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Text und Fotos Friedrich Klawiter
CIRQUE ALEXANDRE BOUGLIONE
Lüttich, 16. März 2019

https://bouglione.be
Traditionell gastiert der Cirque Alexandre Bouglione auf seiner Tour durch die Wallonie im Frühjahr in Lüttich. In jedem Jahr überzeugt Belgiens größter Circus mit einem komplett neuen, kurzweiligen, sehr unterhaltsamen Programm. Mit Charme und französischem Esprit präsentiert man alljährlich eine überaus gelungene Show in elegantem Ambiente.
Auf der Esplanade St. Leonhard, einem schmucken Platz am Rande der Altstadt, bietet der schmucke Circus einen besonderen Blickfang.
Mit Saisonbeginn wurden neue Zeltanlagen in Betrieb genommen. Cremefarben und königsblau mit feinen goldfarbenen Zierstreifen glänzen die Planen, die am Rondell in weit geschwungenen Bögen nach außen gezogen sind. Hoch ragt das Zwei-Masten-Chapiteau empor und vier mächtige, senkrecht stehende Gittermast-Quaderpools geben dem Zeltbau Volumen. Eine elegant geschwungene Traverse spannt sich zwischen den Masten hoch über der langgestreckten Kuppel.
Eine attraktiv gestaltete Front schließt den Circusplatz ab. Der blaue, üppig verzierte Zierzaun trägt große goldene Reliefs hochsitzender Elefanten und Steigerpferde, die die Plaketten des Logos flankieren. Der aufwändig dekorierte Kassenwagen und ein weiterer historischer Tonnendachwagen komplettieren das Arrangement.
Der Fuhrpark ist cremefarben mit blauen Absetzungen lackiert und mit meterhohen roten Lettern mit dem Circusnamen beschriftet. Dicht sind die Fahrzeuge um die Zelte aufgefahren und mächtige Volo-Zugmaschinen und historische, vorzüglich restaurierte amerikanische Trucks ergänzen das Bild. Die langen Reihen der Wohnwagen von Direktion, Artisten und Mitarbeitern nehmen den Raum hinter den Zelten ein.
Im Vorzelt haben der dekorative Verkaufswagen der Restauration und verschiedene Sitzgelegenheiten ihren Platz.
Ein schwerer roter Samtvorhang gibt den Eingang ins Chapiteau frei. Dessen Einrichtung verströmt einen ganz besonderen Zauber; birgt den Glanz der Weltstadt und lässt den großen Namen „Bouglione“ auch in der tiefen Provinz hell erstrahlen. Logen, Barrieren vor dem fünfreihigen Gradin und Piste sind mit vielfältigen, aufwändig gestalteten Reliefs dekoriert und glitzern in blau, rot und gold. Die Manege ist mit rotem Teppich ausgelegt und roter Samt umschließt sämtliche Geländer. Der große und sehr hohe Artisteneingang aus schwerem Samt schließt den hinteren Bereich des Raumes ab und der große, mit erhabenen Buchstaben versehene Namenszug leuchtet ins weite Rund.
Ein vorzügliches, harmonisch auf die Darbietungen abgestimmtes Lichtdesign setzt die Show bestens in Szene und schafft im Chapiteau eine angenehme Atmosphäre.
Die musikalische Begleitung zeigt sich exzellent und stimmig ausgewählt; sie unterscheidet sich deutlich vom oftmals zu hörenden Sound andernorts. Die, mitunter recht dramatisch daher kommenden, Klänge erinnern an den typischen Sound großer französischer Revuen und Filme, auch lassen sich Elemente klassischer Musik erkennen. Der exquisite Klangteppich nimmt die Besucher gefangen und trägt im Zusammenspiel mit dem intimen Rahmen des Raumes sehr zum unmittelbaren Erleben bei.

Die aktuelle Produktion trägt den Titel „Intemporel“ (zeitlos) und nimmt die Besucher mit auf die Reise durch die Welt des stets jungen traditionellen Circus.
Pierre Paillé, souveräner, eleganter und eloquenter „Monsieur Loyal“, ist das allzeit präsente Gesicht der Show. Er versteht es wie kaum jemand sonst, das Publikum mit exzellenter Rhetorik mit auf die Reise zu nehmen und die Artisten und ihre Kunst nahe zu bringen. Darüber hinaus ist er der kongeniale Partner der Clowns, der mit seinem gekonnten auftreten dem August Raum für eine maximale Publikumswirksamkeit gibt.
Zur Begrüßung kommen er und Clown Rony mit leichtem Handgepäck in den Ring und zusammen mit dem Ensemble, das in Gaspard's Taxi Einzug hält, macht man sich auf die Reise durch die Circuswelt. Schließlich mündet die bunte und schwungvolle Choreographie in den romantischen Seifenblasen-Act von Miss Viviane und Selena Bouglione. Harmonisch zaubern die beiden charmanten Artistinnen vielfältige Muster mit den schnell vergänglichen Gebilden.
Clown Rony und der Direktionsnachwuchs haben den Anschluss an die Reisegruppe verpasst und Monsieur Paillé offeriert das „Circus Taxi“. Flott rollt Gaspar Monteiro mit seiner „Esmeralda“ in die Manege. Doch kaum haben die Passagiere Platz genommen, entwickelt das zickige Automobil ein Eigenleben.
„Keine Kartons in die Manege“ herrscht der Sprecher Clown Rony an, als dieser einen hohen Stapel Pappkartons in den Ring balanciert. Wortreich und mit großartiger Gestik beharren die beiden Komödianten auf ihren Positionen. Wenig später stimmt Rony mit dem Publikum „Jingle Bells“ an, doch das singen ist hier verboten. Immer versucht der August sein Vorhaben durch zu setzen und immer wieder interveniert „Monsieur Loyal“ entschieden. Auch diese oftmals zu sehende Reprise reißt, ob des exzellenten Könnens beider Akteure, das Publikum mit. 
In einem weiteren Auftritt kämpft der August gegen die Tücken eines Gummibandes an.
Schließlich erleben wir das Duo mit seiner Variante des „Spukschloss“. Gekonnt dargeboten, mit hervorragenden Requisiten und ebensolcher Ausleuchtung ideal in Szene gesetzt, erfüllen sie den Klassiker mit Leben und lassen speziell die Kinder von der ersten Sekunde des munteren Treibens an fasziniert und lebhaft teilhaben.

Katrina Markevich ist mit zwei Solo-Darbietungen zu erleben. Zunächst präsentiert sie in einem schwungvollen, fröhlichen Ablauf einen Pudel. Spielerisch werden die Abläufe - diverse Sprünge, Hinterbeinläufe - ausgeführt und ein Hochsitzer auf dem Kopf der Vorführerin beschließt den Auftritt. Der zweite Programmteil startet mit der Antipoden-Nummer der versierten Artistin. Auf einer sehr hohen Trinka erfolgen die Aktionen mit großer Manegenpräsenz und Ausstrahlung. Gekonnt rotieren bis zu vier kleine Teppiche auf Händen und Füßen der Jongleurin.
Jongleur Nandor Varadi zeigt variantenreiche Routinen mit Keulen, Bällen und Ringen. Sicher und gekonnt werden die Requisiten manipuliert und mit der effektvollen Jonglage von fünf lodernden Fackeln findet der Auftritt seinen gelungen Höhepunkt.
Seine Partnerin Viviane präsentiert ihr Können in einem anmutigen Auftritt am Luftring. In weiten Flügen nutzt sie, eine attraktive Trickfolge bietend den gesamten Raum der Kuppel.

Anouschka Bouglione ist mit ihrer Hula Hoop Darbietung unverzichtbarer Bestandteil der Programme dieses Circus. Mitreißend präsentiert sie die gelungene Abfolge der Tricks. Sicher und souverän lässt sie die Reifen um ihren Körper kreisen und schließlich rotieren derer mehr als zwanzig um ihre Hüften.
Von den verschiedenen hauseigenen Dressur Darbietung ist in diesem Jahr nur die verspielte Hundemeute von Nicolas Bouglione zu erleben.
Immer wieder fasziniert Reinaldo Monteiro mit seinem fulminanten Auftritt auf der Rola-Rola. Souverän und spielerisch leicht wirkend erfolgen die anspruchsvollen Balancen auf dem hohen Piedestal. Der Spitzentrick, die Balance auf sieben Unterlagen unter der Rola, lässt das Publikum gebannt den Atem anhalten.
Die starke Diabolo-Jonglage von Anton Tarbeev wird temperamentvoll präsentiert. Immer wieder fliegen die Diabolos hoch in die Kuppel und einen Teil der Tricks findet im Zusammenspiel mit seiner Partnerin Katrina Markevich statt. Abschließend stapelt Anton Tarbeev, auf einem Einrad fahrend empor geworfene Diabolos zu einem Turm auf seinem Kopf.
Neu sehen wir Juniorchef Nicolas Bouglione gemeinsam mit seiner Partnerin Ofelia Nistorov mit einer facettenreichen Laser-Show. Geschickt werden die Strahlen variantenreicher Weise manipuliert und immer wieder ändern sich Farben und Muster des Lichtes.
Im flott inszenierten Finale, mit Einzelvorhängen für alle Mitwirkenden, verabschiedet sich das Ensemble vom äußerst zufriedenen Publikum. Lange anhaltender frenetischer Applaus ist ein klares Signal wie gut die Show beim äußerst zahlreichen Publikum ankommt.
Im Epilog verabschiedet Pierre Paillé die Besucher und Arm in Arm verlassen er und Clown Rony den roten Ring.