Text und Fotos Friedrich Klawiter
CIRCUS  Alberto ALTHOFF
Wesel, 27. März 2010

www.circusalthoff.nl
Eine der ältesten und größten Familien der Circuswelt ist die der Althoff' s, die so viele Circusunternehmen hervorgebracht hat wie keine andere. Viele große bedeutende, ihre Epoche bestimmende Circusse wurden von Mitgliedern der Familie Althoff gegründet und geführt. Heute ist Alberto Althoff der letzte Vertreter der „Rheinischen Linie“ der weitverzweigten Sippe, der einen eigenen Circus führt. Fast ausschließlich ist er in den vergangenen Jahren in den Niederlanden gereist.
In diesem Jahr plant man eine Reihe Städte in Deutschland zu halten. Die Tournee begann vor wenigen Tagen in Wesel am Niederrhein. Unmittelbar am Flussufer, am Rande der Stadt liegt der Festplatz. Weiß und orange sind die Farben des blitzsauberen Unternehmens. Der Fuhrpark setzt sich aus Sattelaufliegern zusammen. Hinter dem nostalgisch inspirierten Frontzaun finden sich moderne Wohn-, der Büro- und Kassencontainer wieder.  Ein großer Teil der Fahrzeuge trägt das Firmen-Logo bzw. Plakatmotiv. Eine vertikal geteilte orange Fläche zeigt links ein halbes Clownsantlitz und rechts den Schriftzug. Wie in unserem Nachbarland üblich, gibt es keine weitere Einzäunung, so dass Interessierte das Circusgelände ungehindert betreten können.

Ein kleiner Viermaster dient als Vorzelt. Er bietet dem Restaurationscontainer und weiteren Verkaufsständen viel Platz. Mit Phantasie und Liebe zum Detail wurde mit überschaubarem materiellem Aufwand alles dekoriert und Atmosphäre geschaffen.   An den Rondellstangen hängen ausrangierte Kostüme und aus der Musikanlage tönten stimmige Melodien. So werden die wartenden Besucher auf das Kommende eingestimmt.
Im Chapiteau gibt es die übliche Ausstattung mit einem Schalensitzgradin hinter den Logen und einem großen modernen Artisteneingang aus dunklem Tuch. Die Lichtanlage wurde erweitert, moderne LED-Scheinwerfer sind nun auf dem Gitterrahmen des Artisteneingangs angeordnet. Die Musik kommt aus der Konserve und die ausgezeichnete Tonanlage lässt auch große Lautstärken sauber klingen.

Stets steht das Programm unter einem Motto, aktuell „Fifty - Fifty“. Dies steht für die Zweiteilung in einen traditionellen und einen modernen Teil. In einem kurzen musikalisch geprägten Opening beweist Mimo Di Lello sein Können auf der Trompete.
Mit einer der traditionellsten und ältesten Circusdarbietungen, mit der Hohen Schule beginnt die Spielfolge. Die Familie Saabel-Fischer präsentiert eine überaus attraktive Nummer dieses Genres. Tochter Alexandra leitet den Auftritt als feurige Flamencotänzerin ein. Ihre Eltern Tiziana und Bernhard präsentieren die beiden ersten Pferde. Wunderbare spanisch inspirierte Kostüme und prachtvoll aufgeschirrte Pferde sorgen für attraktive Bilder. Als dritte Reiterin kommt Alexandra nach dem Wechseln ihres Kostüms hinzu. Mit einem Araber zeigt Bernhard Saabel-Fischer die Schule am langen Zügel, die in einer Kapriole gipfelt. Anschließend reiten die Eltern auf zwei Friesen, insgesamt kommen sechs Pferde zum Einsatz, während zum Finale der Nummer Alexandra nach einem weiteren Kostümwechsel wieder als Tänzerin gefällt. Alexandra Saabel-Fischer ist nicht nur eine ausgezeichnete vielseitige Artistin, sondern entwirft und fertigt auch Kostüme für Circus und andere Showbereiche.
Die brillant gestaltete Hunde-Show der Familie Saabel-Fischer beendet den ersten Programmteil. Es ist eine wundervoll durchgestylte Show, in der je vier Huskies und Samojarden-Spitze die Hauptakteure sind. Aufmachung und Verkauf der Nummer sind einfach perfekt. Bis hin zum blütenweißen Manegenteppich wird der „Grönland-Look“ exzellent durchgehalten. Pelzbesetzte elegante Kostüme der Vorführerinnen, die Sitzhocker der Hunde sind als Iglus ausgebildet, die Requisiten tragen Eisbergdekor, Beginn und Abschluss der Darbietung mit elegantem Schlittenhundegespann - hier stimmt einfach alles.
Seit Jahren gehört Yussef, er ist auch der Zeltmeister des Unternehmens, zum Ensemble der Circus von Alberto Althoff. In dieser Saison sehen wir ihn mit einer Variation seines Auftritts. In einem erstklassigen Outfit beginnt er mit den üblichen Tricks der Feuerschlucker. Mit bloßem Fuß zertritt er zwei Flaschen - ein höchst selten gezeigter Trick - springt auf die Scherben. Nur mit der Hand treibt er zwei lange Nägel durch ein Brett. Schlussendlich legt er sich mit blankem Rücken auf die Scherben, während zwei erwachsene Kollegen auf seiner Brust stehen.

Als Vertreter der klassischen Clownerie wurden Mimo und Edith Di Lello mit ihrem komischen Taxi, die üblichen Gags des Genres bietend, vom Vorjahr prolongiert. Beeindruckend ist die Technik in dieser voluminösen Spezialkarosse. Zusätzlich zu den üblichen sich verselbständigenden Teilen solcher Automobile kann der Vorderwagen auf einem Hydraulikstempel angehoben und geschwenkt werden. Zudem lässt sich das Fahrzeug auf einer Drehscheibe anheben und rotieren.
Zwei Reprisen steuert Mimo Di Lello zum Programm bei. Ganz klassischer Dompteur, bändigt er seinen Stofflöwen. Im zweiten Teil dann die moderne Fassung der Spieluhr-Szene. Der Direktor verbietet das abspielen „alter Musik“, wirft das antike Radio in die Tonne. Nachdem der Clown sich in einen 'coolen Typen' verwandelt hat tönen Rockklänge aus dem Behälter.
Die attraktive Arbeit am Ring von Stella wird mit feinen Tanzsequenzen mit ihrem Partner eingeleitet und aufgelockert.

Während der Pause wurde die Stahlgitterkugel installiert und eine der Diorio Truppen jagt mit ihren Motorrädern in bekannter Manier durch dieselbe.
Der junge tschechische Diabolojongleur Georgio ist weiterhin hier zu sehen. Sein Outfit ist schrill, wurde optimal an den 'modernen Teil' angepasst. Beide Augen sind großflächig schwarz umschminkt und über seiner schwarzen, mit Ketten verzierten Jeans trägt er zunächst einen langen roten Rock in Schottenkaro. Zahlreiche attraktive Tricks des Genres werden routiniert und fehlerfrei präsentiert.

Ein weiteres Mal sehen wir Alexandra Saabel-Fischer in der Manege. Nun ist sie als Akteurin einer hervorragenden Handstand-Equilibristik zu erleben. Überflüssig zu erwähnen, dass auch dieser Auftritt exzellent ausgestaltet und verkauft wird. Vielfältig sind ihre variantenreichen Posen und zahlreiche Kontorsionselemente fließen in ihre Kür ein. Das umfangreiche Repertoire trägt sie kraftvoll mit bemerkenswerter Sicherheit und großer Souveränität vor.

Arthur und David sind zwei Breakdancer, die erst wenige Tage zusammen auftreten, was an der ein oder anderen Stelle der Darbietung noch erkennbar ist. Sie zeigen die bekannten Abläufe des Genres.
Ihnen folgt Christiane mit einer kurzen, heutzutage nur selten zu sehenden Zopfhangnummer. Die ein wenig düster gestaltete Szene geht nahtlos in die Hula Hoop Show von Elisa Di Lello über. Diese vormals sehr klassisch daherkommende Darbietung wurde vollkommen neu gestylt. Die feuerrote Perücke passend zum ebensolchen knappen Lack-Kostüm, dazu dröhnen harte Beats aus den Boxen, da ist es nur logisch, dass ihr nicht mehr vom Vater assistiert wird. So wurde eine attraktive moderne Nummer choreographiert, die sehr gut in diesen Programmteil passt.

Abschließend sehen wir Mirek und Raffau auf dem US-Todesrad. Einige Jahre war Mirek mit seinem früheren Partner Krystoff bei Barum engagiert. Auch mit dem neuen Partner läuft die Nummer unverändert in den bekannten Bahnen.
Regisseurin und Choreographin des Circus ist  Katharzyna Althoff. Sie gestaltet den Ablauf, die Übergänge der Nummern, die Szenen mit dem Ensemble. Sie stylt Artisten neu, ändert Musik, Licht und Kostüme.
Das Finale lässt sie zu einer eigenständigen Nummer der gesamten Truppe werden. Die zahlreichen Artisten füllen die Manege mit einem mitreißenden Wirbel.
Alberto Althoff stellt seine Künstler namentlich vor, allerdings nicht wie allgemein üblich als jeweilige 'Nummer' sondern mit ihren realen Vornamen. In diesem Circus gibt es ausschließlich Vornamen erfahren wir wenig später.

Ein attraktives, flott und straff präsentiertes Programm wurde für die aktuelle Spielzeit zusammengestellt. Reizvoll stellt sich der Kontrast zwischen dem traditionellen und dem modernen Teil dar.
optimiert