Text und Fotos Friedrich Klawiter
CIRCUS BELLY-WIEN
Weert, 23. Juni 2012

www.bellywien.nl
Ein gepflegter Rasenplatz in der niederländischen Stadt Weert bot dem erstklassigen und großen Circus von Roman Zinnecker und seiner Familie  den passenden Rahmen für das viertägige Gastspiel.
Der optische Eindruck des Circus Belly-Wien ist immer wieder äußerst beeindruckend. Die gesamte Breite, des am Rande der Innenstadt gelegenen Platzes, wird von der dekorativen einladenden Fassade eingenommen. Elegant Hochglanz lackierte Säulen tragen satinierte Kugelleuchten. Stilvolle weiße Zaunelemente füllen die Zwischenräume. Ein Zeltdach überspannt den Eingang. Der in der Nachmittagssonne leuchtende Kassenwagen fügt sich hervorragend in dieses harmonische und ansprechende Bild. Drei Kassenschalter und zwei Schauvitrinen sind von Einbauleuchten umrahmt und ein Sternenhimmel aus unzähligen Lämpchen strahlt unter dem Vordach und ebenso viele LED formen den großen Schriftzug „Tickets“ auf dem Wagendach.
Der gesamte Circus strahlt in einem einheitlichen Farbschema. Gelb und blau sind die großzügigen Zeltanlagen und Circuswagen, deren Dächer weiß und Fahrwerke rot abgesetzt sind, gehalten. Die schweren Zugmaschinen - vier MAN, drei Mercedes und ein Scania sind in weinrot mit aufwändigen gelben Applikationen lackiert und tragen mächtige Kuhfänger sowie weitere chromblitzende Anbauteile. Alle Fahrzeuge glänzen frisch gewaschen in der Sonne und sind mit dem Circusnamen beschriftet.

In diesem Jahr wurde eine neue Stallanlage für die Pferde des Circus angeschafft. Sechs Container, die auf neuen aufwändig gebauten Wagen transportiert werden, sind innen zu je zwei geräumigen Boxen ausgebaut. Die aufklappbare Längswand verschließt den Container beim Transport und bietet als hochgestelltes Vordach Wetterschutz. Vor jeder Box ist ein großer Paddock abgesteckt, so dass die Hengste ihren Aufenthaltsort wählen können. Das neue System biete viele Vorteile erläutert uns Direktor Roman Zinnecker. Bei Ankunft am neuen Gastspielort wird viel Zeit gespart, da die Container nur mit einem Stapler von den Rollwagen abgehoben werden müssen und ein aufbauen und einrichten des Stalles entfalle. Die Unterbringung der Tiere ist von stets gleichbleibender Qualität - sowohl am Platz als auch auf der Reise. Auch Unwetter, wie starker Regen oder Sturm, stellen kein Problem mehr dar.
Der übrigen umfangreichen Menagerie - Kamele, Lamas, Stiere, Giraffe, Tiger, Elefanten - steht neben ihren Stallungen großzügig bemessene Freigehege zur Verfügung. Der Giraffe und den Elefanten dienen Äste zur Beschäftigung und das Gehege der Tiger ist mit Spielzeugen bestückt. Wie allgemein in unserem Nachbarland üblich, gibt es keinen Zaun um den Circus. Die Menagerie ist frei zugänglich und den ganzen Tag über sind zahlreiche große und kleine Besucher bei den Tieren zu finden.
Das dreimastige Vorzelt beinhaltet den Holzschindelwagen mit der bestens sortierten Restauration. neu hinzu gekommen ist eine Hüpfburg, die den Kindern die Wartezeit bis zum Einlass verkürzt.

Der erlesene Look des Unternehmens findet im Chapiteau seine Fortsetzung. Das Gradin ist komplett mit Schalensitzen ausgerüstet und wird von hübschen nostalgisch verzierten Logen ergänzt. Ein großer, aus edlem dunkelrotem Samt mit goldener Stickerei verzierter, Artisteneingang nimmt den hinteren Teil des Chapiteau ein.

Der Circus Belly-Wien versteht es nicht nur mit einem eindrucksvollen, erstklassigen Erscheinungsbild zu beeindrucken, auch das unterhaltsame Programm bietet sehr gute Leistungen und reißt das Publikum mit.
Mandy Zinnecker beginnt die Spielfolge mit einem gekonnten Auftritt auf dem gespannten Silberdraht. Schnell und sicher trägt die junge Frau ihre Tanzschritte vor. Routiniert und gekonnt erfolgen die Balance-Tricks.
Wenig später präsentiert sie ihr umfangreiches Können am Vertikalseil. Mit Kraft und Eleganz folgen die Halteposen, Abfaller und Pirouetten aufeinander. Ein voll ausgedrehter Aldon-Wirbel an einem Arm beschließt diesen gelungenen Auftritt.
Marilyn Zinnecker und Kimberly Scholl reiten nun in die Manege ein zur klassischen doppelten Hohe Schule. Die beiden versierten Reiterinnen bieten mit ihren Pferden eine große Anzahl attraktiver Abläufe. Marilyn lässt ihren Schimmel eine prächtige Levate ausführen und Kimberly beendet ihren Auftritt mit einem exzellenten Vorwärtssteiger, den sie mit ihrem auf die Kruppe des Friesen rückwärts gestreckten Körpers krönt.
Clown Beppo ist mit seiner Version der Filmszene im ersten Programmteil zu erleben. Zusammen mit sechs Mitspielern aus dem Gradin, die beiden wichtigsten kommen aus den Reihen des Circus, wird der bestens bekannte Ablauf humor- und liebevoll geboten.
Im zweiten Teil überbrückt sein Clown-Kollege Banane mit der Popcorn-Reprise den Abbau des Zentralkäfigs. In einem weiteren Auftritt darf Direktor Roman Zinnecker, der in eloquenter und souveräner Weise, in bestem niederländisch, durchs Programm führt, probieren, welche Flüssigkeit aus dem Koffer des Clown austritt.

Edy Laforte tritt nun in der Maske eines amerikanischen Tramp-Clowns vor sein Publikum. Schnell und kunstfertig präsentiert er seine variantenreiche Jonglage. Mit Bällen und bis zu fünf Keulen werden die verschiedensten Routinen fehlerfrei beherrscht. Es folgen Muster mit bis zu sieben Ringen. Abschließend jongliert Laforte zwei Tischtennisbälle mit dem Mund.
Enorme Trickstärke und Vielfalt zeichnen die Kleintierrevue des Tierlehrers Edy Laforte aus. Erstklassige Requisiten verstärken den Eindruck dieser Nummer nochmals. Aus der Vielzahl des Gezeigten greifen wir nur einige Beispiele heraus, z. B beweißt eine weiße Hauskatze Sprungkraft und Balancegefühl. Acht Laufenten drehen zur Freude der Zuschauer eine Runde um die Manege und lockern den  Ablauf auf. Mit großer Präzision führt eine Meute quirliger Hunde ihre Tricks aus. Zahlreiche Sprungvarianten und laufen auf einer Walze sind genauso zu sehen, wie der Stand auf den Vorderpfoten auf des Vorführers Hand und das selbständige fahren mit einem Roller.

Juniorchef Marlon Zinnecker hat in dieser Saison die Präsentation der Wüstenschiffe von seinem Vater übernommen. In einer abwechslungsreichen Dressur lässt der versierte Vorführer die sechs Kamele ihre vielfältigen Figuren ablaufen. Flott und ohne zögern folgen die mächtigen Trampeltiere, die dekorative rote Schabracken tragen, den Anweisungen.
Auch die Exoten folgen der Peitschenführung des jungen Mannes. Ein ungarisches Steppenrind sowie ein schottisches Hochlandrind ziehen ihre Bahnen und werden dabei von drei Lamas umspielt. Die Andenbewohner erwiesen sich als geschickte Springer. Begeisternder Höhepunkt ist das Erscheinen der großen Giraffe in der Manege. Gelassen das Auditorium beobachtend umrundet sie majestätisch die Bahn fasziniert alle durch ihre Ruhe und Erscheinung. Aus den Händen mehrerer Logenbesucher nimmt sie nach und nach Möhren ab.

Direktor Roman Zinnecker eröffnet mit der hauseigenen Raubtierdressur den zweiten Programmteil. Vier prächtige Tiger präsentiert der erfahrene Dompteur ruhig agierend mit großer Souveränität. Die umfangreiche Trickfolge läuft gekonnt und harmonisch ab. Die ausgewogene Dressurschöpfung wird in stimmigem Ambiente exzellent dargeboten.
In einem modern gestylten akrobatischen Showblock zeigt Marilyn Zinnecker ihre Antipoden-Nummer und Nadia Scholl brilliert an den Tuchstrapaten. In selten zu sehendem Tempo folgen spektakuläre Abfaller und kraftvolle Übungen aufeinander. Die risikoreichen Abläufe arbeitet die junge Frau ohne Vorteil. Weite temporeiche Flüge nutzen den gesamten „Luftraum“ bis hin zur Piste. Immer wieder wechselt der Fokus zu Marilyn Zinnecker, die auf einer hohen Trinka mit ihren Antipodentricks überzeugt. Verschiedene Rollen, Walzen und Kuben tanzen über Hände und Füße. Der effektvolle Abschluss dieses gemeinsamen Auftritts ist die Fußjonglage eines großen, immer wieder in den Manegenhimmel geschleuderten und sicher gefangenen, Feuerkreuzes.

Die Schlusspunkte in beiden Programmteilen werden von der Familie Scholl gesetzt. Ein Raunen geht durch die Zuschauerreihen, wenn vor der Pause die beiden großen indischen Elefanten die Manege erobern. René Scholl dirigiert die beiden grauen Riesen souverän zu einer umfassenden Anzahl Tricks, die ihren Höhepunkt in einem Kopfstand finden. Spielerisch leicht wirkend läuft die Dressurfolge ab, in der Nadia und Kimberly Scholl als Figurantinnen agierend, während ihre Mutter im Hintergrund agiert.
Mit einer furiosen Show auf dem Trampolin überzeugen die Brüder René und Alfred Scholl. Obercool geben sich die beiden, mit großem Showtalent gesegneten Artisten und überzeugen mit akrobatischem Können in der als Wettstreit gestalteten Darbietung. Bei ständig steigenden Schwierigkeitsgraden ist es logisch, dass der elfjährige Alfred schlußendlich mit einem sauber ausgeführten dreifachen Salto die Oberhand behält.

Das hauseigene Ballett leitet mit einem feurigen Samba, die Damen sind mit einem exquisiten Kopfputz hervorragend herausgeputzt, das große Finale ein. Alle Mitwirkenden kommen in die Manege, nehmen den lang anhaltenden Applaus entgegen. Direktor Roman Zinnecker stellt die Akteure noch einmal vor und verabschiedet ein sehr zufriedenes Publikum. Circus Belly-Wien ist ein großer traditioneller Circus mit klassischem Programm, der mit seinem perfekten Erscheinungsbild und seinen vielen erstklassigen Tierdressuren immer wieder und stets aufs Neue begeistert. Circusfans können Roman Zinnecker immer wieder nur danken, dass dieser in der heutigen, für Tiercircusse äußerst schwierigen, Zeit jeden Tag aufs Neue für den Erhalt des klassischen Tiercircus kämpft und nicht dem Zeitgeist erliegt und auf Tierdarbietungen verzichtet. Einen Besuch dieses klassischen, dem echten guten Tiercircus verhafteten Unternehmens ist für jeden Circus interessierten Pflicht.
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