen haltend, die beiden Sänger „Time to say good bye“ intonierend. Es dauert sehr lange, bis sie in der Manege angekommen sind und endlich die Artisten, gleichfalls mit Kerzen ausgestattet, dazu kommen. In einer ruhigen Choreographie laufen die letzten Minuten des Programms ab.
Während die Besucher allmählich das Chapiteau verlassen, besteht noch die Möglichkeit zu einem Polaroid-Foto mit einem Elefanten.

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