optimiert



Text und Fotos Friedrich Klawiter
CIRQE ALEXANDRE BOUGLIONE
Brüssel, 01. November 2022

https://bouglione.be
Traditionell beendet ein rund achtwöchiges Gastspiel in Belgiens Hauptstadt Brüssel die jährliche Tournee des Cirque Alexandre Bouglione durch den französischsprachigen Teil des Landes. Nach der erzwungenen zweijährigen Unterbrechung gastiert der Circus nun wieder im gewohnt eleganten Rahmen eine abwechslungsreiche Show bietend.
Am angestammten Platz im Park von Laken, nur wenige Meter vom weltberühmten Wahrzeichen der Stadt, dem Atomium, entfernt steht der Circus auf einer weiten Rasenfläche. Im strahlenden Sonnenschein des Allerheiligentages glänzt das gepflegte Material in der Parklandschaft.
Ein neues, hier erstmals eingesetztes Viermasten Chapiteau in den Hausfarben weiß und blau, mit feinen goldfarbenen Applikationen, ist die Spielstätte und ein optisch identisches Zwei-Masten-Zelt wird als Vorzelt genutzt. Ein neuer Kassenwagen, weiß-blauer Zierzaun mit Lichterketten, und Zeltdächer im Eingangsbereich gestalten den Außenbereich. Die zahlreichen prächtigen Wohnwagenzüge und Materialwagen des Circus sind in langen Reihen in einer Allee entlang des Platzes aufgefahren.
Die Zeltanlagen sind komplett mit Teppich ausgelegt und bieten, dank ihrer eleganten Einrichtung sehr viel Atmosphäre. Ein neuer, dekorativ bemalter Verkaufswagen nimmt den zentralen Raum im Vorzelt ein. Mehrere erstklassig gestaltete Verkaufstheken in rot und gold halten erweitern das Warenangebot. Fotowand, Stehtische und rot-goldene Dekoelemente geben dem Raum Struktur. Im Spielzelt fällt zunächst der raumhohe, raffiniert illuminierte Artisteneingang mit dem großen, erhaben ausgeführten Namenszug ins Auge. Die Piste und exquisite Logen in bordeauxrot sind opulent mit goldfarbenem Dekor geschmückt. Ein achtreihiges Bankgradin füllt den restlichen Raum.
Die Verantwortung für den Sound und das erstklassige Lichtdesign liegt beim erst fünfzehnjährigen Noah Bouglione-Monteiro, dem Enkel von Alexandre Bouglione.

Die letzten Minuten bis zum Beginn der Vorstellung überbrückt Clown Angelo Chaves, der mit Logengästen scherzt und eine Flasche auf dem Stiel seines Besens jongliert.
Im abgedunkelten Zelt beginnt die Show mit einem Serpentinentanz des hauseigenen Balletts, bei dem die mittels LED-Technik bunt beleuchteten Kostüme phantastische Bilder zaubern. Stimmiger Live-Gesang begleitet das gesamte Opening, in dem nun das gesamte Ensemble Kostproben seines Könnens zeigt.
Das bunte Bild löst sich auf in der Luft-Darbietung von Marianna. „Multicorde aerienne“ nennt sie ihr neuartiges Requisit. Von einem Metallring von ca. vierzig Zentimetern Durchmesser hängen acht dünne Seile aus der Kuppel bis zum Manegenboden herab. Der Ablauf des Auftritts und die Tricks entsprechen weitestgehend der  Arbeit an Strapatentüchern.
Nach dem temperamentvollen Beginn des Programms ist es nun an der Zeit, das „Monsieur Loyal“, die Rolle nimmt in gewohnt unvergleichlicher Art Pierre Paillé wahr, das höchst zahlreich erschienene Publikum willkommen heißt. Mit sonorer Stimme und wortgewaltig wie eh und je ist er der perfekte und elegante Repräsentant des Unternehmens, der vielfältige Informationen bereit hält und auch in kongenialer Weise den seriösen Part in den Auftritten des Clowns übernimmt.

Selena Bouglione Monteiro, siebzehnjährige Enkelin von Alexandre Bouglione, ist derzeit als einzige der Direktionsfamilie in der Manege zu erleben. Die sympathische junge Frau hat sich eine Antipoden-Darbietung erarbeitet, in der sie bis zu vier kleine Teppiche gekonnt über Hände und Füße rotieren lässt. Die abschließenden Touren werden besonders effektvoll, im abgedunkelten Zelt mittels per LED leuchtenden Requisiten, ausgeführt.
Clown Angelo Munoz ist mit einigen Szenen aus seinem umfangreichen Repertoire zu erleben. Mit Spielfreude, Manegenpräsenz und Können verkörpert er eine sympathisch daher kommende Figur. „Ein Teller und ein Ei“ heißt es zum einen und die Wette gegen den Manegensprecher, ein hoch empor geworfenes rohes Ei auf einem Teller zu fangen, findet nicht ganz das Ergebnis das der Clown sich vorstellt. Die „Filmszene“ ist der umfangreichste Auftritt. Zusammen mit vier Freiwilligen geht es in flottem Ablauf turbulent zur Sache. Schließlich verlangt der Clown nach einem „Taxi nach Paris“ und Gaspar Monteiro ist mit seiner „Esmeralda“ flugs zur Stelle. Das eigenwillige Gefährt verzögert jedoch den Start der Reise.

Kevin Chaves präsentiert seine furios vorgetragene Rola-Rola Darbietung auf einer kleinen Plattform, die auf einem schweren Motorrad montiert ist. Er springt auf dem labilen Untergrund Seil, schichtet vier Skateboards zu einem Turm und balanciert auf einem Ball. Der Höhepunkt seines Auftritts bildet die Balance auf einem Turm aus sieben Lagen unter dem Rollbrett.
Eine romantische Geschichte vom Spiel der Geschlechter erzählen Olga und Valentyn am Ariel Pole. Kraftvoll und elegant erfolgen die vielseitigen Tricks, die sowohl solo als auch gemeinsam souverän ausgeführt werden.
Vor der Pause ist die Magic Show von Alexandra Saabel zu sehen. Die aufwändig inszenierte Show, der größte Teil des Artistenensembles ist in die Rahmenhandlung als Figuranten und Tänzer integriert, lebt von phantasievollen Kostümen und Requisiten. Inspiriert wurden Figuren, Ablauf und Ausstattung von der Erzählung „Alice im Wunderland“. In einer liebevoll gestalteten „Dampflok“ gelangt die Magierin in die Manege und lässt Kraft einer magischen Handbewegung eine elektrische Laterne aufleuchten. Nach einigen der gängigen Großillusionen, wird sie auf offener Szene in einen Käfig gesperrt, dieser wird verhüllt und wenig später taucht die Artistin, zur Verblüffung vieler Zuschauer im Zelteingang wieder auf.d
Bodenjongleur Ilja Smyslov manipuliert variantenreich bis zu sieben weiße Bälle. Souverän und fehlerfrei präsentiert er die verschiedenen Routinen.

Die Skating Chaves, Kevin und seine Schwester Erica, arbeiten ihre Darbietung derzeit zu dritt, da Selena Bouglione-Monteiro in dem rasanten Act mitwirkt. In hohem Tempo zeigt das Trio eine umfassende Abfolge attraktiver Tricks des Genres.
Der finale Act ist drei Fahrern des Team Nogeira in der Motorradkugel vorbehalten. Im „derzeit kleinsten Globe in Europa“, die Kugel hat weniger als vier Meter Durchmesser, sind sie mit ihren verwegenen Stunts rasant unterwegs. Auf engem Raum jagen sie dicht an dicht dahin und zeigen auch riskante Manöver auf kreuzenden Fahrspuren.
Das Finale vereint noch einmal alle Artisten in der Manege. Mit einer sein Jahren bewährten Choreographie, die in diesem Jahr zusätzlich mit Live-Gesang untermalt wird, abschiedet man sich vom zufriedengestellten Publikum und nach nur 105 Minuten, inklusive der Pause, Minuten findet ein abwechslungsreiche Circusprogramm sein Ende.