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Text und Fotos Friedrich Klawiter
CIRCUS CARELLI
Pirmasens, 05. April 2015

Circus Carelli – hell strahlt ein neuer Stern am deutschen Circushimmel. In Pirmasens, der Heimatstadt des Impresario und Direktor des Landauer Weihnachtscircus Jakel Bossert – der dieses neue Projekt präsentiert - fand die Weltpremiere statt.
Auf dem örtlichen Festplatz war das Material der Familie Spindler, glücklicherweise konnte man eine der versiertesten Circusfamilien für dieses Projekt gewinnen, aufgebaut.
Ein rot-weiß gestreiftes Viermasten Chapiteau dient als Spielstätte, die mittels eines Tunnels mit dem sich harmonisch einfügenden Vorzelt verbunden wurde.
Der in den Hausfarben cremeweiß-rot gehaltene Stakettzaun mit romantischen Lichterbögen wird von der Kasse flankiert.
Direkt daneben steht ein mächtiger Sattelauflieger dessen Vorderseite im Angedenken an die große Circusdirektorin und Persönlichkeit Rolina Spindler-Barelli, die im letzten Herbst verstorben ist, gestaltet ist.
Auch die zahlreichen Sattelauflieger präsentieren sich in einem eleganten cremeweiß mit rotem Streifen und dunkelgrauem Fahrgestell. Moderne MAN und Scania Zugmaschinen komplettieren den umfangreichen Fuhrpark. Die  Wohnwagen der Artisten und Mitarbeiter fanden ihren Platz entlang einer Platzseite.
Im hinteren Bereich des Geländes wurden der Stall und die Paddocks für Pferde und Kamele platziert.
Im Chapiteau fällt gleich der breite Artisteneingang aus dunkelblauem Samt, der den hinteren Teil des Zeltes einnimmt, ins Auge. Auf seiner Empore hat die  ausgezeichnete Live-Band des Circus, die das Programm mit perfekt abgestimmter mitreißender Musik begleitet, ihren Platz gefunden.
Dekorative Logen mit komfortablen Klappstühlen und ein siebenreihiges Bankgradin bieten dem zahlreich erschienen Publikum ein angenehmes Ambiente.

Clown Timmy Barelli gestaltet das Opening des Programms einmal mehr in Interaktion mit dem Publikum zu einem kleinen Fest für alle Sinne. Applaustest und Glockenspiel lassen die Stimmung im Auditorium gleich zu Beginn steigen.
Die sympathische Nachwuchstierlehrerin und Tochter von Direktor Jakel Bossert, Ann-Kathrin Bossert, bringt zu Programmbeginn drei Kamele in den roten Ring. Ein flotter Ablauf, elegante Präsentation und ein jugendlich frisches Auftreten prägen den Vorführstil dieses Nachwuchstalents.
Von den vielen erstklassigen Dressurnummern der Familie Spindler sind drei in der Show zu erleben. John Hugo Spindler, es ist immer wieder eine Augenweide diesen erfahrenen und großartigen Circusmann bei seinen Präsentationen in der Manege erleben zu dürfen, bringt den prachtvollen Andalusierhengst „Zorro“ zu Gesicht. Hervorragende Steiger, Spanischer Tritt entlang der Piste und das tiefe durchstecken des Kopfes zwischen den Vorderhufen sind die Paradeübungen des edlen Hengstes, der sich voller Temperament im Mangenrund bewegt. Selbstverständlich darf auch eine heitere Note nicht fehlen und John Hugo zeigt, dass auch Circuspferde lachen können.
Im spanischen Stil bieten Ramona Spindler und Salima Folco auf dem Friesen „Marcho“ und dem Andalusier „Armarando“ eine Hohe Schule der Sonderklasse. Zunächst ist es an Salima Folco vielseitigste Lektionen auf dem edlen Schimmelhengst zu präsentieren. Feurig, voller Temperament werden Piaffe und Traversalen neben vielen anderen Lektionen ausgeführt.
Nach einigen gemeinsamen Aktionen beider Amazonen versprüht Ramona Spindler südländische Lebensfreude auf dem tiefschwarzen Friesenhengst. Starke Trabaktionen und beeindruckender Spanischer Tritt kennzeichnen diesen Auftritt, der in gekonnte Levaden mündet.
Höhepunkt der Tierdarbietungen ist die hervorragende Freiheitsdressur sechs feuriger weißer Araberhengste, die Francesco Spindler elegant in seinem unverwechselbaren Stil präsentiert. Die komplexen Abläufe erfolgen perfekt in flotter Gangart und schwierigste Elemente werden mit großer Souveränität vorgetragen. Besonders eindrucksvoll präsentieren sich die unterschiedlichen variantenreichen Steiger. Mit einem Vorwärtssteiger durch die komplette Bahn zweier parallel laufenden Hengste erreicht die Darbietung ihren spektakulären Höhepunkt.

Clown Timmy ist, nimmt man den Applaus im Finale als Gradmesser, der Star des Programms. Aus seinem schier unerschöpflichen Repertoire präsentiert er auch in dieser Produktion wieder eine Reihe, wie immer mit Verve gespielter, Szenen.

Zunächst widersetzt er sich als Zuschauer, der mit seinem Gebaren den Ablauf stört, dem Manegensprecher als dieser seine Eintrittskarte kontrollieren möchte. Bei der Jonglage mit drei Schirmen landen diese nach „misslungener“ Routine per Fußkick in einer Kiepe auf seinem Rücken. Begeisterung löst der gemeinsame Auftritt mit Grauesel Manolito aus. Dieser störrische Vertreter seiner Rasse lässt sich schließlich dazu herab im Spanischen Tritt zu gehen, rollt – nachdem er eine Runde zwischen Logen und Gradin gelaufen ist – einen Teppich auf und trinkt aus einer Flasche. Den mahnend erhobenen Zeigefinger des Clowns quittiert das Grautier stets mit einem hochziehen der Oberlippe. Ein Steiger, der auf den Schultern des Vorführers endet beschließt den Auftritt.
Das Musik machen ist hier verboten“ - ein stets aufs Neue begeisternder Klassiker in Timmys Repertoire. Mit Fleiß und allerlei Finessen ficht er den Kampf gegen die Anordnung des gestrengen Sprechstallmeister, sein Bruder Franz übernimmt diesen Part.
Nachdem die Trompete konfisziert wurde spielt er nur auf dem Mundstück weiter, die Melodie wird mittels Wasser im Mund gegurgelt, dann folgt ein Saxophon und darauf ein Flaschenkorken mit einem kleinen Loch in der Mitte. Im Dialog mit dem Sprecher wird einiger Wortwitz geboten und eine mitreißende musikalische Zugabe beschließt das große Entree. Im letzten Auftritt lässt Timmy zunächst einige Silvesterböller, deren Größe sich allmählich steigert, zwischen seinen Fingern zünden. Anschließend wird ein Gummihandschuh über den Kopf gestülpt und soweit mit der Nase aufgeblasen bis er platzt.
Klein Francesco, der vierjährige Sohn von Franz Spindler und Desiree Köllner, hat in dieser Saison sein Manegendebut. Bereits durch und durch erfahrener Manegenprofi läuft er als Clown im roten Frack eine Runde über die Piste und präsentiert dabei seinen Stoffhund, den er anschließend im Stil großer Dompteure durch einen Reifen springen lässt.

Hoch unter der Kuppel des Chapiteau erleben wir Miss Ramona am Vertikalseil. Hervorragend gestaltet und von exzellenter musikalischer Begleitung getragen der Auftritt für wunderbar emotionale Momente. Die umfassende Folge gängiger Tricks wird in erstklassiger Ausführung gearbeitet und abschließend lässt sich die Artistin voll ausgedrehen.

Die neunjährige Ashley hat sich eine kindgerechte Hula Hoop Darbietung erarbeitet und erobert die Herzen der Zuschauer im Handumdrehen.
Dimitry Azarov hat seine leistungsstarke Handstandequilibristik mit einer charmanten Choreographie versehen. Die Handstäbe sind mit einer Verkleidung versehen, so dass der Eindruck entsteht, die zahlreichen Tricks würden auf einem großen hölzernen Koffer ausgeführt. Er tanzt mit Bowler und Stöckchen in der Manege, dann verwandelt sich der Stab in ein Tuch und der Hut wandert während seiner Handstände über Kopf, Hände und Füsse.
Kevin Stipka, ein Vertreter der neuen Jongleurgeneration, zeigt sich als versierter und fingerfertiger Tennis-Jongleur. Raffiniert lässt er einen Schläger in vielerlei Variationen zwischen den Devil Sticks tanzen. Anschließend folgen Routinen mit drei, vier und fünf Tennisschlägern. In hohem Tempo und absolut sicher werden immer wieder neue Muster von Kevin Stipka geboten.
Zum großen, schwungvoll choreographierten Finale präsentieren sich die Mitwirkenden ihrem Publikum und John Hugo Spindler bedankt sich für den zahlreichen Besuch.Nach der Einzelvorstellung der Artisten und kleinen Zugaben endet die Show und die Artisten ziehen sich winkend zurück. Mit frenetischem, lang anhaltendem Beifall geben die Besucher ihre Begeisterung ob des Gebotenen kund.

Zum Epilog spielt Timmy Barelli „My Way“ auf seiner Trompete und John Hugo Spindler verabschiedet die Besucher mit warmherzigen und wohlgesetzten Worten.
Der Circus Carelli bietet ein gutes Programm, dass dem klassischen Dreiklang – Tiere, Clowns und Akrobaten – jederzeit gerecht wird und in erstklassiger Weise umsetzt. Ein ansprechendes Ambiente und eine erstklassige Gestaltung der Show bieten den passenden Rahmen und vermitteln die typische Atmosphäre, die einen Circusbesuch zu einem besonderen Erlebnis werden lässt.